# taz.de -- Russland verbietet deutsche NGOs: „Unerwünscht“ | |
> Russland hat neue Sicherheitsrisiken gefunden: drei NGOs. | |
> Zivilgesellschaftliche Partner vor Ort machen sich jetzt also strafbar. | |
Bild: Haben keine Lust auf Zivilgesellschaft: Putin und sein Russland | |
BERLIN taz | Drei deutsche Nichtregierungsorganisationen sind in Russland | |
für unerwünscht erklärt worden. Das meldete die russische Onlineplattform | |
insider.ru unter Berufung auf die Nachrichtenagentur Interfax. Zu diesem | |
Ergebnis sei die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation nach | |
Sichtung entsprechender Materialien gekommen. Dort sei man der Ansicht, | |
dass die Tätigkeit dieser Organisationen eine Bedrohung für die Grundlagen | |
der verfassungsmäßigen Ordnung und die Sicherheit der Russischen Föderation | |
darstelle. | |
Bei den Betroffenen handelt es sich um das Forum Russischsprachiger | |
Europäer e. V., das [1][Zentrum für die Liberale Moderne GmbH (LibMod)] | |
sowie den Deutsch-Russischen Austausch e. V. | |
Ralf Fücks, Mitbegründer und geschäftsführender Gesellschafter von LibMod, | |
bezeichnete die Entscheidung als einen Willkürakt. Sie ziele darauf ab, die | |
Zusammenarbeit mit russischen Partnern mit einem Federstrich zu beenden. | |
„Wer sich kritisch mit der russischen Politik auseinandersetzt, muss damit | |
rechnen, aus dem Land gedrängt zu werden. Gleichzeitig wird damit der | |
russischen Zivilgesellschaft ihre politische und finanzielle Unterstützung | |
aus dem Westen entzogen“, so Fücks weiter. | |
LibMod unterhält unter anderem ein deutsch-russisches Dialogprojekt mit | |
dem Sacharow-Zentrum in Moskau und kooperiert mit zahlreichen russischen | |
Expert*innen in den Themenfeldern „Klimawandel und ökonomische | |
Modernisierung Russlands“. Das dürfte in Zukunft schwieriger, wenn nicht | |
gar unmöglich werden: Russische Staatsbürger*innen, die mit derart | |
inkriminierten Organisationen aus dem Ausland zusammenarbeiten, machen sich | |
strafbar. Das führt in Russland auch schnell ins Gefängnis. | |
## Maas: „Befremdlich und inakzeptabel“ | |
Auch Stefan Melle, seit 2006 Leiter des Deutsch-Russischen Austauschs, | |
sieht düsteren Zeiten entgegen. Der jüngste Winkelzug Moskaus habe ihn | |
jedoch nicht überrascht, da es bereits einige Anzeichen dafür gegeben habe. | |
So sei der Deutschen Botschaft in Moskau im April mitgeteilt worden, dass | |
der Duma-Ausschuss, der sich mit Fragen der „Einmischung in die inneren | |
Angelegenheiten der Russischen Föderation“ befasst, auch seine Organisation | |
kritisch beobachte, sagte Melle der taz. | |
Die NGO hat sich der Stärkung der russischen Zivilgesellschaft | |
verschrieben. Dazu gehören Aktivitäten wie Jugendaustausch- und | |
Freiwilligenprogramme, Kooperationen in den Bereichen Klima- und | |
Umweltschutz sowie Inklusionsprojekte für kulturelle Einrichtungen. Das | |
Thema [2][Konfliktbearbeitung in der Ostukraine (Donbass)] ist ein weiterer | |
Schwerpunkt der Arbeit. | |
Der Deutsch-Russische Austausch werde nicht mehr in Russland arbeiten | |
können. Daher seien die Auswirkungen der Entscheidung für dessen Tätigkeit | |
gravierend. Jetzt gelte es auszuloten, welche Nicht-vor-Ort-Projekte | |
weitergeführt werden könnten. „Das alles trifft mich tief und schadet | |
allen, vor allem auch den Menschen in Russland“, sagt Melle. | |
Der deutsche Außenminister Heiko Maas, SPD, nannte die Entscheidung des | |
russischen Generalstaatsanwalts „befremdlich und inakzeptabel“. „Das ist | |
ein herber Rückschlag für unsere Bemühungen, ein besseres Verhältnis zu | |
Russland zu erreichen.“ | |
Unterdessen hat eine weitere, ebenfalls unerwünschte NGO in Russland die | |
Waffen gestreckt. Am Donnerstag gab Offenes Russland seine Auflösung | |
bekannt. Dies geschehe, um die Mitarbeiter*innen zu schützen, hieß es | |
zur Begründung. | |
27 May 2021 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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