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# taz.de -- KI statt Parlamentarier*nnen: Wunsch nach automatisierter Politik
> Laut einer Studie würde eine Mehrheit Politiker*innen durch KI
> ersetzen. Doch das wäre keine Chance, sondern eine Gefahr für Demokratie.
Bild: Ein Parlament, das nicht mehr aus Menschen, sondern aus KI besteht, ist i…
Seit Gott gestorben ist, wurde er wahlweise durch Königreiche, Geld oder
Popkultur ersetzt. Heute scheinen sie von Algorithmen verdrängt worden zu
sein und den mit ihnen agierenden Maschinen namens Künstliche Intelligenz.
Auch ihrer Herrschaft glauben Menschen oft blind, zweifeln dabei aber immer
auch ein bisschen, wenn sie etwa ein Backrezept googeln und drei Minuten
später Werbung für Backformen bekommen. Doch trotz der vielen anderen
toxischen Aspekte ist ihr Regime einfach viel zu bequem, um hinterfragt zu
werden.
So verwundert das [1][Ergebnis einer Studie] des Center for the Governance
of Change der spanischen Universität IE, in der knapp 3.000 Menschen aus 11
Ländern befragt wurden, nur wenig. Darin spricht sich eine Mehrheit der
Europäer*innen dafür aus, Abgeordnete [2][durch künstliche Intelligenz
zu ersetzen] – auch wenn sie Zugriff auf ihre Daten hätte.
Während sich in Spanien 66 und in Italien 59 Prozent dafür aussprachen,
sind in Deutschland 56 Prozent dagegen. In nichteuropäischen Ländern, wie
beispielsweise China (75 Prozent), ist die Zustimmung teilweise noch höher.
## Vor KI sind nicht alle gleich
Doch entspringt die hohe Zustimmung dem Wunsch nach automatisierter Politik
oder eher einem Vertrauensverlust in die Demokratie? Dem Studienleiter
Oscar Johnson zufolge bestehe ein Zusammenhang mit einer gewachsenen
Polarisierung und Filterblasen.
Dass jedoch genau jene Filterblasen auch von künstlicher Intelligenz
geprägt sind, scheint heute genauso verdrängt worden zu sein wie die
Erkenntnis, dass „vor Gott“ eben nicht „alle gleich“ sind. Natürlich g…
es genügend Gründe, die Legitimität politischer Akteure und Institutionen
angesichts zunehmender Einflussnahme privater Interessengruppen infrage zu
stellen – der Politikwissenschaftler Colin Crouch nannte den Zustand des
Vertrauensverlusts in die repräsentative Demokratie einst „Postdemokratie“.
Doch dass KI dieses Vertrauen wiederherstellen könnte, ist eine Illusion.
Denn wie einst Gott stets tat, als handle er universal und beruhe auf einer
gemeinsamen Wirklichkeit, so würde eine KI im Jahr 2021 [3][nie alle
Interessen aller Gruppen mitbedenken]. Nicht, weil sie es nicht könnte,
sondern weil eine KI immer nur mit den Rohdaten einer Welt arbeiten kann,
die bisher gesammelt wurden.
Und solange viele Menschen in dieser Welt rassistisch, sexistisch und
kapitalismusfreundlich agieren, ist der Gedanke an [4][ein KI-Parlament]
keine Uto-, sondern Dystopie.
1 Jun 2021
## LINKS
[1] https://www.ie.edu/cgc/research/european-tech-insights/
[2] /Diskriminierung-in-Videochats/!5770053
[3] /Gender-Bias-bei-Uebersetzungsoftware/!5766373
[4] /EU-Plaene-fuer-Kuenstliche-Intelligenz/!5768175
## AUTOREN
Philipp Rhensius
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Demokratie
Chancengleichheit
Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
Diskriminierung
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Coronavirus
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