# taz.de -- Regierungsbildung in Israel: Aus der Zauber | |
> Israels Ministerpräsident ist es nicht gelungen, eine neue Regierung zu | |
> bilden. Dies könnte das Ende der langen Ära Benjamin Netanjahu besiegeln. | |
Bild: Israels Premier Netanjahu gewann die Wahlen im März – und scheiterte n… | |
Vielleicht wäre es anders gekommen, wäre der israelische Ministerpräsident | |
Benjamin Netanjahu Bob-Marley-Fan. Möglicherweise hätte er sich ein Abraham | |
Lincoln zugeschriebenes Zitat, das Marley in seinem Klassiker „Get Up Stand | |
Up“ verewigt hat, zu Herzen genommen: „[1][You can fool some people | |
sometimes, but you cannot fool all the people all the time].“ | |
Nach vier Wochen verzweifelter Versuche, eine Koalition zusammenzuzimmern, | |
musste der [2][Regierungschef in der Nacht zu Mittwoch das Mandat zur | |
Regierungsbildung wieder abgeben]. Präsident Reuven Rivlin beauftragte | |
stattdessen Oppositionsführer Jair Lapid Rivlin. Israel ist so nahe wie | |
vielleicht noch nie in der vergangenen 12-jährigen Amtszeit von „König | |
Bibi“ daran, einen neuen Ministerpräsidenten zu bekommen. Es wäre mehr als | |
überfällig. Netanjahu hielt sich länger an der Macht als [3][Staatsgründer | |
David Ben Gurion]. | |
Er weigerte sich trotz des gegen ihn geführten Korruptionsprozesses | |
zurückzutreten und zwang die Israelis zu drei Neuwahlen innerhalb von zwei | |
Jahren. Der Zauberer, wie er in Israel oft genannt wird, konnte sich bis | |
zuletzt noch aus jeder Bedrängnis befreien. Doch jetzt scheint es sich | |
endlich ausgezaubert zu haben. Zu oft hat er einstige Verbündete und | |
Kooperationspartner betrogen und damit verschlissen. [4][Benny Gantz zum | |
Beispiel], ehemals Generalstabschef von der Mitte-Partei Blau-Weiß. | |
Kein Mensch, außer vielleicht Gantz in seiner politischen Unerfahrenheit | |
selbst, glaubte, dass Netanjahu ihm, obwohl in der Regierungsvereinbarung | |
ausgehandelt, im Rotationssystem den Posten des Ministerpräsidenten | |
überlassen würde. Oder [5][Gideon Sa'ar]. Als der frühere Likud-Abgeordnete | |
bei den internen Parteiwahlen Netanjahu herausforderte, brandmarkte ihn der | |
Chef kurzerhand als Betrüger. Die Liste der von Netanjahu Verstoßenen ließe | |
sich fortsetzen. Noch ist dies nicht das Ende von König Bibi. | |
## Kein Kinderspiel | |
Jetzt steht die andere Seite vor der Aufgabe, eine Regierung zu bilden. | |
Angesichts der ideologischen Differenzen, die das Anti-Bibi-Lager prägen, | |
ist das alles andere als ein Kinderspiel. Was dem Anti-Bibi-Lager jetzt | |
hilft, ist ausgerechnet Netanjahus schamloser Opportunismus. Denn in einem | |
seiner letzten Manöver hat er [6][Mansour Abbas], den Vorsitzenden der | |
islamisch-konservativen Partei Ra'am, um ein Haar für seine | |
Regierungskoalition gewinnen können – nachdem er jahrelang gegen arabische | |
Israelis gehetzt hat. | |
Gescheitert ist diese Kooperation lediglich an den ultrarechten Hardlinern | |
von der Partei Religiöser Zionismus. Was jahrzehntelang undenkbar war, ist | |
nun legitim: eine Regierungskoalition mit Beteiligung arabischer Parteien. | |
Dem Anti-Netanjahu-Block kommt dies jetzt zu Gute. Denn ohne die | |
Unterstützung arabischer Parteien werden die Netanjahu-Gegner*innen auf | |
keine Mehrheit kommen. Der Zauberer hat sich selbst überlistet. | |
Man kann, frei nach Lincoln und Marley, eben eine ganze Menge Leute | |
reinlegen, aber am Ende legt man sich dabei selber rein. | |
5 May 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.youtube.com/watch?v=q7iXcKKpdx0 | |
[2] /Benjamin-Netanjahu/!t5007798 | |
[3] /Niedergang-der-israelischen-Arbeitspartei/!5168009 | |
[4] /Regierungskrise-in-Israel/!5729083 | |
[5] /Herausforderer-von-Israels-Premier/!5652615 | |
[6] /Israelischer-Politiker-Mansour-Abbas/!5754938 | |
## AUTOREN | |
Judith Poppe | |
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