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# taz.de -- Erdgasförderung in Niedersachsen: Kommt Fracking zurück?
> Teile des Fracking-Verbotes stehen auf dem Prüfstand. Die
> niedersächsische Landesregierung glaubt, es bleibt. Die Grünen trauen dem
> Frieden nicht.
Bild: Proteste 2016: Jetzt, fünf Jahre später, steht die Regelung wieder auf …
Hannover taz | Als sich CDU und SPD im Bundestag 2016 nach langem, zähem
Ringen überraschend doch [1][noch auf ein Fracking-Gesetz geeinigt] hatten,
atmeten in Niedersachsen viele Menschen auf. Immerhin macht hier die
herkömmliche [2][Erdgasförderung schon genug Probleme] – der Widerstand
gegen das Fracking, vor allem das sogenannte unkonventionelle Fracking, war
heftig.
Beim Fracking werden unter hohem Druck Wasser, Sand und Chemikalien ins
Gestein gepresst, um Erdöl- und Erdgasvorkommen zu heben, an die man bisher
nicht ran kam.
Der Haken daran: Es steht im Verdacht, Erdbeben auszulösen, Grund- und
Trinkwasservorkommen zu gefährden und klimaschädliches Methan freizusetzen.
Das gilt vor allem für das unkonventionelle Fracking, bei dem in Schiefer-,
Ton-, Mergel- oder Kohleflözgestein gesucht wird – das liegt dichter an der
Oberfläche und den Wasserreservoirs als der Sandstein, der beim
konventionellen Fracking traktiert wird.
Der Kompromiss, auf den man sich damals einigte: Es sollte eine
Expertenkommission gebildet werden, die die Forschungslage in diesen drei
kritischen Punkten zusammenfasst und bis zu vier Probebohrungen bundesweit
wissenschaftlich begleitet. Wenn diese Expertenkommission nach fünf Jahren
neue Erkenntnisse zu Tage förderte, könnte der Bundestag eine Aufhebung des
Verbotes und eine neue Genehmigungspraxis beschließen.
## Bereitet die Experten-Kommission eine Kehrtwende vor?
Nun ist es bald soweit: Am 30. Juni soll die Expertenkommission im
Bundestag ihren Abschlussbericht vorstellen. Die Grünen in Niedersachsen
wollten deshalb schon einmal wissen, wie sich die Landesregierung des am
stärksten betroffenen Bundeslandes zu diesem Thema positionieren will.
Die Antwort aus Bernd Althusmanns (CDU) Wirtschaftsministerium [3][auf die
Kleine Anfrage]: „Die Landesregierung lehnt die Aufsuchung und Gewinnung
von unkonventionellen Erdgasvorkommen unter Einsatz der Frac-Technologie
auch über das Jahr 2021 hinaus ab.“
So weit, so schön aus Sicht der Umweltschützer. Doch es gibt ein paar
weitere Sätze, die sie aufmerken lassen. Da ist die Rede von „weiterhin
bestehenden Informations- und Wissensdefiziten“ und davon, den
Abschlussbericht der Expertenkommission abzuwarten.
Die energiepolitische Sprecherin der Grünen, Imke Byl, ist überzeugt davon,
dass sich die große Koalition hier ein großes Schlupfloch offenhalten will.
Denn mittlerweile hat diese Expertenkommission einen Berichtsentwurf
vorgelegt, der sich stellenweise wie eine Kehrtwende liest.
Es gebe ein umfangreiches Wissen zum Thema Fracking, schreiben die Experten
darin. Ausgewertet haben sie vor allem Studien aus den USA, Kanada und
Australien, aber auch China und Europa. Die zeigten, dass sich „die
Umweltrisiken aufgrund von Fracking unkonventioneller Lagerstätten durch
eine angepasste Steuerung und Überwachung der Maßnahmen minimieren lassen“,
heißt es im Vorwort des Berichtes.
## Nur die Hälfte der Hausaufgaben sind erledigt
Die Grünen sind nicht die einzigen, denen das sauer aufstößt. Auch der
Verband kommunaler Unternehmen (VKU), in dem die Wasserversorger der
Gemeinden vertreten sind, äußerte sich kritisch: Die vorliegenden Gutachten
könnten die Bedenken nicht ausräumen, dass Fracking-Bohrungen in der Praxis
doch zu Schäden an den Trinkwasserressourcen führen könnten, [4][erklärte
ein Sprecher gegenüber der Zeitung für kommunale Wirtschaft (ZFK).]
Für das Misstrauen gegenüber der Expertenkommission gibt es allerdings noch
ein paar ältere Gründe: [5][Der Arbeitsauftakt war mehr als holprig]. Nach
dem Einsetzen der Kommission durch den Bundestag dauerte es erst einmal
zwei Jahre bis überhaupt alle Mitglieder benannt waren und sie sich
konstituieren konnte – damit war fast die Hälfte der Laufzeit schon
vorüber.
## Einwände übergangen
Dann überging man gleich beim ersten Bericht die Einwände von
Umweltverbänden, setzte die Frist für die Beteiligung der Öffentlichkeit so
knapp, dass kaum Stellungnahmen eingingen. Auch aus der angestrebten
wissenschaftlichen Begleitung von Probebohrungen wurde nichts: Es stellte
überhaupt kein Unternehmen einen Antrag auf so ein Erprobungsvorhaben.
Damit ist einerseits fraglich, ob die Kommission ihren Auftrag überhaupt so
richtig erfüllen kann. Andererseits könnte man dies auch als Zeichen dafür
interpretieren, dass die Unternehmen diesen Entwicklungsbereich längst
abgeschrieben haben, weil er am Ende vielleicht doch zu teuer, zu aufwendig
und mit zu vielen Unsicherheiten belastet ist.
Die Grünen bohren hartnäckig weiter danach, ob in Niedersachsen nicht doch
irgendjemand in den Startlöchern steckt, um das umstrittene Verfahren
anzugehen. Doch alle Detailfragen nach genehmigungspflichtigen
Aufsuchungsvorhaben, Stimulations- und Frackingbehandlungen liefen ins
Leere. Dem zuständigen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG)
sind keine derartigen Vorhaben bekannt.
1 Jun 2021
## LINKS
[1] /Union-und-SPD-einigen-sich-ueber-Fracking/!5311326
[2] /Fracking-laesst-die-Erde-beben/!5236720
[3] https://www.landtag-niedersachsen.de/drucksachen/drucksachen_18_10000/09001…
[4] https://www.zfk.de/wasser-abwasser/wasser/fracking-kommission-legt-abschlus…
[5] /ExpertInnenkommission-Fracking/!5610506
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
Fracking
Niedersachsen
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Erdgas
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Fracking
Fracking
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