# taz.de -- Militärregime in Myanmar: Mit dem Segen der Mönche | |
> Nach dem Putsch kooperieren einige Äbte mit dem Militär. Ihre | |
> gesellschaftliche Rolle im mehrheitlich buddhistischen Myanmar hat sich | |
> gewandelt. | |
Bild: Mönche nach dem Putsch bei den Protesten für die Freilassung von Aung S… | |
Berlin taz | Als Myanmars Militär am 1. Februar putschte und zahlreiche | |
Politiker, einschließlich der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, | |
festnahm, verschleppte es auch drei bekannte buddhistische Mönche. | |
Sie hatten bei der sogenannten Safran-Revolution 2007 gegen die damalige | |
Militärdiktatur eine führende Rolle gespielt. Eine Wirtschaftskrise hatte | |
damals eine Mönchsrevolte im „Land der Pagoden“ ausgelöst, wo fast 90 | |
Prozent der Bevölkerung buddhistisch sind. Zu Tausenden gingen Mönche auf | |
die Straße und drehten ihre Almosenschalen für Militärangehörige um – und | |
verweigerten ihnen damit eine Verbesserung ihres Karmas. Doch die Generäle, | |
die sich als Schutzmacht des Buddhismus sehen, brachen innerhalb von zehn | |
Tagen den Widerstand der Klöster. Mönche wurden verhaftet und gefoltert. | |
Auch an den jetzt seit mehr als zweieinhalb Monaten andauernden | |
Massenprotesten gegen den Militärputsch sind Mönche beteiligt, vor allem in | |
Mandalay, dem spirituellen Zentrum von Myanmars Buddhismus. Doch hat das | |
Militär einige prominente Äbte für sich vereinnahmt. Schon 2017 genoss das | |
Militär die Rückendeckung des konservativen buddhistischen Klerus, als es | |
die muslimischen Rohingya zu Hunderttausenden aus dem Land trieb. | |
Putschgeneral Min Aung Hlaing inszeniert sich als gläubiger Buddhist und | |
nobler Spender für die weltgrößte Buddhastatue aus Marmor. Er lässt sich | |
mit führenden Äbten ablichten, um zu zeigen, dass er ihren Segen hat. | |
## Rechte Mönche in der Mehrheit | |
So traf er sich ausgerechnet am Feiertag der Streitkräfte, am 27. März, als | |
das Militär eine besonders [1][große Zahl an Demonstrant:innen tötete], | |
mit dem Führer des staatlichen Saha Maha Nayaka Komitees (Mahana), der | |
nationalen Organisation buddhistischer Äbte. Sie untersteht dem | |
Religionsministerium und wurde 1980 zur Kontrolle und Ausbildung der | |
300.000 Mönche und 50.000 Nonnen in Myanmars Klöstern gegründet. 2007 fiel | |
das 47-köpfige Mahana den protestierenden Mönchen in den Rücken, indem es | |
ihnen politische Stellungnahmen verbot. | |
Dabei hätte Mahana jetzt selbst fast Stellung genommen. Das Führungsorgan | |
der Äbte entwarf lokalen Medienberichten zufolge am 16. März eine kritische | |
Erklärung, welche die Generäle zum Ende der Gewalt sowie zum Dialog | |
aufrief. Zugleich wollte es bis zur Rückkehr zur Normalität nicht mehr | |
tagen, was eine [2][Unterstützung der Streiks] gewesen wäre – für das | |
konservative Gremium ein mutiger Schritt. Doch sollte der Entwurf erst dem | |
Religionsministerium vorgelegt werden, berichtete das Webportal Myanmar Now | |
unter Berufung auf einen beteiligten Abt. | |
Offenbar wurde der Entwurf zurückgezogen. Statt die Erklärung abzugeben, | |
erteilte der Mahana-Vorsitzende, Abt Bhaddanta Kumara Bhivasama, dem | |
Putschführer Min Aung Hlaing zehn Tage später durch ein öffentliches | |
Treffen quasi die Absolution. Gleichzeitig zirkulierten Vorwürfe, führende | |
Mönche sollen die Generäle sogar astrologisch beraten haben, wann die Zeit | |
für einen Putsch besonders günstig sei. | |
„Äbte wie Bhaddanta Kumara Bhivasama haben stark an Glaubwürdigkeit | |
verloren,“ sagt der Politikanalyst Khin Zaw Win vom Tapadipa-Institut | |
(Yangon) der taz, „erst recht nach den vielen Tötungen.“ Sie hätten schon | |
[3][gegenüber den Rohingya versagt] und ihre Stimmen deshalb inzwischen | |
deutlich an Gewicht verloren. | |
„Viele führende Äbte verbindet ihr buddhistischer Nationalismus mit den | |
Generälen“, sagt der Aktivist Sai in Yangon, der seinen vollen Namen nicht | |
nennen möchte. Im Unterschied zu Khin Zaw Win hat er beim buddhistischen | |
Klerus in den letzten Jahren einen Rechtsruck ausgemacht. Rechte Mönche | |
bildeten heute die Mehrheit, glaubt er. | |
Trotz einiger Mönche, die sich in der Protestbewegung engagierten und | |
einiger Klöster, die Erstehilfestationen für Demonstrant:innen | |
einrichteten, sei der buddhistische Klerus insgesamt „eine große | |
Enttäuschung“, sagt auch Maung Zarni. Der birmesische | |
Politikwissenschaftler, der in den 1990er Jahren im US-Exil die Burma | |
Campaign gründete und jetzt von London aus in der Organisation Kräfte der | |
Erneuerung Südostasiens (Forsa) aktiv ist, sagt: „Es sieht so aus, als habe | |
das Regime die Führung der Mönche auf Linie gebracht.“ Im Unterschied zum | |
buddhistischen Klerus seien die Katholischen und die Baptistischen Kirchen | |
sehr aktiv dabei, friedliche Demonstranten vor der Gewalt des Militärs zu | |
schützen. | |
23 Apr 2021 | |
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## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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