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# taz.de -- Berichterstattung zu Britney Spears: Hauptsache, Schlagzeilen
> Im Prozess um ihre Vormundschaft erhebt Britney Spears schwere Vorwürfe.
> Das Interesse an ihrem Fall ist enorm, aber nicht völlig unproblematisch.
Bild: #FreeBritney-Aktivist:innen kämpfen um ein Ende der Vormundschaft für B…
Am Donnerstagmorgen trendet #FreeBritney bei Twitter – wieder einmal.
Anlass ist, dass der Popstar Britney Spears sich erstmals nach zwei Jahren
im Gerichtsprozess um das Ende der Vormundschaft ihres Vaters geäußert hat.
„Ich will bloß mein Leben zurück“, sagt sie in [1][einer 23-minütigen
Stellungnahme] per Video. Und weiter: „Das waren 13 Jahre, und es ist
genug.“
Die Beschreibungen, wie die letzten 13 Jahre für sie ausgesehen haben,
klingen grausam. Sie sei traumatisiert und unglücklich, sie sei gezwungen
worden, in Las Vegas auf Tour zu gehen, und ihr sei gegen ihren Willen
Lithium verabreicht worden. Ein Medikament, das bei Depressionen oder
bipolaren Störungen eingesetzt wird.
Vor Gericht erzählt Spears, dass sie gemeinsam mit ihrem Freund Sam Asghari
eine Familie gründen und ein drittes Kind bekommen möchte. „Ich habe eine
Spirale, aber dieses sogenannte Team lässt mich nicht zum Arzt gehen, um
sie zu entfernen, weil sie nicht wollen, dass ich noch mehr Kinder
bekomme.“ Es sind harte Vorwürfe, die Spears hier erhebt. Die von ihr
beschriebenen Vorfälle klingen nicht nach Vormundschaft, sondern nach
physischer und psychischer Gewalt, nach einer Absprechung ihrer
körperlichen Selbstbestimmung. Sie klingen nach Missbrauch.
Die Berichterstattung über den Fall ist enorm, nicht nur bei Twitter
trendet der Hashtag, auch in der internationalen Presse erlangt Spears'
Fall viel Aufmerksamkeit. Doch fraglich bleibt, welche Absichten
dahinterstecken.
## Auf Schritt und Tritt verfolgt
Als 17-Jährige wird Britney Spears 1998 mit ihrer Debütsingle „Baby One
More Time“ weltweit berühmt. Zehn Jahre später folgt ein Skandal auf den
anderen: Sorgerechtsstreitigkeiten, angeblicher Drogenmissbrauch,
gewaltvolles Vorgehen gegen Fotografen. Im Februar 2007 dann das Video, in
dem Spears sich die Haare abrasieren lässt – natürlich von Paparazzi
festgehalten. Keiner ihrer Schritte blieb der Öffentlichkeit verborgen, auf
Schritt und Tritt wurde sie von Paparazzi und Journalist:innen
verfolgt. Immer auf der Suche nach dem kompromittierendsten Foto oder der
skandalösesten Story. Die Musikindustrie, die Medien – sie machten ein
Objekt aus Spears und verdienten alle kräftig an ihrem Auf- und Abstieg
mit.
Nach einer Zwangseinweisung in eine Klinik 2008 wird Spears in einem
gerichtlichen Eilverfahren entmündigt. Seitdem ist ihr Vater ihr Vormund
und verwaltet damit auch die Finanzen der Multimillionärin, Jahre später
kommen ein Finanztreuhänder und eine weitere Person als Co-Vormund hinzu.
Seit 2019 kämpft Spears um das Ende dieser Vormundschaft.
