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# taz.de -- Asean-Notgipfel zu Myanmar: Samthandschuhe für den Putschführer
> Myanmars Juntachef tritt beim Treffen der Asean-Staaten erstmals in zivil
> auf. Die Gipfelteilnehmer fordern ein Ende der Gewalt, bleiben aber
> zurückhaltend.
Bild: Bemüht um Anerkennung: Myanmars Juntachef Min Aung Hlaing (links)
Berlin taz | Die Bürger Myanmars kennen General Min Aung Hlaing nur in
Militäruniform. Seit der verhasste Führer des Putsches vom 1. Februar auf
sein Volk schießen lässt, haben Militär und Polizei laut der lokalen
Menschenrechtsorganisation AAPP mindestens 748 Menschen getötet.
Doch bei seiner ersten Auslandsreise als Juntachef am Samstag präsentierte
er sich beim Sondergipfel der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean
in Indonesiens Hauptstadt Jakarta in zivil. Zwar fielen die Gastgeber beim
Asean-Sekretariat nicht darauf herein und führten Min Aung Hlaing als
Armee- und nicht als Regierungschef. Doch gaben sich die Vertreter der
anderen neun Staaten mit einem wolkigen „5-Punkte-Konsens“ zufrieden, der
vor allem Wunschdenken zeigt.
Dabei hatten bei dem Treffen hinter verschlossenen Türen einige der
südostasiatischen Staats- und Regierungchefs nach eigenen Angaben deutlich
gemacht, dass sie wenig von dem [1][Putsch in Myanmar] hielten. Wegen
erwarteter Flüchtlinge und humanitärer Not fürchten sie eine
Destabilisierung der Region. Sie wollen auch gefordert haben, die
politischen Gefangene in Myanmar, bisher mehr als 3.300 einschließlich der
früheren faktischen Regierungschefin Aung San Suu Kyi, sofort freizulassen.
Doch in der offiziellen Gipfelerklärung findet sich davon kaum etwas. Als
Konsens wird benannt: 1. Ende der Gewalt bei größtmöglicher Zurückhaltung
aller, 2. konstruktiver Dialog der Konfliktparteien, 3. Vermittlung durch
einen Asean-Sonderbotschafter, 4. humanitäre Hilfe der Asean-Staaten für
Myanmar und 5. Besuch des Sonderbotschafters in Myanmar.
## Kein Wort von Min Aung Hlaing
Von einer Verteilung des Putsches oder gar von möglichen Sanktionen bei
Nichtbefolgung der Beschlüsse ist nicht die Rede. Die Forderung nach
Freilassung von Gefangenen wird als Meinungsäußerung dargestellt. Nicht
erwähnt wird Myanmars am 16. April gegründete Gegenregierung, die eine
Festnahme und Anklage Min Aung Hlaings („Terrorist“, „Krimineller“) wie
ihre eigene Einladung als gewählte Vertreterin des Volkes zu dem Gipfel
gefordert hatte.
Das ist nicht verwunderlich, da zu Asean autoritär regierte Staaten wie
Thailand, Vietnam, Laos, Kambodscha und Brunei zählen. Und in den zwar
demokratisch verfassten Philippinen wurden beim dortigen „Krieg gegen die
Drogen“ bisher mehr Zivilisten getötet als seit dem Putsch in Myanmar.
Juntachef Min Aung Hlaing äußerte sich zum Gipfel bisher nicht. Myanmars
vom Militär kontrolliertes Fernsehen berichtete nur, er habe den Nachbarn
seinen Standpunkt dargelegt. Malaysias Premier Muhyiddin Yassin räumte ein,
der General sei weder auf die Forderungen konkret eingegangen noch habe er
direkte Zusagen gemacht, doch habe er auch nicht widersprochen.
Dabei wurde er offenbar mit Samthandschuhen angefasst. Laut Muhyiddin
hätten die Gipfelteilnehmer versucht, die Junta nicht zu sehr zu
beschuldigen. „Uns ist es egal, wer sie verursacht, wir betonten nur, dass
die Gewalt enden muss“, sagte Muhyiddin. Für den Juntachef sei es die
andere Seite, die die Probleme verursache. „Wenn das der Fall ist, hoffen
wir, dass er einen Weg finden wird, es zu stoppen,“ so Malaysias Premier.
## Gegenregierung äußert sich positiv
Trotzdem sind die sechs anwesenden Staats- und Regierungschefs sowie drei
Außenminister – gemessen an den niedrigen Asean-Standards – recht deutlich
geworden. In der Gemeinschaft ist es üblich, innenpolitische Verhältnisse
der Nachbarn gar nicht zu thematisieren, nur im Konsens zu entscheiden und
meist unverbindlich zu bleiben.
Sogar der Sprecher von Myanmars Gegenregierung, Dr. Sasa, der nur einen
Namen hat, begrüßte den Konsens vorsichtig: „Wir erwarten jetzt klare
Aktionen Aseans im Hinblick auf die eigenen Beschlüsse“.
Andere äußerten sich weniger diplomatisch: „Eine Freilassung der Gefangenen
ist eine notwendige Voraussetzung für die Beendigung der Gewalt,“ sagte der
oppositionelle malaysische Abgeordnete Charles Santiago. „Asean muss jetzt
einen konkreten Zeitplan aufstellen und bei Nichteinhaltung Min Aung Hlaing
zur Verantwortung ziehen.“
Phil Robertson von Human Rights Watch erklärte: „Für mich sieht es nach
einem Zeitgewinn von General Min Aung Hlaing und der Junta aus, sie
reduzieren den Druck, um die Protestbewegung fertig machen zu können.“
25 Apr 2021
## LINKS
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## AUTOREN
Sven Hansen
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