# taz.de -- Gesellschaftliches Bild der Periode: Menstruation ist kein Makel | |
> Wird öffentlich über Menstruation gesprochen, geht es meist um Negatives. | |
> Dabei ist der natürliche Zyklus Ausdruck von Leben. | |
Bild: Menstruation ist keine Krankheit | |
Über die Menstruation und den Zyklus lässt sich viel sagen. Zum Beispiel, | |
dass jede Veränderung des Zyklus, jede Zwischenblutung, etwas über die | |
Geschehnisse im Leben aussagen kann, jede Veränderung des Zyklus Körper, | |
Psyche und Geist beeinflusst – und andersherum. Die Farbe des Blutes hat | |
Bedeutung, die Menge, die Konsistenz. Der Zyklus lässt sich wie ein Buch | |
lesen, auch ohne Labor und Mikroskop. Es gibt menstruierende Personen, die | |
ihre Termine danach ausrichten, wann sie ihren Eisprung haben, einer Zeit | |
im Zyklus, in der die Energielevel höher sein können als an anderen Tagen. | |
Die Lust auf Sex auch. | |
[1][Die Menstruation] ist vollkommen, sie ist ein Auf und Ab, ein Anfang | |
und ein Ende, ist Licht und Schatten, Niedergang und Aufbruch zugleich, | |
trägt alles in sich, was Leben ist, was Leben ausmacht. | |
Doch wenn öffentlich über [2][Menstruation gesprochen wird, dann meistens | |
negativ]. Die „negativen“ Aspekte des Zyklus können wahrscheinlich die | |
meisten nennen: Schmerzen, Stimmungsschwankungen, überquellender | |
Badezimmermüll. | |
Zur gesellschaftlichen Perspektive auf die Menstruation gibt es eine Reihe | |
von Untersuchungen. In einer Zusammenfassung verschiedener Studien zur | |
Menstruation [3][schreibt Maureen C. McHugh], Psychologin an der | |
Universität von Indiana, dass die Gesellschaft Menstruation als etwas | |
Negatives „konstruiert“. Und sie damit mit Scham und Makel belegt. | |
## Der Zyklus ist individuell | |
Was für historische und religiöse Wurzeln dieser verhängnisvolle | |
Zusammenhang hat, soll hier nicht Thema sein. Aber er wird immer weiter | |
reproduziert. So schreibt McHugh, dass Medien und Öffentlichkeit, zum | |
Beispiel in den USA, Menstruation als „unerwünscht“ beschreiben, und damit | |
insbesondere prämenstruelle Frauen als „gewalttätig, irrational, emotional | |
labil, außer Kontrolle und körperlich oder psychisch krank“ darstellen. | |
Natürlich gibt es Menschen, die an der Menstruation leiden, die Schmerzen | |
haben, emotional und körperlich. Ihr Leid muss ernst genommen werden. Das | |
Verhältnis einer Person zu ihrem Zyklus ist etwas zutiefst Individuelles | |
und muss auch als solches anerkannt und respektiert werden. | |
Aber weiterhin besteht der große Irrtum, dass Menstruation etwas | |
grundsätzlich Belastendes sei. Da wundert es nicht, dass [4][ein paar | |
Männer auf die Idee kommen, ein Produkt zu erfinden,] das diese „Last“ | |
erleichtert. Das Problem sind nicht diese paar Männer. Das Problem sind das | |
Tabu und das Narrativ, die die Menstruation seit Jahrhunderten begleiten. | |
Menstruation ist kein Makel und bedarf auch keiner Scham; der natürliche | |
Zyklus, und alles, was ihn begleitet, ist Ausdruck von Leben und | |
Lebendigkeit. Er ist keine Krankheit, keine Aberration von der Norm. Das | |
Auf und Ab der Hormone, das Zusammenspiel von Uterus und Eierstöcken | |
erscheint in seiner Sensibilität und in seiner Stärke fast wundersam. All | |
das muss mit nichts überdeckt werden. | |
26 Apr 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Kostenlose-Periodenprodukte/!5738219 | |
[2] /Australischer-TV-Spot-zu-Menstruation/!5627751 | |
[3] https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/978-981-15-0614-7_32.pdf | |
[4] /Kritik-an-Pinky-Gloves/!5761099 | |
## AUTOREN | |
Gilda Sahebi | |
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