Doch wie ist es zu ihrem Zusammenbruch gekommen? Und wie geht es Britney
Spears eigentlich wirklich? Möchte sie über ihre kryptischen
Instagram-Storys Signale aussenden? All das sind Fragen, die die
Öffentlichkeit brennend interessieren. Einige ihrer Fans haben die
[2][#FreeBritney-Kampagne] ins Leben gerufen. Sie wollen dafür kämpfen,
dass Spears ihre Selbstbestimmtheit wiedererlangt. Dafür analysieren sie
jedes der wenigen bekannten Details ihres Lebens, rufen zu Demos und
Internetaktionen auf.
Der Podcast „Britney’s Gram“ veröffentlicht seit 2017 regelmäßig
Neuigkeiten über das Leben des Popstars, vieles davon ist mehr Spekulation
als gesicherter Fakt. Und das Ganze bleibt nicht in der Echokammer einiger
weniger Hardcore-Fans. Vom kleinen Promiblättchen über die großen
etablierten Medien bis hin zu Fernsehanstalten mischen alle mit.
## Jagd nach dem Skandal
Doch geht es hier allen Beteiligten um das Aufdecken von Missständen? Oder
ist es nicht doch wieder eine Jagd nach dem nächsten Skandal? Die
Berichterstattung und der öffentliche Umgang mit Spears' Kampf um ein Ende
der Vormundschaft zeigen den schmalen Grat zwischen (journalistischer)
Recherche, die Missstände aufzeigen möchte, und skandalgetriebenem
Boulevard.
So sorgte die Dokumentation „Framing Britney“ der New York Times und des
US-Senders FX Anfang des Jahres für Schlagzeilen. Sie brachte keine neuen
Erkenntnisse, aber zeichnete detailliert den Fall des Popstars nach sowie
die misogynen Strukturen und die Berichterstattung, unter denen Spears
leiden musste. Die Doku löste eine Welle der Solidarität aus und warf ein
Schlaglicht auf die wenig bekannten Umstände, unter denen Spears leben
muss.
Doch Britney Spears, die darin selbst nicht zu Wort kommt – ob sie nicht
wollte oder durfte, ist nicht bekannt –, kritisierte die Doku scharf. „Ich
schäme mich dafür, in welches Licht ich gestellt werde. Ich habe zwei
Wochen geweint, und ja … ich weine noch immer manchmal“, schrieb sie auf
Instagram.
Doch es blieb nicht bei einer Doku, die BBC hat im Mai eine weitere
Britney-Doku veröffentlicht, und auch Netflix hat bereits eine eigene
Produktion angekündigt. Auch hierzu äußerte Spears sich bei Instagram:
„Diese Dokumentationen sind so heuchlerisch … sie kritisieren die Medien
und machen dann dasselbe?“
Nun ist es wahrlich nicht die Aufgabe von Journalist:innen, dass Stars
zufrieden mit der Berichterstattung über sich sind. Doch Spears trifft
einen Punkt, wenn sie die Heuchelei der Medien kritisiert. Einerseits kann
das Berichten über die Zustände ihrer Vormundschaft und das journalistische
Verfolgen des Gerichtsprozesses dem Popstar helfen. Missstände können
aufgezeigt und so hoffentlich behoben werden. Doch die Analysen ihrer
Instagram-Storys und wilde Spekulationen über ihre Situation tragen am Ende
dazu bei, einen neuen Skandal zu generieren. Ebenso, dass
Journalist:innen auf Expert:innen zurückgreifen, da sie keinen
eigenen Zugang zu ihr haben. Wie gesichert das Erzählte der selbsternannten
„Expert:innen“ ist, steht dabei selten im Vordergrund.
So wird sie von Fans, den Medien und der Öffentlichkeit wieder nur zu einem
Objekt gemacht, zu einem Narrativ, auf das sie selbst keinen Einfluss hat.
Und das hat am Ende dann auch nichts mit Selbstbestimmung zu tun.
24 Jun 2021
## LINKS
[1] https://variety.com/2021/music/news/britney-spears-full-statement-conservat…
[2] /Die-steile-These/!5703313
## AUTOREN
Carolina Schwarz
## TAGS
Britney Spears
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