# taz.de -- Antiziganismus-Bericht für Deutschland: Zynismus und Ignoranz | |
> Ein Expert:innenbericht zeichnet ein düsteres Bild der Situation von | |
> Sinti:ze und Rom:nja in Deutschland. Auch politisch dürfte sich wenig | |
> ändern. | |
Sinti:ze und Rom:nja sind im deutschen Alltag vielfältigen | |
Diskriminierungen ausgesetzt. Sie werden von Polizist:innen öfter | |
kontrolliert und verdächtigt als weiße Menschen, sind also von Racial | |
Profiling betroffen. Sie werden beim Einkaufsbummel vom Ladendetektiv | |
skeptisch beäugt, der sie als potenzielle Diebe sieht. Sie haben es | |
schwerer in der Arbeitswelt oder bei der Wohnungssuche, und die Liste ließe | |
sich fortführen, bis zu körperlichen Angriffen durch Rechtsextreme. | |
Diese düstere Lage wird von der deutschen Mehrheitsgesellschaft | |
weitestgehend ignoriert. Deshalb ist es gut und verdienstvoll, dass eine | |
Expert:innen-Kommission im Auftrag der Bundesregierung [1][Antiziganismus | |
in Deutschland] systematisch untersucht und aufgearbeitet hat. Das Bild, | |
das sie in ihrem 500 Seiten starken Bericht zeichnet, ist deprimierend. | |
[2][Antiziganistische Klischees] und Vorurteile sind weit verbreitet, auch | |
die Medien spielen eine ungute Rolle, indem sie jene reproduzieren. Wenn | |
Zeitungen etwa über Kleinkriminalität berichten, wird das Problem oft | |
ethnisiert, also einer bestimmten Volksgruppe zugeschrieben. Soziale | |
Ursachen werden eher vernachlässigt. Um einen Text zu bebildern, muss dann | |
gern die bettelnde Frau im bunten Kleid mit zwei Kindern auf dem Schoß | |
herhalten. | |
Gut und verdienstvoll ist deshalb auch, dass die Expert:innen Ideen | |
liefern, die die Diskriminierung mindern könnten. So wird neben der | |
realistischen Analyse der Situation auch ein Weg aufgezeigt, wie es besser | |
laufen könnte. Was davon umgesetzt wird, ist eine andere Frage. An die | |
Politik geht etwa die Forderung, die Einstufung mehrerer Balkanstaaten als | |
sogenannte sichere Herkunftsländer zurückzunehmen. Diese | |
Asylrechtsverschärfung hat die Große Koalition beschlossen, um | |
Abschiebungen zu erleichtern. | |
Zu erwarten ist also Folgendes: CDU, CSU und SPD werden am Donnerstag im | |
Parlament einem Bericht applaudieren, der sie kritisiert – und ihre Gesetze | |
lassen, wie sie sind. Zum zynischen Umgang der Gesellschaft mit | |
[3][Sinti:ze und Rom:nja] passt das ganz gut. | |
23 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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