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# taz.de -- Meme-Verkauf per NFT: Eher Rausch als Gold
> Internet-Memes wie das Video „Charlie Bit My Finger“ werden jetzt mittels
> digitaler Zertifikate teuer verkauft. Aber auch hier gilt: Vorsicht Hype!
Bild: Szene aus dem Video „Charlie bit may finger – again!“
Der 14 Jahre alte Youtube-Hit „Charlie Bit my Finger – Again!“ ist für
umgerechnet 622.000 Euro Euro versteigert worden. Das 55 Sekunden lange
Video, in dem ein Baby namens Charlie seinem Bruder Harry in den Finger
beißt, wurde am Sonntag als [1][sogenanntes Non Fungible Token (NFT)]
verkauft. Bei der Versteigerung sicherte sich der Nutzer „3fmusic“ das
digitale Echtheitszertifikat für das Kultvideo. Die Familie von Charlie und
Harry, die inzwischen Teenager sind, erklärte, der Käufer werde der
„einzige Besitzer dieses liebenswerten Stücks Internet-Geschichte“ sein.
Sie kündigte an, das Video bei YouTube zu löschen.
Mehrere bekannte Memes sind in den vergangenen Monaten bereits auf diese
Weise verkauft worden. Englischsprachige Medien sprechen schon vom „meme
gold rush“, vom „Goldrausch der Memes“. Für manche freiwilligen oder
unfreiwillige Netz-Berühmtheit ist es die erste Möglichkeit, mit ihrem
Status Geld zu verdienen. Gerade hat ein mittlerweile 20-jähriger Mann ein
Video für mehr als 10.000 Euro versteigert, in dem er als Kleinkind zu
sehen ist. Es zeigt ihn auf dem Rückweg vom Zahnarzt sediert im Auto
sitzend.
Auch „Disaster Girl“ hat ihr Meme als NFT versteigert. Das Bild stammt aus
dem Jahr 2005 und zeigt die US-Amerikanerin Zoe Roth als vierjähriges
Mädchen. Sie steht vor einem brennenden Haus und lächelt wissend in die
Kamera. Das Foto war vor „Charlie“ das am teuersten verkaufte Meme mit rund
340.000 Euro.
„NFT“ heißt so viel wie „nicht-ersetzbares Zertifikat“, es handelt sic…
einen virtuellen Echtheitsnachweis. NFTs können genau zugeordnet werden und
sind zurückverfolgbar [2][über die Verschlüsselungskette Blockchain.] Dabei
handelt es sich um die gleiche Technologie, auf der auch Kryptowährungen
wie Bitcoin aufgesetzt sind. Anders als sonst im Internet üblich, werden
die Daten bei der Blockchain nicht an einem zentralen Ort gespeichert,
sondern auf zahlreichen Rechnern gleichzeitig. Das macht Daten auf der
Blockchain besonders fälschungssicher. Um ein digitales Kunstwerk als NFT
zu verkaufen, wird der Besitz des Kunstwerks auf eine der zahlreichen
Blockchains geschrieben und ist damit für die ganze Welt einsehbar und
abgespeichert.
## Genau so viel wert, wie Menschen bereit sind zu zahlen
Somit lassen sich durch NFTs digitale Objekte wie Bilder, Videos oder GIFs
als einzigartig auszeichnen. Urheberrechtsinhaber:innen können so
Geld mit einem Bild verdienen. Zwar können von dem Bild noch etliche Kopien
existieren, vergleichbar mit Kunstdrucken, doch nur wer das NFT hält, gilt
als Inhaberin oder der Inhaber des Originals.
NFTs sind bisher noch nicht reguliert und verkaufen sich auf Rekordniveau.
Wie auf dem klassischen Kunstmarkt gilt: Ein Kunstwerk ist das wert, was
Menschen bereit sind, dafür zu zahlen. Das macht sie zu einem interessanten
neuen Investment und ruft viele neue digitale Kunstsammler:innen auf
den Markt. Bislang gilt die Aufmerksamkeit vor allem großen Namen in der
Kunst, aber auch Musikbranche. Unbekannte Künstler:innen haben es auf
dem überfluteten NFT-Markt sehr schwer, einen guten Preis für ihre Werke zu
erzielen. Bands wie Scooter bieten schon begleitend zu ihrem neuen Album
NFT-Artwork zur Versteigerung an.
Am Dienstag soll eine weitere Reihe von Video-Memes als NFTs veröffentlicht
werden, teilte [3][die NFT-Agentur NetGems in einer Presseerklärung] mit.
Unter anderem sollen die Videos von Gary Brolsmas „Numa Numa“-Video,
Christopher „Randall“ Gordons „The Crazy Nastya – Honey Badger“ und J…
Scotts „Two Pretty Best Friends“ TikTok versteigert werden.
Die Gefahr, dass nun nach und nach sämtliche berühmten Videos verkauft
würden und damit aus dem Netz verschwinden, besteht eher nicht. Denn von
den meisten Memes schwirren bereits unzählige Kopien im Netz herum.
## Augen auf beim Mehrfachverkauf
Kritik gibt es anderer Stelle: Es kann beispielsweise leicht zu Copyright –
Verletzungen auf digitalen Marktplätzen kommen. Denn die Blockchain selbst
kann nicht wissen oder überprüfen, ob der Verkäufer tatsächlich die Rechte
am verkauften Objekt besitzt. Außerdem gibt es nicht nur eine, sondern
verschiedene Blockchains – und der Besitz von NFTs ist stets auf die
Blockchain beschränkt, auf der der Kauf stattgefunden hat. Wer also
digitale Kunst oder Memes auf Ethereum-Blockchain kauft, besitzt sie nur
dort. Theoretisch könnte das Werk auf allen anderen Blockchains ein
weiteres Mal verkauft werden.
Wer einer teuren Sammelleidenschaft nicht widerstehen kann oder nicht weiß,
wohin mit der ganzen Kohle, ist bei NFT Auktionen genau richtig aufgehoben.
Alle anderen seien gewarnt: Ob und wann dieser vor allem die für die
digitalen Auktionshäuser rentable Hype endet, kann niemand sagen. Morgen,
übermorgen, nächstes Jahr: Der Wert besteht nur so lange jemand zahlt.
25 May 2021
## LINKS
[1] /Auktion-bei-Christies/!5757562
[2] /Blockchain-Technologie/!5767405
[3] https://www.prnewswire.com/news/netgems/
## AUTOREN
Malaika Rivuzumwami
## TAGS
Bitcoin
Blockchain
Memes
Youtube
NFT
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TikTok
Kolumne Digital Naives
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zeitgenössische Kunst
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