# taz.de -- Konzeptpapier der Hamburger CDU: Alle wollen's grün | |
> Nach Grünen, Handelskammer und SPD stellt auch die CDU ein Konzept vor, | |
> um die Hamburger Innenstadt grüner und damit attraktiver zu machen. | |
Bild: Flanieren im Naherholungsgebiet City: So stellt sich die CDU die Zukunft … | |
HAMBURG taz | Dennis Therings Hamburg von morgen ist ein Naturidyll von | |
gestern. Auf den Computeranimationen, die er zeigt, teilen sich entspannte | |
Fußgänger die begrünte Willy-Brandt-Straße mit Fahrrädern, Baumreihen, | |
Blumenkübeln. Auch der Ballindamm ist ein üppig bewaldeter Treffpunkt für | |
Flaneure, Kanus, Sonnenanbeter. Und selbst die Mönckebergstraße lädt zum | |
Spaziergang. Busse dagegen, fahrende Autos, geschweige denn stehende, sind | |
auf den Illustrationen des Innenstadtkonzepts der | |
CDU-Bürgerschaftsfraktion, die ihr Chef am Montag am Domplatz präsentierte, | |
nicht zu sehen. Zumindest nicht auf den ersten Blick. | |
Und mit der Idee von einem Naherholungsgebiet in der City ist die CDU nicht | |
allein: Wer die Verkehrsvisionen großer Parteien und Institutionen glaubt, | |
darf sich schließlich schon bald in einer Metropole mit grüner Lunge | |
wähnen. Um es attraktiver zu machen, wollte die grüne Vize-Bürgermeisterin | |
Katharina Fegebank vor der Wahl 2020 „mehr Platz für Kommunikation, | |
Fußgängerzonen, Spielmöglichkeiten für Kinder und Grünflächen“. | |
Parallel zum Positionspapier der Handelskammer, das die Innenstadt „auf dem | |
Weg in ihre Zukunft“ bis 2040 in einen „innovativen, attraktiven und | |
nachhaltigen Unternehmens- und Wohnstandort“ verwandeln will, plädierte | |
kürzlich auch die SPD für „mehr Vielfalt, mehr Leben, mehr Kultur, mehr | |
Wohnen und mehr Qualität im öffentlichen Raum“. | |
Jetzt also zieht die größte Oppositionspartei mit einer 39-seitigen | |
Hochglanzbroschüre nach, in der das kleine Wörtchen „mehr“ noch öfter | |
vorkommt als das wuchtige Kürzel CDU. Mehr Shopping, mehr Wohnen, mehr | |
Mobilität, mehr Kultur, mehr Aktivitäten, mehr Gastronomie, mehr | |
Nachhaltigkeit, mehr Senioren, Studierende, Kinder, mehr Sportplätze, mehr | |
Geschichte, mehr WLAN, mehr Leben – also alles ein bisschen mehr Barcelona | |
als Burchardplatz, auf dessen weltkulturerbegesäumtem Parkplatz sich das | |
Elend jahrzehntelanger Klientelpolitik zugunsten des Pkw manifestiert. | |
## Alternative Fortbewegungsmittel | |
Um solche Denkmäler der Freien und Autostadt Hamburg zu stürzen, fordert | |
die stadtentwicklungspolitische CDU-Sprecherin Anke Frieling, müsse der | |
Bereich rund um die Binnenalster „Chefsache werden“. Ähnlich wie das | |
Management der HafenCity GmbH, soll sich fortan ein Innenstadtbeauftragter | |
„mit konzentrierter Kraft, politischen Kompetenzen und finanziellen | |
Ressourcen“ fürs „Herzstück Hamburgs stark machen“. Und das beinhaltet | |
explizit, alternative Fortbewegungsmittel zu fördern. | |
„Je mehr Verkehr, desto weniger Attraktivität“, meint CDU-Fraktionschef | |
Thering und rät zu Fahrrad, Fußweg, ÖPNV. Ausgerechnet jene Partei, die den | |
vorigen Bürgerschaftswahlkampf auch wegen ihrer strikten PS-Kampagne | |
verloren hatte, wendet sich vom Fetisch des bundesdeutschen | |
Wirtschaftswunders ab? | |
Das klingt fast schon grün für Schwarze – wäre da nicht der Weg zum Ziel. | |
Während die Innenstadt aus Sicht der Grünen und Teilen der SPD für | |
Klimaziele, Anziehungskraft und Lebensqualität größtenteils autofrei sein | |
müsse, bevorzugt Thering ein „gleichberechtigtes Nebeneinander aller | |
Verkehrsmittel“. Dafür will er nicht nur verkehrsberuhigte Zonen und | |
Intervallanfahrten, sondern auch Tangenten wie die Willy-Brandt-Straße | |
untertunneln und Parkplätze gleich mit. „Das ist kostenintensiv“, weiß der | |
gelernte Bankkaufmann. | |
Auch dass die historische Altstadt dank der Versorgungsleitungen, | |
Bahntunnel, archäologischen Funde unterirdisch heikel ist, räumt Thering | |
ein. Aber Visionen, das gilt auch für illusionäre, dürften die Realität | |
ruhig herausfordern. Deshalb schwebt der CDU eine große Markthalle nach | |
spanischem Vorbild vor, mit Kultur im Inneren und Stadtgrün davor. Schöne | |
Idee. Mal sehen, wo der Innenstadtbeauftragte Platz dafür findet. | |
18 May 2021 | |
## AUTOREN | |
Jan Freitag | |
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