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# taz.de -- Abgang von Bundestrainer Joachim Löw: Zu Ende – irgendwie
> Mit der 0:2-Niederlage im Achtelfinale gegen England verabschiedet sich
> Weltmeistertrainer Löw nach 15 Jahren recht glanzlos.
Bild: Löw muss sich nach seinem letzten Spiel noch einmal unangenehmen Fragen …
Am Ende der Ära Löw, an diesem 29. Juni im leicht verregneten
Wembleystadion von London, scheint der deutsche Fußball da angekommen zu
sein, von wo er einst aus startete. Damals, als sich der DFB 2004 in die
Hände des sonnigen „Alles ist möglich“-Motivationsgurus Jürgen Klinsmann
begab, der auf den Sachverstand seines Assistenztrainers und baldigen
Nachfolgers Joachim Löw setzte, sollte endlich mit der Tradition des
Irgendwie-Durchwurstelns, des verzagten Ergebnisfußballs gebrochen werden.
Etliche Weichen waren zuvor schon in der Nachwuchsarbeit umgestellt worden,
und in der Tat etablierte insbesondere Joachim Löw ein neues offensives
Selbstverständnis des deutschen Fußballs, der rundum gefiel,
identitätsstiftend war und 2014 den WM-Titel einbrachte.
Am Dienstagabend beim Klassiker gegen England lautete offenbar die
Strategie: Bloß nichts falsch machen und erst einmal das Ergebnis halten.
Robin Gosens hatte schon im Vorfeld der Partie verkündet, man müsse zuerst
die Stärken der Engländer aus dem Spiel nehmen, bevor man die eigenen
Stärken ausspielen könne. Nun, Ersteres klappte gemessen an den eigenen
Defensivleistungen der letzten Monate gegen die immense englische
Offensivkraft 75 Minuten lang gar nicht mal so schlecht. Zum zweiten Teil
des Spielplans kam man dann blöderweise nicht mehr. Chancen, sich irgendwie
durchzuwursteln, gab es aber durchaus.
Ausgerechnet Thomas Müller hätte auf seinem Weg allein aufs Tor der Ära Löw
am Ende mehr Glanz verleihen können. Statt England wäre man dann im
Viertelfinale auf die Ukraine getroffen, und vermutlich wäre es nicht mehr
weit gewesen zur Schlagzeile: Deutschland rumpelt sich ins Halbfinale. Sie
erinnern sich?
## Unterschiedliche Gesichter
Sicherlich ist der Vergleich mit den Zeiten, da die DFB-Elf mit
unansehnlichen Mitteln gar ansehnliche Erfolge erzielte, schon aufgrund der
auch aktuell vorhandenen individuellen Klasse schief. Ein Team, das bei
vier EM-Auftritten gefühlt fünf verschiedene Gesichter gezeigt hat, lässt
sich nicht auf einen Eindruck reduzieren. Schon in einer einzigen Partie
konnte man aus dem deutschen Team nicht so recht schlau werden. Gegen
Portugal etwa konnte man sehen, über welch überdurchschnittliche kreative
Möglichkeiten die deutsche Mannschaft nach wie vor verfügt und über welch
unterdurchschnittliches Abwehrverhalten. Nur in dieser Begegnung konnte
Ersteres Zweiteres aufwiegen.
Wenn Löw nun trotz seines Weltmeistertitels zum Ende seiner
DFB-Trainerkarriere hart angegangen wird, liegt das unter anderem daran,
dass er an den hohen Maßstäben gemessen wird, die er selbst geschaffen hat.
Massive Kritik am Bundestrainer hat es schon immer gegeben, besonders stark
etwa in den zwei Jahren vor dem WM-Titelgewinn in Brasilien.
Interessanterweise wurde auch damals besonders die labile Abwehr in
Augenschein genommen. Selbst schwächere Teams, wurde damals geklagt,
könnten mühelos treffen gegen diese löchrige Abwehr. Löw ließ sich nicht
beirren, machte bei der WM in Brasilien Innenverteidiger zu
Außenverteidiger und bewies auch sonst mit seinen Entscheidungen
Flexibilität.
Mit dem WM-Titel bekam die Löw'sche Unbeirrbarkeit einen magischen Glanz.
Und wen wundert es, dass der 61–Jährige darin bis heute ein Geheimnis
seines Erfolges sieht. Von der damaligen Flexibilität ist allerdings wenig
übrig geblieben. Löw hat bei dieser EM an seiner taktischen Formation
festgehalten, egal gegen welchen Gegner es ging, und egal wie nachteilig
sie sich zuvor erwiesen hatte. Auf diese Berechenbarkeit hat Englands
Trainer Gareth Southgate am Dienstag reagiert und stellte sein Team
entsprechend um. Das mag nicht unbedingt spielentscheidend gewesen sein,
aber angesichts des mäßigen deutschen Erfolgs zuvor verstärkte die Sturheit
Löws den Eindruck, er wolle sich irgendwie zu einem guten Ergebnis in
seinem letzten Turnier durchwursteln. Die Visionen sind ihm leider abhanden
gekommen.
[1][Nach der 0:6-Niederlage gegen Spanien] vergangenen November versuchte
Löw in einem Interview das Debakel zu erklären und verwandte unzählige Male
das Wort „irgendwie“. Zum Ende seiner Karriere ist Löw die Antwort auf die
Frage nach dem Wie schuldig geblieben, stattdessen hat seine Elf nur noch
irgendwie gespielt.
30 Jun 2021
## LINKS
[1] /Debakel-der-Nationalelf-gegen-Spanien/!5725609
## AUTOREN
Johannes Kopp
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