# taz.de -- Niedergang der israelischen Arbeitspartei: Der lange Weg nach unten | |
> Von David Ben Gurion bis Jitzhak Rabin - drei Jahrzehnte lang regierte | |
> die Arbeitspartei Israel allein. Inzwischen ist sie nur noch die | |
> viertgrößte Partei. Wie konnte es dazu kommen? | |
Bild: Der Mann, den die Partei nie loswurde: Ehud Barak. | |
JERUSALEM taz Diese Parlamentswahl in Israel mag mehrere Sieger haben, den | |
Titel des Wahlverlierers aber wird der israelischen Linken und insbesondere | |
der Arbeitspartei niemand streitig machen. Die einstige Quasistaatspartei, | |
die von der Gründung Israels 1948 bis Ende der Siebzigerjahre das Land | |
ununterbrochen regierte und noch in den Neunzigerjahren mehrere Regierungen | |
stellte, rangiert nur noch an vierter Stelle. Gerademal 13 Mandate konnte | |
sie gewinnen - das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. | |
Immerhin: Nach diesem Debakel erwägen sozialdemokratische Politiker | |
ernsthaft, künftig in die Opposition zu gehen. Höchste Zeit, könnte man | |
meinen. Denn trotz etlicher Wahlniederlagen in der jüngeren Vergangenheit | |
kleben ihre Minister seit fast zehn Jahren an ihren Posten. | |
Schimon Peres, der heutige Staatspräsident, mag den Untergang der | |
Arbeitspartei eingeleitet haben, als er in den Jahren der zweiten Intifada | |
als Feigenblatt für die Regierung des damaligen Likud-Chefs Ariel Scharon | |
herhielt. Den endgültigen Todesstoß gab der Partei kein anderer als Ehud | |
Barak. | |
Mit allerlei Tricksereien hatte sich der einst von Jitzhak Rabin in die | |
Politik geholte vormalige Generalstabschef den Wahlsieg 1999 erschlichen. | |
"Nur nicht Schas", riefen seine Anhänger in der siegreichen Nacht vor dem | |
Rathausplatz in Tel Aviv - prompt bildete Barak eine Koalition mit der | |
orthodox-religiösen Partei. Enttäuscht waren damals auch die arabischen | |
Fraktionen, denen Barak zuvor Offerten für eine Koalition gemacht hatte, um | |
noch in der Wahlnacht von "einer Regierung nur der zionistischen Parteien" | |
zu reden. | |
"Seit vielen Jahren besteht eine große Kluft zwischen dem, was die | |
Arbeitspartei sagt, und dem, was sie tut", kommentierte jüngst der | |
Schriftsteller Amos Oz, der die "historische Rolle" der Partei als beendet | |
betrachtet. | |
Dabei gab es durchaus Gelegenheit, Barak loszuwerden: Nach der Niederlage | |
2001 übernahm der frühere Bürgermeister von Haifa, Amram Mitzna, den | |
Parteivorsitz. Der liberale Politiker hatte im Hinblick auf den Konflikt | |
mit den Palästinensern eine neue Idee: Falls die Gespräche scheitern | |
sollten, wollte er einen einseitigen Abzug aus den besetzten Gebieten | |
durchführen. Sein Pech: Der Plan wurde von Ariel Scharon geklaut. Zurück | |
blieb erneut eine geschlagene Partei ohne Programm. | |
Mitznas Nachfolger, der ehemalige Gewerkschaftschef Amir Peretz, scheiterte | |
zunächst mit seiner sozialen Agenda und erst recht als | |
Verteidigungsminister, zu dem ihn Premierminister Ehud Olmert berufen | |
hatte. Sein unfreiwilliger Rücktritt nach dem Desaster des Libanonkrieges, | |
für das er persönlich verantwortlich gemacht wurde, ebnete den Weg für | |
Baraks Comeback. | |
In den zwei Jahren, die seither vergangenen sind, entlarvte sich der als | |
Falke, der den Bau hunderter jüdischer Siedlungen in Ostjerusalem | |
genehmigte und die Armee in den Gazastreifen beorderte. Nicht einen | |
einzigen der sogenannten Vorposten ließ er auflösen, wie es Israel seit | |
Jahren den Palästinensern und den USA verspricht. Da ohnehin kein | |
ideologischer Unterschied zwischen Kadima und Arbeitspartei bestünde, rät | |
der Kommentator Aluf Benn von der Haaretz zu einer Fusion beider Parteien. | |
Das wäre das historisch symbolträchtige, aber nicht mehr überraschende Ende | |
der israelischen Sozialdemokratie. SUSANNE KNAUL | |
12 Feb 2009 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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