# taz.de -- Blaczko-Hausverwaltung in der Kritik: Mit fragwürdigen Mitteln | |
> Blaczko-Hausverwaltung trifft auf organisierte Mieter:innenschaft. | |
> Rechtswidrige Methoden und Einschüchterungsversuche kommen ans | |
> Tageslicht. | |
Bild: Blaczko-Mieter:innen auf der Mietenwahnsinn-Demo am Samstag auf dem Potsd… | |
BERLIN taz | Es ist eine Szene, wie man sie aus Berliner Nachtclubs kennt – | |
oder aus Mafiafilmen: Fast vollständig schwarz gekleidete Männer stehen | |
breitschultrig vor der Badstraße 28 im Wedding, misstrauisch dreinblickend | |
bewachen sie eine Tür. „Wir machen hier Security“, sagt einer von ihnen auf | |
Nachfrage des Reporters. Welchen Grund es gebe, ein stinknormales Berliner | |
Wohnhaus zu bewachen? „Hier kommen Leute her, die verteilen Flyer, sie | |
wollen günstigere Mieten“, erzählt einer der drei. „Wir stellen sicher, | |
dass sie nicht ins Haus kommen.“ | |
Die Männer, das geben sie völlig offen zu, wurden von der Blaczko GmbH & | |
Co. KG aus Schöneberg entsandt – also von jener Hausverwaltung, die | |
[1][schon nach dem Mietendeckel-Urteil] Schlagzeilen machte, weil sie wohl | |
noch im Siegesrausch in der auf das Urteil folgenden Nacht Rundmails mit | |
dem Betreff „zu früh gefreut“ an ihre Mieter:innen verschickte. Diese | |
wurden in der Mail auch gleich aufgefordert, das Mietverhältnis zu beenden | |
– Zitat: „solche Mieter brauchen wir nicht“. Unterzeichnet war das | |
Schreiben mit „FY“, also dem englischen Akronym für „Fuck You“. | |
Silvia S., eine Blaczko-Mieterin, die aus Angst um ihre Wohnung hier | |
umbenannt wurde, erzählt, der Urteilsspruch, die horrenden Nachzahlungen, | |
die E-Mail, der ohnehin schon wegen älterer Streitigkeiten durch die | |
Hausverwaltung auf sie ausgeübte „Psychodruck“ – das alles habe sie in e… | |
„Vollkrise“ gestürzt. Eine „riesige Erleichterung“ sei es gewesen, als… | |
Reaktion auf die Rundmail eine Initiative von Blaczko-Mieter:innen | |
gegründet wurde. „Werd erstmal gesund“, habe man ihr geschrieben, das habe | |
„richtig gut getan“. Schon zum jetzigen Zeitpunkt wären 35 Blaczko-Mietende | |
in der Initiative aktiv. | |
Die Aktivist:innen werden von der Berliner | |
Mieter:innengewerkschaft unterstützt, einem Pilotprojekt zum Aufbau | |
gewerkschaftlicher Strukturen in der Mietenbewegung. In einem offenen Brief | |
wird Firmenbesitzer Uscher Blaczko im Kern aufgefordert, sich an geltendes | |
Recht zu halten. Darüber hinaus verteilen Initiative und Gewerkschaft Flyer | |
in den mindestens 25 Berliner Blaczko-Häusern. In diesem werden Bewohnende | |
unter anderem zu einer Mieter:innenversammlung eingeladen. | |
## Mit maximaler Repression | |
Die Hausverwaltung hat sich anscheinend entschlossen, dem mit maximaler | |
Repression zu begegnen. Wie die Gewerkschaft auf Twitter schreibt, seien | |
bis zu 25 Securities eingesetzt worden, um die Blaczko-Häuser vor den | |
gefährlichen Schriftstücken der Gewerkschaft zu beschützen. Mieter:innen | |
sandten dem Reporter zudem Fotos von teils versteckten Kameras in | |
Hauseingängen und Hinterhöfen. | |
Durch Blaczko-Personal identifizierte Mietende erhielten zudem fragwürdig | |
begründete Hausverbote. In einem der taz vorliegenden Schreiben an die | |
Mieterin Clara M., hier fiktiv benannt, ist etwa von einer „hetzkampagne | |
gegen die vermieter“ (Alle, auch folgende, Fehler im Original) die Rede. | |
Die Hausverwaltung werde „alle rechtlich möglichen schritte nutzen um das | |
mietverhältnis fristlos zu kündigen“. Clara M. wird ein Hausverbot für alle | |
Blaczko-Häuser bis auf ihr eigenes erteilt, einen „schadensersatzanspruch“ | |
prüfe man. | |
Clara M. berichtet, Unbekannte hätten zudem versucht, ihren Briefkasten | |
aufzubrechen. „Wenn ich nicht die Initiative hinter mir wüsste, ich würde | |
mich zu Hause nicht mehr sicher fühlen“, sagt sie. | |
Auch Max F., ein weiterer hier umbenannter Blaczko-Mieter, berichtet von | |
Einschüchterungsversuchen. Blaczko-Mitarbeitende seien wohl davon | |
ausgegangen, dass er sich ebenfalls an den Flyer-Aktionen beteiligt habe. | |
## Sich die Rechte nicht nehmen lassen | |
In der darauf folgenden Nacht hätten Unbekannte mehrmals bei ihm | |
sturmgeklingelt. „Komm runter, du Arschloch! Du weißt, um was es geht!“, | |
hätten sie in die Sprechanlage geschrien. Dass Unbekannte mitten in der | |
Nacht zu seiner Wohnung kamen, habe ihn „sehr eingeschüchtert“, so F. | |
Dennoch engagiere er sich jetzt in der Initiative – denn sich seine Rechte | |
nehmen lassen will Max F. nicht. | |
