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# taz.de -- Ex-Soldat verbrennt sich in Israel: Gedenktag überschattet
> In Israel wird der im Krieg gefallenen Soldaten gedacht – wie jedes Jahr.
> Doch diesmal versetzt ein tragischer Vorfall das Land in Aufruhr.
Bild: Das Land steht still, wenn die Sirenen erklingen: israelischer Soldat bei…
Tel Aviv taz | Es sollte ein Gedenktag wie jedes Jahr werden. Seit
Dienstagabend gedenkt Israel seiner im Krieg gefallenen Soldat*innen. Das
Land steht still, wenn die Sirenen erklingen. Auf den Friedhöfen erinnern
Politiker*innen und Familienangehörige an die Verstorbenen. In Schulen
finden Zeremonien statt und in den Medien wird aktuell über vergangene
Kämpfe und Gefallene berichtet.
Doch dieses Jahr hat die Selbstverbrennung eines ehemaligen Soldaten das
Land in Aufruhr versetzt. Am Montagabend hatte sich Itzik Saidian, ein
26-jähriger ehemaliger Soldat der militärischen Einheit Golani-Brigade, vor
einer Außenstelle des Verteidigungsministeriums nahe Tel Aviv in Brand
gesetzt. Saidian kämpfte im Gazakrieg 2014 auf der israelischen Seite gegen
die Hamas im Gazastreifen. Er befindet sich derzeit mit schweren
Verbrennungen in kritischem Zustand in einem Krankenhaus.
„Ich habe sieben meiner Freunde innerhalb von drei Stunden nach Beginn der
Kämpfe [im Gazakrieg, Anm. d. R.] verloren und kämpfte noch zweieinhalb
Wochen weiter“, sagte Saidian 2019 in einem Fernsehinterview mit dem
Fernsehsender Channel 12. In dem Krieg wurden etwa 2.250
Palästinenser*innen und 74 Israelis, die meisten von ihnen
Soldat*innen, getötet.
Saidian entwickelte eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Zwar
hatte das Verteidigungsministerium diese mit einer 25-prozentigen
Behinderung offiziell anerkannt. Zuletzt hatte es laut der Zeitung Yediot
Aharonot jedoch mehrfach Anträge auf Erhöhung des Prozentsatzes abgelehnt.
Saidians Freund*innen sagen, dass Saidian sich in jedem Kontakt mit dem
Verteidigungsministerium erniedrigt gefühlt habe. Dies und eine harte
Lebensphase hätten ihn wohl an den Rand der Verzweiflung gebracht. Saidians
Schwester Lea Saidian berichtete gegenüber Channel 12: „Er sprach immer
wieder davon, wie seine Freunde in einem Jeep verbrannten, und sagte:
‚Warum bin ich nicht verbrannt?‘“
Netanjahu kündigt „vollständige Reform“ an
Die Unterstützung, die das israelische Verteidigungsministerium verwundeten
Soldat*innen zukommen lässt, gilt im Allgemeinen als sehr gut. Die
Geschichte von Saidian jedoch wirft das Licht auf diejenigen, die
psychische Probleme aus ihren Einsätzen davontragen und nicht die nötige
Unterstützung erhalten.
Viele, die mit der zuständigen Abteilung zu tun haben, bezeichnen sie als
bürokratisch und ineffektiv. „Du hast eine halbe Stunde Zeit, um zu
erklären, was du in den letzten fünf Jahren durchgemacht hast“, erklärte
Saidian 2019 in dem Fernsehinterview mit Channel 12 in Bezug auf das
Vorgehen des Komitees des Verteidigungsministeriums, das über seinen Grad
der Behinderung entscheidet.
Insgesamt sind posttraumatische Belastungsstörungen bei 142
Ex-Soldat*innen, die am Gazakrieg beteiligt waren, anerkannt. Die NGO
Natal, die Unterstützung für diejenigen bietet, die von kriegs- und
terrorbedingten Traumata in Israel betroffen sind, geht jedoch davon aus,
dass die tatsächliche Zahl derer, die nach dem Gazakrieg eine PTBS
entwickelt haben, weit höher liegt.
Armeechef Aviv Kochavi betonte in einer Reaktion auf den Vorfall, Israel
stehe tief in der Schuld derjenigen, die ihr Leben für den Staat riskieren.
„Unter unseren Kämpfern und Reservisten gibt es jene, deren Verletzungen
nicht gesehen werden können. Sie tragen die Narben des Kampfes über Jahre
hinweg in ihren Köpfen. Wir müssen alles uns Mögliche tun, um für sie zu
kämpfen.“
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte, er sei von dem Vorfall „sehr
schockiert“ und entschlossen, eine „vollständige Reform“ der Versorgung …
behinderten und verletzten Veteranen voranzutreiben. Verteidigungsminister
Benny Gantz kündigte eine „sorgfältige Untersuchung“ zu den Ursachen des
Vorfalls an.
14 Apr 2021
## AUTOREN
Judith Poppe
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Israel
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