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# taz.de -- Streik bei Lieferdienst „Gorillas“: Fahrradtour statt Kündigun…
> Auf den Arbeitskampf der Gorillas-Rider reagiert CEO Kağan Sümer mit
> einer Rede und kündigt Besuche per Fahrrad an. Die Rider wollen weiter
> streiken.
Bild: Mit Blockaden wollen die Rider den Betrieb stillegen
In 10 Minuten von der Bestellung zur Lieferung – so lautet das enorm
ambitionierte Versprechen des Lebensmittel-Lieferdienstes Gorillas. Seit
aber die Fahrradkuriere des Start-ups, die sich selbst als Rider
bezeichnen, am vergangenen Mittwoch in den Arbeitskampf eingetreten sind,
haben sie dieses Versprechen umgewandelt: „We organize in under 10
minutes“, verkündet das Gorillas Workers Collective nun auf Twitter – und
kündigt damit weitere Blockaden und Streiks an.
Nach der fristlosen Kündigung des Riders Santiago hatten Mitarbeitende
[1][mehrere Lagerhäuser in Kreuzberg und im Prenzlauer Berg blockiert], um
das Geschäft zum Stillstand zu zwingen. Am Freitag hatte sich dann Kağan
Sümer, CEO des Unternehmens, in einer der taz vorliegenden 16-minütigen
Zoom-Ansprache an die Beschäftigten gewandt. Darin sagte Sümer, sein
Unternehmen setze ein „klares Zeichen“ gegen die Gig Economy – also gegen
häufig formal unabhängige und damit ungesicherte Beschäftigungsverhältnisse
insbesondere in der Lieferbranche.
Gorillas hingegen stelle seinen Ridern Arbeitsverträge aus, betonte Sümer.
Die vom Gorillas Workers Collective kritisierten Probezeiten, welche das
Abstoßen von Angestellten erleichtern, erwähnte er dabei nicht. Sümer
beteuerte, dass ihn die letzten Tage „tief betroffen“ hätten. Die Rider
seien das „Herz des Unternehmens“ – und dieses sei eher mit einer
„Bewegung“ zu vergleichen. Nun würden Außenstehende versuchen, die
Kündigung Santiagos für ihre politische Agenden zu missbrauchen. So sei der
Fall „eskaliert“.
## Riders reagieren mit Bingo-Karte
Die Rider hingegen fordern ein Ende der bis zu einem halben Jahr dauernden
Probezeiten, die Pflicht, Angestellte vor einer Kündigung mindestens drei
Mal abmahnen zu müssen, und die Wiedereinstellung Santiagos. Yonatan
Miller, Unterstützer des Gorillas Workers Collective, sagte der taz, bei
der Rede habe es sich um „reine Öffentlichkeitsarbeit“ gehandelt. Sümer
habe im „Aktivist:innensprech“ geredet, dabei aber letztlich „fast nichts
gesagt“. Auf Twitter lässt das Kollektiv deshalb über die „favourite
Bingocard-Moments“ aus der Rede des „dear leader“ abstimmen – klarer
Sieger: „We are family.“ Miller kritisierte auch, dass die Rider für die
Zoomsession nicht bezahlt worden seien.
Auf die schwere Kritik will Sümer nun ausgerechnet mit einer Fahrradtour
reagieren. Er kündigte – in einem wahren CEO-Move – an, ab dem 28. Juni
Gorillas-Lagerhallen in ganz Deutschland abklappern zu wollen, um dort mit
Angestellten ins Gespräch zu kommen. „Er kann das schon machen“, sagte
Miller. In den Lagerhallen würde Sümer „sehen, wie unzufrieden alle sind“.
Reale Missstände würden durch solche Aktionen dagegen nicht beseitigt.
Die Rider wollen weiterkämpfen – und sie sind nicht allein. So sind auf
Twitter Bilder von Solidaritätsaktionen anderer Rider aus Karlsruhe,
Stuttgart oder London zu sehen. Auch Berlins Kultursenator Klaus Lederer
(Linke) erklärte auf Twitter, die Proteste zeigten, „wie Solidarität gelebt
wird“.
14 Jun 2021
## LINKS
[1] /Arbeitskampf-bei-Lieferdienst-Gorillas/!5774459
## AUTOREN
Timm Kühn
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