Auf taz-Nachfrage weist die Blaczko-Hausverwaltung alle Vorwürfe von sich. | |
Es sei „legitim“, Aktivist:innen, die „mit Hilfe von Flyern gegen uns | |
hetzen und Unwahrheiten verbreiten“, den „den Zutritt zu unseren Häusern | |
nicht zu gewähren“. Es handle sich um „nicht bei uns wohnende Personen“. | |
Letzteres steht im Widerspruch zu den der taz vorliegenden Hausverboten, | |
die durchaus an Blaczko-Mieter:innen adressiert sind. | |
Auf den Vorwurf der Einschüchterung durch Securities angesprochen, schreibt | |
die Hausverwaltung, „kein einziger Mieter“ habe „Bedrohungen gemeldet“ … | |
was aber daran liegen mag, dass die Bedrohten glauben, durch die | |
Hausverwaltung selbst schikaniert zu werden. Insgesamt wird sich im | |
Schreiben bemüht zu betonen, dass man lediglich handle, wie für Berliner | |
Hausverwaltungen üblich. Angesichts der Mietverträge, welche die | |
Hausverwaltung anscheinend regelmäßig ausstellt und die teilweise den | |
legalen Rahmen zu verlassen scheinen, muss aber zumindest von einem | |
Extrembeispiel gesprochen werden. | |
So erhebt die Hausverwaltung laut Initiative zum Beispiel | |
„Vertragsabschlussgebühren“ für das Ausstellen eines Mietvertrages. Rainer | |
Wild vom Mieterverein kommentierte dies gegenüber der taz als „klar | |
unzulässige“ Praxis. Die Hausverwaltung dementiert die Vorwürfe. Dagegen | |
steht eine der taz vorliegende Quittung für eine „Bearbeitungsgebühr“ von | |
150 Euro, ausgestellt an einen Blaczko-Mieter. Das Datum der Quittung ist | |
identisch mit dem des der taz ebenfalls vorliegenden Mietvertrags. | |
## Um die Bremse zu umgehen | |
Systematisch wird durch die Hausverwaltung anscheinend auch die | |
Mietpreisbremse umgangen, welche Mieten auf maximal 10 Prozent oberhalb der | |
ortsüblichen Vergleichsmiete beschränken soll. Teilweise lägen die Mieten | |
über 50 Prozent darüber, heißt es im offenen Brief der Mieter:innen. Auch | |
würden Untermietsverträge ausgestellt, in denen Angestellte oder | |
Blaczko-Familienmitglieder als Hauptmieter eingetragen sind. Unmöblierte | |
Wohnungen würden als möbliert ausgegeben. Zudem berichten Mieter:innen | |
von Wohnungen, die als Teilgewerbe vermietet werden, um die Bremse zu | |
umgehen. | |
Ein solches Vorgehen falle nicht unter das Zweckentfremdungsverbot, | |
erklärte Eckard Sagitze vom Kreuzberger Bezirksamt der taz. Wäre dem so, | |
müsste jedes Homeoffice als Gewerbe angemeldet werden. „Es ist einfach eine | |
Schweinerei, dass Vermieter diesen Umstand ausnutzen, um Mietenden noch | |
mehr Geld aus ihren Taschen zu ziehen“, so der Beamte. | |
Reiner Wild vom Mieterverein betont zudem, dass die Mietpreisbremse auch | |
für Untermietsverträge gelte – und dass Mietpreise, die sich auf nicht | |
existentes Mobiliar berufen, hinfällig sind. Er fordert alle | |
Blaczko-Mieter:innen mit fragwürdigen Verträgen auf, sich mit dem | |
Mieterverein in Verbindung zu setzen. | |
## Für die taz nicht zu sprechen | |
Die Hausverwaltung schreibt, niemand sei „bedroht, gedrängt oder gezwungen“ | |
worden, Verträge zu unterzeichnen. „Wer so etwas behauptet, hat noch nie | |
eine Wohnung in Berlin suchen müssen“, kommentierte dies Mio Decker von der | |
Mieter:innengewerkschaft. Der Wohnungsmarkt zwinge Mietende, „alles | |
anzunehmen, Hauptsache, es hat vier Wände“. Blaczko würde die | |
„Verzweiflung“ der Mieter:innen „schamlos“ ausnutzen. | |
Doch letztlich fehlen nach dem Wegfallen des Mietendeckels schlicht die | |
Regularien. So greift die Mietpreisbremse nur für Wohnungen, die nach dem | |
1. Juni 2015 vermietet wurden. Damit dürften auch Staffelmietverträge mit | |
dem Recht konform gehen, obwohl sich deren Mieten in Einzelfällen um bis zu | |
16 Prozent pro Jahr erhöhen sollen. Aus einem der taz vorliegenden Vertrag, | |
in dem eine jährliche Mieterhöhung von 4,5 bis 8 Prozent vorgesehen ist, | |
ergibt sich für 2030 eine Kaltmiete von fast 750 Euro – für 1,5 Zimmer auf | |
37 Quadratmetern. | |
Firmenbesitzer Uscher Blaczko war für die taz nicht zu sprechen. Die | |
Hausverwaltung schreibt, „direkter Kontakt“ sei „selten“. | |
Richtigstellung | |
In einer früheren Version schrieben wir, dass die Blaczko GmbH & Co. | |
Vermögensverwaltungsgesellschaft KG ihren Sitz im Steuerparadies Florida | |
(USA) habe. Das war falsch. Die Firma hat ihren Sitz in Berlin. Die | |
Redaktion. | |
27 May 2021 | |
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## AUTOREN | |
Timm Kühn | |
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