# taz.de -- berlinmusik: Im Dickicht des Drone | |
> Kratzig bis harmonisch: Das Drone-Album „Tkać“ von Marta Forsberg findet | |
> zu subtilen Verbindungen zwischen akustischen und elektronischen Klängen. | |
Bild: Hat gerade ihr neues Album „Tkać“ herausgegeben: Marta Forsberg | |
Wenn Musiker mit wenigen Tönen sehr viel machen, sie zum Beispiel lange | |
halten, was im Volksmund dann Drone genannt wird, gibt es aufseiten der | |
Leute, die dazu sinnvoll etwas zu Papier bringen sollen, immer ein bisschen | |
Sprachnot. Denn bei Musik, die sich mehr oder minder auf das Gestalten | |
eines Klangs beschränkt, geschieht nüchtern betrachtet nur sehr allmählich | |
überhaupt etwas. | |
Dass derlei Musik nicht allein den Versuch der Beschreibung, sondern auch | |
das Anhören lohnen kann, ist da zunächst ein uneingelöstes Versprechen an | |
die Leser. Bei Marta Forsberg, einer schwedisch-polnischen Komponistin mit | |
Wohnsitz Berlin, benötigt der eine oder die andere womöglich einiges an | |
Geduld für ihre Drone-Studien, die sie auf ihrem Album „Tkać“ vorstellt. | |
Doch die wird belohnt, sofern genügend innere Ruhe im Spiel ist. Mal eben | |
zwischendurch reinhören hat hingegen kaum Aussicht auf Gelingen. | |
Der Titel, polnisch für weben, gibt da womöglich eine kleine Hilfestellung, | |
wie man sich Forsbergs Musik nähern kann. So scheint der Ton, mit dem sie | |
in „LED and Love Sounds“, dem ersten der beiden Stücke, auf ihrer Geige | |
beginnt, erst einmal statisch vor sich hin zu schwingen. Dabei ist er in | |
ständiger Veränderung. | |
Unmerklich wird aus dem akustischen sogar ein elektronischer Klang, der | |
seine Textur weitet, bis Forsberg im letzten Viertel der 22 Minuten | |
anfängt, minimale Glissando-Harmonien und Melodien als Ausrutscher nach | |
unten und oben aus der ebenmäßigen Fläche herauszubilden. | |
Etwas rauer schrammen die Frequenzen im zweiten Stück „Weave and Dream“, | |
das Forsberg auf einem Synthesizer spielte. Die Drones erzeugen von Anfang | |
an ein Dickicht oder, um im Bild des Titels zu bleiben, ein enges Gewebe, | |
in dem sich immer wieder neue Harmonien wie Muster formieren. Manche davon | |
sind leicht dissonant, vielleicht wie kratziger Stoff, andere durchaus | |
harmonisch. Statisch ist die Sache nicht, sie geht bloß langsam vonstatten. | |
Und es reibt sich darin so viel, dass wenig Gefahr besteht, beim Zuhören | |
einzuschlafen. Selbst wenn man dabei träumt. | |
27 Mar 2021 | |
## AUTOREN | |
Tim Caspar Boehme | |
## TAGS | |
taz Plan | |
Kolumne Berlinmusik | |
elektronische Musik | |
Minimal Music | |
Experimentelle Musik | |
Kolumne Berlinmusik | |
taz Plan | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Debütalbum von Oskar Ich: Verdunsten in Berlin | |
Der Berliner Künstler Oskar Ich hat sein Debütalbum „Für immer Ich“ | |
veröffentlicht. Es enthält wabernden Sound und Texte über | |
Selbstoptimierung. | |
Neue Musik aus Berlin: Reise nach Italien | |
Der Rias Kammerchor widmet sich zusammen mit dem Ensemble Capella della | |
Torre den Italienischen Einflüssen in der Musik von Michael Praetorius. |