# taz.de -- Bei Regierungsbeteiligung im Bund: Kretschmann will Strompreise sen… | |
> Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident dringt auf niedrigere | |
> Strompreise nach der Bundestagswahl. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz | |
> nennt er „überkomplex“. | |
Bild: Möchte niedrigere Stompreise umsetzen: Baden-Württembergs Ministerpräs… | |
Stuttgart dpa | [1][Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried | |
Kretschmann] hat für den Fall einer grünen Regierungsbeteiligung im Bund | |
eine deutliche Senkung der hohen [2][Strompreise] angekündigt. „Wir werden | |
sicher, wenn wir die Bundestagswahl gewinnen sollten, Modelle entwickeln, | |
um die Strompreise weiter relevant zu senken“, sagte der Grünen-Politiker | |
der Deutschen Presse-Agentur dpa in Stuttgart. „Da immer mehr | |
elektrifiziert wird und immer mehr aus regenerativen Energien kommt, ist es | |
unsinnig, ausgerechnet den Strompreis mit so hohen Abgaben zu belegen, wie | |
wir sie heute haben. Das muss sich grundlegend ändern.“ | |
Kretschmann nannte zwei Stellschrauben: „Wir sollten beispielsweise die | |
Stromsteuer abschaffen.“ Der Ausfall von sechs bis sieben Milliarden Euro | |
müsse gegenfinanziert werden, etwa durch eine Anpassung des CO2-Preises. | |
Die Stromsteuer wird in der Regel beim Energieversorger erhoben, der sie | |
dann an den Verbraucher weitergeben kann. | |
Der Grünen-Politiker sagte zudem, auch die EEG-Umlage müsse weiter gesenkt | |
werden. Die Umlage zur Förderung des Ökostroms zahlen Verbraucher mit der | |
Stromrechnung. Sie liegt bei 6,5 Cent pro Kilowattstunde. Ein | |
Vier-Personen-Haushalt mit einem Verbrauch von 4000 Kilowattstunden pro | |
Jahr zahlt derzeit rund 260 Euro. | |
[3][Zehn Jahre nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima] und der | |
beschleunigten Energiewende in Deutschland erklärte der einzige grüne | |
Ministerpräsident, der Umstieg sei „in der Tat auch teuer, und hat über die | |
EEG-Umlage auch die Strompreise erhöht“. Man sei jetzt aber dabei, die | |
Strompreise wieder zu senken. „Ich erinnere an die beschlossene | |
CO2-Bepreisung. Ein guter Teil aus den Einnahmen geht in die Stabilisierung | |
und dann auch in die Absenkung der Strompreise. Da ist aber noch mehr | |
drin.“ Verkäufer der fossilen Brennstoffe Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel | |
müssen seit Anfang 2021 einen CO2-Preis zahlen. Es wird damit gerechnet, | |
dass einige Unternehmen ihre zusätzlichen Kosten an die Verbraucher | |
weiterreichen. | |
## Produktion von Windenergie billiger als Atomstrom | |
Kretschmann erklärte, das Erneuerbare-Energien-Gesetz sei über die Jahre | |
„überkomplex“ geworden. „Jetzt ist es so, dass wenn die Strompreise an d… | |
Börse sinken, dann erhöht sich die Umlage, das ist natürlich eine unsinnige | |
Konstruktion.“ Davon müsse man wegkommen – „ohne allerdings den Ausbau d… | |
Erneuerbaren einzubremsen und den Vorrang der Einspeisung regenerativer | |
Energien ins Stromnetz aufzugeben“. Die Produktion von Windenergie sei | |
inzwischen billiger als Kohlestrom oder Atomstrom aus neuen Kraftwerken. | |
Der Grünen-Politiker erinnerte daran, dass der Super-GAU von Fukushima am | |
11. März 2011 ein „tiefer Schock“ gewesen sei. „Der Ausstieg ist aufgrund | |
einer Risikolage erfolgt und nicht aus ökonomischen Überlegungen. Das darf | |
man nicht vergessen.“ Die hohen Strompreise hätten auch zu einem | |
„Effizienzschub“ geführt. „Das sehen Sie beispielsweise bei unseren | |
Kühlschränken. Die Industrie wurde auf Effizienz getrimmt.“ Es sei zwar | |
richtig, dass zum Beispiel die USA deutlich niedrigere Strompreise im | |
Haushaltsbereich haben. „Aber sie verbrauchen im Durchschnitt dreimal so | |
viel wie ein deutscher Haushalt.“ Die Amerikaner hätten es wegen des | |
günstigen Stroms verpasst, Effizienzstrategien anzugehen. | |
Kretschmann war kurz nach dem Atomunglück in Japan Ministerpräsident in | |
Baden-Württemberg geworden – am kommenden Sonntag tritt der 72-Jährige | |
erneut als Grünen-Spitzenkandidat an und hat laut Umfragen gute Chancen zu | |
gewinnen. Damals löste er den CDU-Mann Stefan Mappus ab, der sich vor dem | |
Unglück in Fukushima noch vehement für eine Verlängerung der Laufzeiten der | |
deutschen Meiler eingesetzt hatte. | |
„Bei der Kanzlerin hat man das am deutlichsten gemerkt: Tschernobyl hat sie | |
dem Dilettantismus im Umgang mit Technik im Kommunismus zugeordnet.“ Nach | |
Fukushima habe sie dann das Ruder herumgerissen und den Atomausstieg | |
eingeleitet. „Da hat man an ihr die Naturwissenschaftlerin gemerkt.“ | |
10 Mar 2021 | |
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