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# taz.de -- Lockerungen der Corona-Maßnahmen: Mehr Rechte für Geimpfte
> Mit großer Mehrheit stimmt der Bundestag für die Rückgabe von
> Grundrechten an Geimpfte und Genesene. FDP und AfD reicht das nicht.
Bild: Mit aller Kraft: Bundesjustizministerin Lambrecht (SPD) am Donnerstag im …
Mitten in der Bundestagsdebatte steht der Linken-Abgeordnete Friedrich
Straetmanns auf und stellt seinem SPD-Kollegen Johannes Fechner eine
Zwischenfrage. Ob denn die Leute nun auch draußen wieder Sport treiben
dürften? Ja, auch das sei in der Verordnung geregelt, antwortet Fechner.
„Ich freue mich, bald mit dir, lieber Friedrich, kicken zu können.“ Das
Training, fügt er hinzu, hätten sie beide nötig.
Der Linke und der Sozialdemokrat spielen zusammen in der Fußballmannschaft
des Bundestages – und das freundliche Geplänkel passt zum Ton der gesamten
Debatte. Endlich geht es [1][aufwärts in der Pandemiebekämpfung], endlich
ist absehbar, dass sich das Leben wieder normalisiert.
Das Parlament hat am Donnerstag mit großer Mehrheit [2][eine Verordnung]
beschlossen, die Geimpften und Genesenen grundgesetzlich geschützte
Freiheiten wiedergibt. Dafür stimmten die Koalitionsfraktionen, die Linken
und die Grünen. Die FDP-Fraktion enthielt sich, die AfD war dagegen.
Passiert die Verordnung am Freitag auch den Bundesrat, könnte die
Neuregelung am Sonntag in Kraft treten.
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) rechtfertigte noch einmal,
dass die Regierung seit über einem Jahr die Grundrechte deutlich
eingeschränkt hat. Sie bezog sich auch darauf, dass das Verfassungsgericht
am Mittwoch [3][Eilanträge gegen die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen der
Coronanotbremse abgelehnt] hatte. Der Gesetzgeber habe den
Gesundheitsschutz als „überragend wichtiges Allgemeingut“ sicherzustellen,
zitierte Lambrecht das Gericht.
## Nach der Isolation
Sie verwies auf wissenschaftliche Erkenntnisse, wonach [4][Geimpfte das
Virus kaum noch übertrügen]. Deshalb könnten Grundrechtseinschränkungen für
diese Gruppen nicht mehr begründet werden. Menschen in Pflegeheimen sollten
nach langer Isolation wieder gemeinsam im Speisesaal essen – oder Geimpfte
am Muttertag ihre Mutter wieder sehen können. „Das ist ein wichtiger
Schritt und ein rechtsstaatliches Gebot.“
Die Verordnung stellt vollständig gegen Covid-19 Geimpfte sowie davon
Genesene mit negativ Getesteten gleich, wenn ein Test Zugangsvoraussetzung
ist, etwa beim Friseur. Als vollständig geimpft gelten Menschen ab dem 15.
Tag nach der zweiten Impfung. Als genesen gelten die, deren Infektion nicht
länger als ein halbes Jahr zurückliegt.
Die Regelung sieht außerdem vor, dass sich Immunisierte in unbegrenzter
Personenanzahl treffen können. Für sie gelten zudem Ausgangsbeschränkungen
nicht mehr, auch Outdoor-Sport ist wieder erlaubt. Wenn sie Kontakt zu
Corona-Infizierten hatten, müssen sie auch nicht mehr in Quarantäne.
Allgemeine Hygieneregeln wie Maskenpflicht und das Abstandhalten gelten
aber für alle weiterhin.
Die Linke-Fraktion verband ihre Zustimmung mit Kritik. Fraktionsvize
Susanne Ferschl sagte, dass sich Menschen, die in kleinen Wohnungen lebten
und im überfüllten öffentlichen Nahverkehr zu Arbeit müssten, besonders
häufig ansteckten. „Machen Sie diesen Menschen ein schnelles Impfangebot.“
Hätte die Bundesregierung, wie von der Linken gefordert, die Patente für
Impfstoffe freigegeben, wären mehr Menschen geimpft, sagte Ferschl.
## Der Kompass des Herrn Spahn
Die Grünen-Abgeordnete Manuela Rottmann sagte, dass der Bundestag mit der
Rückgabe der Rechte eine „verfassungsrechtliche Selbstverständlichkeit“
bekräftige. Sie warf der Koalition in der Frage einen unklaren Kurs vor.
Weder von der Justizministerin noch von Gesundheitsminister Jens Spahn
(CDU) habe es eine Ansage gegeben. Wenn aber ein Bundesminister eine
verfassungsrechtlich glasklare Frage zur Disposition stelle, stelle sich
die Frage, „ob er seinen verfassungsrechtlichen Kompass in der Pandemie
verloren hat oder je einen hatte“.
Spahn hatte seine Position in der Frage korrigiert. Im Dezember hatte er
noch gesagt, keiner solle „Sonderrechte“ einfordern, bis alle die Chance
zur Impfung gehabt hätten.
Der FDP gehen die Lockerungen der Koalition nicht weit genug. Die Regierung
sei bei der Einschränkung von Grundrechten sehr schnell, leider lasse sie
sich bei der Rückgabe mehr Zeit, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin
der Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus. „Freiheiten für Gimpfte und
Genesene werden nicht scheibchenweise zugeteilt, Freiheitsrechte gibt es
nur als ganzes.“
Die Verordnung klammere vollständig die Öffnung von Hotels, Gaststätten
oder Freizeit- und Kultureinrichtungen aus. Es sei nicht ersichtlich, warum
zum Beispiel ein geimpfter Gastwirt seinen Betrieb nicht öffnen könne,
betonte Aschenberg-Dugnus. Die AfD ging noch weiter. Sie forderte das Ende
des Lockdowns und aller damit verbundenen Grundrechtseinschränkungen.
Bis einschließlich Mittwoch haben laut Robert Koch-Institut 30,6 Prozent
der Deutschen eine erste Coronaschutzimpfung erhalten. Die nun
beschlossenen Lockerungen gelten für rund zehn Millionen Menschen. Etwa 7,1
Millionen sind vollständig, also zweimal geimpft. 3,1 Millionen sind laut
RKI genesen.
6 May 2021
## LINKS
[1] /Trend-verstetigt-sich/!5765524
[2] /Aktuelle-Nachrichten-in-der-Coronakrise/!5769542
[3] /Karlsruhe-urteilt-zu-Corona-Auflagen/!5770386
[4] https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/Influenza/FAQ19.html
## AUTOREN
Ulrich Schulte
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