| # taz.de -- Doku „Erlebnis Erde – Planet ohne Affen“: Miese Menschen | |
| > Für die NDR-Doku „Erlebnis Erde – Planet ohne Affen“ begibt sich ein | |
| > Rechercheteam auf die Spur illegaler Tierhändler. Zurück bleibt Empörung. | |
| Bild: Geschützt vor dem Menschen und dessen Gier nur auf dem Papier: Orang-Uta… | |
| Erschreckendes Verhältnis: Soll ein lebendiges Menschenaffenbaby verkauft | |
| werden, muss häufig seine ganze restliche Familie umgebracht werden – das | |
| sind bis zu zehn Tiere. Angesichts des weltweit blühenden Marktes für | |
| kleine Gorillas, Schimpansen, Orang-Utans und Bonobos sind diese ohnehin | |
| bedrohten Tierarten also kaum noch zu retten. Denn der kriminelle | |
| Tierhandel ist ein Milliardengeschäft: Das ist zumindest die Einschätzung | |
| von Felix Meschede und Manuel Daubenberge. | |
| Ihre Dokumentation „Planet ohne Affen“, die in der ARD-Mediathek verfügbar | |
| ist, ist kein Tierfilm. Tatsächlich sieht man in der NDR-Produktion mehr | |
| korrupte Bürokraten und Politiker – jede gendergerechte Schreibweise ist | |
| hier unnötig – als Menschenaffen. | |
| Zwar reist das Filmteam um Michel Abdollahi zuerst in den kongolesischen | |
| Dschungel, um dort eine der wenigen noch existierenden Bonobo-Herden zu | |
| suchen. Nach einigen Tagen aber brechen sie die Expedition erfolglos ab – | |
| auch so lässt sich belegen, wie ernst die Lage ist und wie ernst zu nehmend | |
| der „Planet ohne Affen“ im Titel. Man muss vielleicht auch einfach die | |
| Chuzpe der Filmemacher – wiederum durchweg männlich – anerkennen, aus | |
| missglückten Dreharbeiten noch fünf Minuten Film zu montieren. | |
| Auch bei dem Versuch, im Kongo kriminellen Tierhändlern auf die Spur zu | |
| kommen, scheitern Abdollahi und das Filmteam. Aber auch dabei entstehen | |
| spannende Aufnahmen: von Kleinkriminellen, die am Straßenrand herumlungern, | |
| und einem Polizisten, der sie beschattet und – wohl auch wegen der | |
| deutschen Fernsehleute – nicht lange unentdeckt bleibt. Da gerät dann die | |
| Recherche des fotogenen Präsentators Abdollahi überdeutlich in den | |
| Vordergrund. | |
| Der Hamburger Moderator, Journalist und Künstler ist eine Art Erzähler, | |
| taucht im Abspann aber weder als Autor noch als Regisseur auf. Trotzdem: | |
| Ganz energischer Reporter, stellt er unbequeme Fragen, etwa den Vertretern | |
| von Tierschutzorganisationen im Kongo und in Thailand, chinesischen | |
| Tierparkbetreibern oder auch dem auf Youtube sehr erfolgreich sich | |
| verkaufenden Bhagavan „Doc“ Antle. Der auch aus der Realityshow „Tiger | |
| King“ bekannte Tiertrainer will dann zum Beispiel nicht erklären, woher er | |
| seine Schimpansenbabys hat. | |
| In China besucht Abdollahi Shows mit trainierten Menschenaffen, die nach | |
| den internationalen Abkommen ihre Herkunftsländer nie hätten verlassen | |
| dürfen, in Thailand findet er schließlich einen Bonobo – in einem | |
| verwahrlosten Zoo auf dem Dach eines Kaufhauses. Hier startet das Team | |
| sogar eine Kampagne, um zumindest diesen einen Affen zu befreien. Sie | |
| bringen die weltberühmte Primatenforscherin Jane Goodall dazu, das Tier zu | |
| besuchen und zu bezeugen, dass es höchstens 12 Jahre alt ist – und nach den | |
| internationalen Bestimmungen nie nach Thailand hätte gebracht werden | |
| dürfen. Eine Untersuchung durch offizielle dortige Tierschützer kommt aber | |
| zum Schluss, der Affe sei älter und also alles in Ordnung. | |
| Das internationale Vertragswerk für bedrohte Tierarten, Cites, erweist sich | |
| überhaupt als reichlich zahnlos, und am Ende der 44 Minuten dürften wohl | |
| die meisten Zuschauer*innen darüber empört sein, wie wenig für die | |
| aussterbenden Primaten getan wird. Ziel erreicht – aber, wie gesagt: | |
| Tierfilm ist dies keiner. | |
| 10 Jun 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Wilfried Hippen | |
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