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# taz.de -- Straßenumbenennung in Berlin: Koloniale Atmosphäre ist verpufft
> Vom Hermannplatz zweigt nun die Lucy-Lameck-Straße ab. Damit ist die nach
> einem Kolonialverbrecher benannte Wissmannstraße in Neukölln Geschichte.
Bild: So jetzt nicht mehr – diese Straße heißt nun nach Lucy Lameck
BERLIN taz | Bei [1][Google Maps] ist die Umbenennung schon vollzogen: Wer
dort am Donnerstag nach der Neuköllner Wissmannstraße sucht, bekommt zwar
eine Wegbeschreibung, die endet jedoch wie selbstverständlich an der
Lucy-Lameck-Straße. Auch in den Online-Stadtplänen ist der neue Name der
Straße, die sich vom Hermannplatz bis hoch zur Karlsgartenstraße zieht,
schon eingetragen. Offiziell und feierlich umbenannt wird die Straße zwar
erst am heutigen Freitag um 16 Uhr. Wissmann jedoch ist aus dem Neuköllner
Stadtbild bereits verschwunden.
Denn auch an der Straße selbst sind die Schilder am Donnerstagvormittag
schon abmontiert, auch hier sucht man vergebens nach dem alten Namen, aber
auch die Lucy-Lameck-Straße ist noch nicht sichtbar. Unscheinbar, bei
näherem Betrachten aber doch prägnant, hebt sich im 90-Grad-Winkel zum
Straßenschild der Karlsgartenstraße eine strahlend silbrige, neu
angebrachte Halterung vom Himmel ab. Vermutlich wird das neue Schild hier
anmontiert.
Jene Befestigungsmöglichkeit markiert also das Ende einer Ära, in der die
Straße durch ihren ehemaligen Namensgeber, Hermann von Wissmann (1853–1905)
und die zivilgesellschaftliche Kritik an ihm geprägt war. Der
Reichskommissar und Gouverneur des damaligen Deutsch-Ostafrika (heute
Tansania, Burundi und Ruanda) hat mit seinen militärischen Expeditionen in
den deutschen Kolonien schwerste Verbrechen begangen. Er führte einen
gewaltsamen Feldzug gegen die Bevölkerung, plünderte Dörfer, setzte sie in
Brand und schlug Widerstände brutal nieder.
Nach jahrezehntelangen Bemühungen des Vereins Berlin Postkolonial, der sich
für die Umbenennung zur Würdigung von Opfern und Gegner*innen des
deutschen Kolonialismus engagiert hat, ändert der Berliner Bezirk Neukölln
nun den Straßennamen. Die neue Namensgeberin ist Lucy-Lameck (1934–1993),
die erste Frau im Regierungskabinett Tansanias. Sie setzte sich als eine
der wichtigsten afrikanischen Vorkämpferinnen für die Rechte der Frauen im
20. Jahrhundert ein.
## Weitere Umbenennungen in Planung
Neukölln ist nach Friedrichshain-Kreuzberg, wo bereits 2010 das
[2][Gröbenufer in May-Ayim-Ufer] umbenannt wurde, der zweite Bezirk, der
eine solche Straßenumbenennung vornimmt. Ähnliche Pläne gibt es in Mitte
und in Charlottenburg-Wilmersdorf (dort gibt es auch noch eine
[3][Wissmannstraße]).
Am Donnerstagvormittag ist auf der Lucy-Lameck-Straße kaum Betrieb. Die
Straße ist wenig befahren, mal kreuzt eine Kindergartengruppe, mal ein
älterer Herr. Es rumpelt, wenn ein Kleintransporter über das
Kopfsteinpflaster fährt. Die kolonialistische Atmosphäre scheint durch das
fehlende Straßenschild verpufft zu sein.
Im vergangenen Jahr sagte Cordula Klein, Fraktionsvorsitzende der SPD in
der [4][BVV Neukölln] und stellvertretende Vorsitzende des
Bildungsausschusses, der taz, dass Spaziergänger*innen stehen bleiben
sollten, um zu überlegen, warum die Straße umbenannt wurde. Das wäre
wünschenswert – vielleicht tut das auch jemand, sobald hier die
angekündigte Stele steht. Doch wegen eines fehlenden Straßenschilds schaut
sich hier noch niemand verwirrt um. Doch so unscheinbar und unbemerkt, wie
sich der neue Straßenname in die Onlinekarten und das Straßenbild einfügt,
so markant bleibt doch das Zeichen gegen Kolonialpropaganda.
23 Apr 2021
## LINKS
[1] https://www.google.com/search?client=firefox-b-e&q=lucy-lameck-stra%C3%…
[2] /Der-Kolonialist-des-Kurfuersten/!488930/
[3] /Dekolonisierung-in-Berlin/!5757022
[4] /Schnelle-Strassenumbenennung-in-Berlin/!5731548
## AUTOREN
Jacqueline Dinser
## TAGS
Deutscher Kolonialismus
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Neukölln
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Umbenennung
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