# taz.de -- Musiktipps der Woche: Angesagte Zeit | |
> Festivals beginnen, Festivals gehen zu Ende: Von Raketerei bis | |
> Maerzmusik. Außerdem hörenswert: Das neue ausufernde Album von Bell | |
> Orchestre. | |
Bild: Tritt mit ihrem Quartett beim Raketerei-Festival auf: Zuzana Leharová (A… | |
First things first. Das Raketerei-Festival beginnt nämlich schon heute am | |
Freitag (26.3.) um 12 Uhr. Also flott ins Programm geguckt: Da erwarten | |
einen zunächst Workshops. Schließlich will die [1][Raketerei] nicht nur 25 | |
Musikerinnen unterschiedlichster Genres Gelegenheit geben, ihr Publikum zu | |
finden. Es geht den Veranstalterinnen auch darum, sie bei der | |
Professionalisierung unterstützen. So widmen sich die Teilnehmerinnen | |
Fragen, wie sich zu Hause aufgenommene Musik radiotauglich bearbeitet | |
lässt. Oder wie man in der unübersichtlichen Medienwelt Aufmerksamkeit | |
generiert. | |
Ab 19 Uhr gibt es dann halbstündige Konzerte, etwa von der Loop-Künstlerin | |
MO XX (20 Uhr), bei der neben ihrer Stimme der Bass im Vordergrund steht. | |
Oder Donna Maya, die ihrem Theremin experimentelle Elektronik entlockt (21 | |
Uhr). Über vier Tage soll es nicht zuletzt um mehr Sichtbarkeit für Frauen | |
in der Musik gehen (Wer nur zuhören will, zahlt 24 Euro. Verabreden lohnt, | |
jedes weitere [2][Ticket] kostet nur 5 Euro; wer zudem an der Convention | |
teilnimmt, für die sind 59 Euro fällig). | |
## Zeitstück und „PRESENT“ | |
Eine der verblüffenden Einsichten des letztes Jahres war: Wenn nix | |
passiert, vergeht die Zeit auch nicht langsamer. Um Zeit geht es auch in | |
der Abschlussperformance TIMEPIECE des Avantgarde-Festival MaerzMusik. In | |
normalen Zeiten könnte man an diesem Zeitumstellungswochenende ja in der | |
monumentalen Industriearchitektur des Kraftwerks Berlin ein- und | |
auschecken: 30 Stunden lang gab es hier im Rahmen von The Long Now immer | |
ein abwechslungsreiches Programm. | |
Die Alternativlösung präsentiert sich zumindest als ähnlich ausgedehnte | |
Performance. Ab Samstag (27.3.) 20 Uhr werden 27 Stunden lang auf der | |
Drehbühne des Hauses der Berliner Festpiele Berliner*innen die Zeit | |
ansagen; dazu gibt es Kompositionen, zugeschaltet aus aller Welt. Der | |
[3][Ticketpreis] ist frei wählbar. Und was bei MaerzMusik schon | |
stattgefunden hat, ist bis zum Festivalende – teils auch länger – „On | |
Demand“ abrufbar; Timepiece allerdings, das ist ja der Punkt, gibt es nur | |
in Echtzeit zu erleben. | |
Ebenfalls am Samstag (27.3.) feiert die Musikvideoreihe „PRESENT“ ihren | |
Auftakt. Bis zum 1. Mai stellen jede Woche wechselnde Musiker, Schauspieler | |
und Künstler eine musikalisch-szenische Miniatur vor, die spiegelt, wie sie | |
von der aktuellen Krise betroffen sind. Präsentiert wird das vom freien | |
Theaterkollektiv Nico and the Navigators; diesmal ist das klassische Kuss | |
Quartett zu Gast (abrufbar über das [4][Radialsystem] ab 20 Uhr, bis 8. | |
Mai). | |
## Bell Orchstre: Hausmusik in Echtzeit | |
Zum Schluss noch ein besonderes, in seiner Musikalität in diesen wenig | |
gemeinschaftlichen Zeiten besonders tröstliches Schmankerl. Das | |
Allstar-Kollektiv Bell Orchestre, bei dem unter anderem die | |
Arcade-Fire-Mitglieder Sarah Neufeld (Violine) und Richard Reed Parry | |
(Bass) mitmischen, hat den Albumtitel „House Music“ (letzte Woche | |
erschienen bei Erased Tapes/Indigo) ganz wörtlich umgesetzt. Die Platte | |
wurde nämlich tatsächlich in Neufelds Landhaus in Vermont eingespielt, in | |
jedem, eigens für die Aufnahme miteinander verkabelten Zimmer spielte ein*e | |
andere*r – eine wunderbar ausufernde und einen mitreißende Improv-Session | |
in Echzeit. | |
Anschließend wurde die Aufnahme in Form gebracht, atmet aber trotzdem | |
Live-Energie, mit viel Sog und all den Haken, die dazu gehören. Der | |
dazugehörige Konzertfilm, mit dem das Bell Orchestre ihr erstes Album seit | |
zwölf Jahren vorstellt, wurde übrigens nicht in besagtem Haus in Szene | |
gesetzt, sondern in einem spätsommerlichen Wald – in monochromer Ästhetik | |
und doch so flirrend-psychedelisch, wie es den Klangschichten angemessen | |
ist. | |
Die präsentieren sich mal jazzy, dann wieder als postrockiger Drone und | |
manchmal gar als orchestral; vorangetrieben wird die angenehm | |
dahinfließende Musik von Stefan Schneiders großartigen Schlagzeugspiel. Das | |
Haldern Pop Festival präsentiert den sehenswerten 45-Minuten-Film ab | |
Samstag (27.3. um 20 Uhr, abrufbar 24 Stunden lang; [5][Zugang] für 10 | |
Euro). | |
26 Mar 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.raketerei.com/raketerei-female-in-music-festival/ | |
[2] http://www.raketerei.com | |
[3] https://www.berlinerfestspiele.de/en/maerzmusik/start.html | |
[4] http://www.radialsystem.de/programme/64864/233559/ | |
[5] http://stream.haldernpop.com/streams/house-music-at-southbank-centre | |
## AUTOREN | |
Stephanie Grimm | |
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