| # taz.de -- Arbeitsbedingungen in der Pflege: Pflegekräfte, vereinigt euch! | |
| > Die Politik ringt um konkrete Verbesserungen in der Pflegebranche. Doch | |
| > selbst wenn daraus was wird: Pfleger*innen brauchen eine bessere | |
| > Lobby. | |
| Bild: Hohe Arbeitsbelastung: Pfleger auf der Intensivstation kümmert sich um e… | |
| Kein Wunder, dass viele Pflegekräfte zurzeit darüber nachdenken, ihren | |
| Beruf aufzugeben. Sie kümmern sich um das Wohlergehen anderer, Tag und | |
| Nacht, und gehen dabei regelmäßig über ihre eigene Belastungsgrenze hinaus. | |
| Nicht erst seit Beginn der Pandemie sind die Arbeitsbedingungen in der | |
| Pflege schlecht. Doch die Krise wirft ein Schlaglicht auf die Zustände in | |
| Kliniken und Pflegeeinrichtungen: massive Personalnot, hohe | |
| Arbeitsbelastung, schlechter Verdienst und zu allem Überfluss auch noch | |
| mangelnde Wertschätzung. | |
| Im gerade aufkommenden Wahlkampf ringt die Politik jetzt um [1][konkrete | |
| Verbesserungen in der Pflege] – nach über einem Jahr Pandemie. Doch selbst | |
| wenn tatsächlich etwas daraus wird, können sich die Pfleger*innen nicht | |
| darauf verlassen, dass sich auf Dauer andere für sie einsetzen. Die Pflege | |
| braucht eine eigene und vor allem eine bessere Lobby. Zu viel wird noch | |
| über die Pfleger*innen gesprochen, zu wenig mit ihnen. Ihre Interessen | |
| können sie als Betroffene aber am besten selbst vertreten. Die Abhängigkeit | |
| von der Einsicht der Entscheidungsträger*innen schmälert ihre | |
| Erfolgsaussichten. | |
| Doch es mangelt den Pflegekräften an schlagkräftigen Organisationen. Zwar | |
| gibt es zahlreiche Verbände für Pflegeberufe in Deutschland – doch ihre | |
| Namen kennt in der breiten Öffentlichkeit kaum jemand. Sie sind zu | |
| heterogen, zu zersplittert, um für die Pflege mit einer starken Stimme zu | |
| sprechen. Ähnliches gilt für Berufskammern, die es nur in wenigen | |
| Bundesländern gibt. | |
| ## Auf die Politik zu warten, ist zu wenig | |
| Erst kürzlich wurde auf Wunsch der Mitglieder beschlossen, die | |
| niedersächsische Pflegekammer aufzulösen, und auch die [2][Pflegekammer in | |
| Schleswig-Holstein] steht nach einem Mitgliedervotum vor dem Aus. Für | |
| Ablehnung hatte vor allem der Zwangsbeitrag gesorgt, den die | |
| Pfleger*innen von ihrem ohnehin viel zu niedrigen Gehalt zahlen mussten. | |
| Wenngleich der Ärger darüber verständlich ist: Pflegekammern stärken nicht | |
| nur die Selbstbestimmung der Pflege, sie bringen die Pflegenden auch mit an | |
| den politischen Verhandlungstisch. Dort gehören sie hin, dort müssen sie | |
| ihre Interessen und ihr Fachwissen einbringen können. Pflegekammern geben | |
| den Pfleger*innen eine starke Stimme, sie erhöhen ihre Wahrnehmung in | |
| der Gesellschaft. Aber: Sie verhandeln keine Tarife. Um bessere | |
| Arbeitsbedingungen und höhere Löhne zu erstreiten, bräuchte es daher | |
| zusätzlich ein stärkeres gewerkschaftliches Engagement. Bislang sind nur | |
| wenige Pfleger*innen gewerkschaftlich organisiert. | |
| Im stressigen Arbeitsalltag von Pflegenden mag wenig Zeit und wenig Kraft | |
| bleiben für berufspolitisches Engagement. Doch auf die Politik zu warten, | |
| ist zu wenig, das ist vor allem zu oft vergeblich. Als größte Berufsgruppe | |
| im Gesundheitswesen können und sollten die Pflegenden selbstbewusst für | |
| ihre Interessen einstehen und Veränderungen einfordern. Die Pandemie – die | |
| nicht nur die Missstände, sondern auch die Bedeutung des Pflegeberufs | |
| eindrücklich gezeigt hat – wäre ein idealer Zeitpunkt. | |
| 4 May 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Alena Weil | |
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