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# taz.de -- Medizinstudierende stimmen Minister um: Corona-Einsatz gilt als Pra…
> Medizinstudierende, die in Niedersachsens Kliniken mithalfen, können
> aufatmen: Ihr Einsatz wird nun doch als Teil der Ausbildung angerechnet.
Bild: Mithilfe wird jetzt auch fürs Studium gewürdigt: angehende Mediziner*in…
Osnabrück taz | Lennart Simon weiß, was Warten bedeutet. Monatelanges
Warten, frustrierendes Warten. Aber seit Mitte vergangener Woche weiß der
Vorsitzende der Studierendenvertretung Asta der Medizinischen Hochschule
Hannover (MHH) auch, dass Warten sich mitunter lohnt. Vor allem, wenn das
Warten nicht nur ein Warten ist, sondern ein Kampf dafür, dass es endet.
Mit Carlos Oltmanns, seinem Stellvertreter, ist er an diesem Tag im
niedersächsischen Landtag in Hannover, bei Wissenschaftsminister Björn
Thümler (CDU). Und als Simon und Oltmanns eine Stunde später gehen, haben
sie einen Sieg errungen: „Volle Anrechnung!“, sagt Simon. „Endlich!“ Die
Erleichterung ist ihm anzumerken, die Freude auch.
Vor einem Jahr hatte Thümler Medizinstudierende gebeten, sich freiwillig
zum Klinikeinsatz zu melden, zur Unterstützung des Pflegepersonals in der
Coronapandemie. Und sie waren gekommen: Rund 1.000 Freiwillige gab es
allein für die MHH. Ihr Einsatz dauerte bis in den Juni hinein. Das
Versprechen aber, ihn als studienrelevantes Praktikum anzuerkennen, wurde
nie eingelöst ([1][taz berichtete]).
Das Problem: Praktika in der Vorlesungszeit sind nicht vorgesehen, nicht
erlaubt. Nominell aber waren die Lehrveranstaltungen Mitte April wieder
gestartet. Nur digital zwar, aber immerhin.
Hochschule und Landesprüfungsamt hätten gern geholfen, durften aber nicht.
Derweil versank die Landesregierung in Uneinigkeit. „Das war ein endloses
Gezerre zwischen Wissenschafts- und Gesundheitsministerium“, sagt Simon,
auch er einer der freiwilligen Coronahelfer. „Aber das ist ja nun
ausgestanden.“
Das ist ein kleines Wunder. Als Lars Alt, Landtagsabgeordneter der FDP,
Anfang Februar in einer Kleinen Anfrage an die Landesregierung den Fall zur
Sprache bringt, ist die Antwort des Wissenschaftsministeriums noch
ernüchternd: Eine Änderung der Verfahrensweise komme „nicht in Betracht“.
Zeiten, in denen Online-Unterricht angeboten werde, seien „keine
vorlesungsfreien Zeiten, denn auch Online-Vorlesungen sind hochschulischer
Unterricht, der mit sonstigen Tätigkeiten nicht kompatibel ist“.
Das ist jetzt anders. „Thümler hat sich durchgesetzt und das gekippt“, sagt
Simon. „Und das nicht nur rückwirkend. Er hat uns zusagt, dass das auch für
einen möglichen Einsatz während der dritten Pandemiewelle gilt.“ Die
monatelangen Proteste haben sich also gelohnt. Das ist auch bitter nötig.
Denn viele reguläre Praktika sind durch Corona ausgefallen und neue
Studierende drängen nach.
Auch der Marburger Bund Niedersachsen hatte sich für den Asta-Kampf stark
gemacht: Die Corona-Einsätze der Studierenden nicht als Praktika
anzuerkennen, sei „nicht nachvollziehbar“, hatte Andreas Hammerschmidt
kritisiert, einer der Vorsitzenden. „Wann, wenn nicht in einem Ernstfall
wie der Corona-Pandemie, werden angehende Ärztinnen und Ärzte am
dringendsten gebraucht?“
Es gelte, Ausnahmeregelungen für Niedersachsen zu schaffen. Ferner sei eine
grundsätzliche Änderung der Approbationsordnung herbeizuführen. Viel zu tun
also für Niedersachsens Landesregierung. Sie setze sich „im laufenden
Gesetzgebungsverfahren zur Änderung der Approbationsordnung für Ärzte dafür
ein, dass die Ableistung von Famulaturen bzw. des Pflegepraktikums
zukünftig auch während der Vorlesungszeit möglich ist“, hatte sie Alt vor
sechs Wochen geantwortet.
Kein landespolitisches Handeln also, dafür ein Verweis auf Berlin, denn die
Approbationsordnung ist Sache des Bundesgesundheitsministeriums: Am
Beispiel der gegenwärtigen coronabedingten Situation zeige sich „die
Notwendigkeit, auch künftig auf außerordentliche Situationen adäquat
reagieren zu können“.
Thümlers Anrechnungsversprechen trägt nun dazu bei, hier erste Weichen zu
stellen. Zugleich widerspricht es dem, was sein eigenes Ministerium Lars
Alt geantwortet hat. So sehen Machtworte aus – oder Kapitulationen. „Bisher
hat Niedersachsen die Hilfseinsätze zu bürokratisch gesehen“, sagt Simon.
Nordrhein-Westfalen sei da längst weiter.
„Wir dürfen unseren Ärztenachwuchs nicht hängen lassen!“, hatte der
Marburger Bund Niedersachsen gefordert. Bereitschaft zur Improvisation sei
gefragt. Die ist jetzt bewiesen.
27 Mar 2021
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## AUTOREN
Harff-Peter Schönherr
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Studiengang Medizin
Niedersachsen
Hannover
Medizin
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