# taz.de -- Linkes Magazin „MicroMega“: Abgestoßen vom Fiat-Clan | |
> Die traditionsreiche linke Zeitschrift „MicroMega“ in Italien kämpft ums | |
> Überleben. Und setzt alles auf ihre Leser*innen. | |
Bild: Das aktuelle Heft von „MicroMega“ könnte auch das letzte sein | |
Rom taz | Wäre es nach dem bisherigen Verleger gegangen, dann wäre die | |
aktuelle Ausgabe der linken italienischen Debattenzeitschrift MicroMega die | |
letzte. Das Magazin, das seit 35 Jahren alle zwei Monate erscheint, sollte | |
sang- und klanglos vom Markt verschwinden. Ob es doch anders kommt, hängt | |
jetzt an den Leser*innen. | |
MicroMega sei das Forum der „aufklärerischen Linken“, so beschreibt Paolo | |
Flores d’Arcais, der Chefredakteur, sein gut 200 Seiten starkes Magazin. | |
Das Heft ist seit jeher dafür bekannt, dass es immer dezidiert Position | |
bezog: gegen den [1][Berlusconismus] genauso wie für einen radikalen | |
Laizismus. Man kreuzte die Klinge mit katholischen Positionen, wenn es zum | |
Beispiel um die Sterbehilfe ging – legte sich aber auch mit islamischen | |
Standpunkten an, etwa in der Schleierdebatte. | |
Jahrzehntelang genoss die Redaktion dabei völlige Freiheit, unter dem | |
Schirm eines der größten Zeitungsverlage des Landes, der Gruppe | |
L’Espresso-Repubblica. Dann fusionierte deren Eigner zunächst mit dem | |
Verlag der Fiat-Familie Agnelli-Elkann (er gibt unter anderem die Turiner | |
Tageszeitung La Stampa heraus) zur Gedi-Verlagsgruppe. Und trat schließlich | |
alle Anteile 2020 komplett an den Fiat-Clan ab. | |
In einem mehr als knappen Kommuniqué gab die Gedi-Gruppe im Dezember | |
trocken bekannt: MicroMega werde zum Jahresende eingestellt. Die | |
Zeitschrift passe nicht in „die unternehmerische und verlegerische | |
Planung“. | |
## „MicroMega“ muss es alleine schaffen | |
Gewiss, das Magazin war keine Geldmaschine, doch es war andererseits auch | |
kein Millionengrab. Deshalb drängt sich der Verdacht auf, dass der | |
Agnelli-Clan da einfach [2][eine linke Stimme] zum Schweigen bringen wollen | |
könnte. Erst einmal jedoch macht MicroMega weiter. Seit Donnerstag liegt | |
wieder eine aktuelle Ausgabe an italienischen Kiosken, mit der | |
Kommunistischen Partei als Titelthema. Diese Ausgabe lag offenbar schon | |
fast fertig bereit. | |
Wie es aber weitergeht, hängt nun von den Leser*innen ab. Flores | |
d’Arcais hat die Rechte am Titel erworben und einen neuen Verlag gegründet, | |
mit derselben vierköpfigen Redaktion. Gedi sichert für ein Jahr zu, die | |
Zeitschrift weiter zu drucken und zu vertreiben, unter der Bedingung aber, | |
dass für vier Jahre keine andere Verlagsgruppe als Partner an Bord kommt, | |
sprich: dass MicroMega auf sich gestellt bleibt. | |
Leser*innen sollen nun mit Abos oder mit großzügigen Spenden das | |
Überleben sichern. Für Mai ist ein Doppelheft geplant über 35 Jahre | |
MicroMega. Wie viele Jahre folgen, ist derzeit mehr als ungewiss. | |
23 Mar 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Berlusconi-und-Trump--ein-Phaenomen/!5721160 | |
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## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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