# taz.de -- TV-Duell der Spitzenkandidaten in Rheinland-Pfalz: Dauerlächeln ge… | |
> Die SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer traf am Freitag auf ihren | |
> CDU-Herausforderer. Der Schlagabtausch blieb äußerst moderat. | |
FRANKFURT/MAIN taz | Malu Dreyer betritt die TV-Arena in der Mainzer | |
Lokhalle im eleganten roten Hosenanzug und in hellgrauen Wildlederpömps, | |
CDU-Herausforderer Christian Baldauf im eng geschnittenen blauen Anzug und | |
in modischen hellbraunen Schuhen. Beide wirken freundlich entschlossen. Der | |
SWR hat zur Analyse dieses einzigen TV-Duells der Spitzenkandidaten von SPD | |
und CDU für die rheinland-pfälzische Landtagswahl einen Experten für | |
Körpersprache eingeladen. Die ersten Sekundenbruchteile bestimmen die | |
Wirkung eines Auftritts, gibt der zu Protokoll. Demnach wäre der Show-Down | |
am Freitag mit einem Remis gestartet. | |
Zweieinhalb Stunden später, nach Debatte und ausführlicher Analyse, sahen | |
denn auch die beiden Lager jeweils ihreN FavoritIn vorn. Der Schlagabtausch | |
der beiden vor einem Millionenpublikum blieb äußerst moderat. Bei einem | |
solchen Duell gehe es auch nicht darum, das andere Lager zu überzeugen, | |
sondern die Unentschlossenen zu gewinnen und die eigenen Sympathisanten zu | |
mobilisieren, bilanzierte Politikprofessor Karl-Rudolf Korte. | |
Die erste und längste Runde dreht sich einmal mehr um Corona. Die | |
Ministerpräsidentin erläutert die vorsichtigen Lockerungen, die ihre | |
Regierung unternehmen wird. Von Montag an öffnen der Einzelhandel und | |
„körpernahe Dienstleistungen“, sprich Friseure. Die Inzidenz in | |
Rheinland-Pfalz ist niedriger, die Impfquote höher als in anderen | |
Bundesländern. Es gelten weiter strenge Hygiene- und Abstandsregeln. „Wenn | |
die Inzidenz wieder steigt, gibt es Schritte zurück“, versichert die | |
Ministerpräsidentin. Dass die Krise ihr eine Plattform zur | |
Selbstdarstellung bietet, bestreitet sie nicht. Auf der anderen Seite, auf | |
der Schattenseite, habe sie allerdings auch schwere Entscheidungen zu | |
treffen. | |
[1][Der CDU-Herausforderer Baldauf] hatte zum Wahlkampfauftakt noch | |
Attacken gegen die Ampelkoalition geritten, gegen das „Impfchaos“ und die | |
angeblich fehlende Teststrategie. Damit hatte er ungewollt auch seinen | |
Parteifreund, den Bundesgesundheitsminister, getroffen. Im TV-Duell | |
schaltet er um auf Kammerton, wünscht sich, dass die Öffnungen und die | |
Teststrategie funktionieren mögen, betont das gemeinsame Ganze. | |
Heftiger fallen die Runden zur Wirtschafts- und zur Bildungspolitik aus. | |
Die ökonomische Kraft des Landes sei schon vor der Coronakrise | |
zurückgegangen, die Landesregierung reagiere darauf mit Symbol-und | |
Fassadenpolitik, sagt Baldauf. Er beklagt das „Bildungschaos“. Als | |
Ministerpräsident werde er alle an einen Tisch bringen, um „bis zum Ende | |
der Sommerferien“ die Lücken in der digitalen Ausstattung der Schulen zu | |
schließen. | |
## „Wer regiert denn? Er oder sie?“ | |
Den unterfinanzierten Kommunen des Landes verspricht Baldauf ein | |
300-Millionen-Sofortprogramm, zumal das oberste Gericht den kommunalen | |
Finanzausgleich als rechtswidrig bewertet habe. Für die notleidenden | |
Krankenhäuser will er zusätzlich 100 Millionen Euro ausloben. Um den Mangel | |
an Landärzten zu bekämpfen, will er an der Mainzer Universität zusätzliche | |
Medizinstudienplätze einrichten. | |
Zusätzliche Medizinstudienplätze, das bringe gar nichts, wenn die | |
ausgebildeten Ärzte später abwanderten, widerspricht Dreyer; deshalb | |
erleichtere das Land denen den Zugang zum Medizinstudium, die sich für zehn | |
Jahre verpflichten, in Rheinland-Pfalz zu bleiben. Baldauf spreche von | |
einem anderen Land, sagt sie. 146 Unternehmen aus Rheinland-Pfalz seien in | |
einer aktuellen Studie als Weltmarktführer bewertet worden, die | |
Arbeitslosenquote sei trotz Krise niedrig und die Beschäftigungsrate auf | |
Rekordhoch. Als einziges Bundesland habe Rheinland-Pfalz eine digitale | |
Plattform für die Schulen entwickelt, die mit dem Datenschutzrecht | |
vereinbar sei. | |
Baldauf hatte sich darüber lustig gemacht, dass die Landesregierung für die | |
Schulen des Landes das Konferenzprogramm „Team“ von Microsoft nur befristet | |
zuließ, weil der Datenschutzbeauftragte Einwände erhoben hatte. „Wer | |
regiert denn? Er oder sie?“, fragt Baldauf provokant. Er ist wie Dreyer | |
Volljurist. Natürlich weiß er, dass auch er als Ministerpräsident an | |
Gesetze gebunden ist. | |
Von der Ministerpräsidentin fordert Baldauf das Versprechen ein, im Pfälzer | |
Wald keine Windräder zuzulassen. Rheinland-Pfalz soll bis 2040 klimaneutral | |
werden, das verspricht die SPD. Da könne es keine Tabus geben, sagt Dreyer. | |
Mokant stellt sie fest, Baldauf habe zur drohenden Klimakatastrophe | |
„nichts“ gesagt. Obwohl Baldauf seine Redezeit nicht ausgeschöpft hat, | |
fragt der Moderator nicht nach. | |
In der anschließenden „Analyse“ schaltet der SWR in die Wohnzimmer von | |
Freunden und Nachbarn, Influenzerinnen aus den beiden Lagern kommen zu | |
Wort. Sie sehen jeweils ihre KandidatIn vorn. Die Ministerpräsidentin sei | |
„detailverliebt“ aufgetreten, auch sie habe attackiert, sagt nach dem Duell | |
Professor Korte: „Sie hat nichts so stehenlassen, wo sie jetzt meinte, es | |
wäre für sie unangebracht. Insofern hat sie sich gewehrt in vielerlei | |
Rollen, aber ich finde auch, sie ist ihrem Stil treu geblieben“, so Korte. | |
Stefan Verra, der besagte Experte für Körpersprache, sah ebenfalls Vorteile | |
bei der Ministerpräsidentin: „Sie arbeitet viel mit ihren Augen, mit ihren | |
Augenbrauen“ und ihr Lächeln sei sehr „einnehmend und authentisch“, | |
urteilte Verra. Bei ihrem Kontrahenten Baldauf stellte er ein | |
„Dauerlächeln“ fest; der Herausforderer sei in seiner Gestik „sehr | |
zurückhaltend“ gewesen; „da hätte es ein wenig mehr Nachdruck gebraucht�… | |
meinte er. | |
Am kommenden Freitag, zwei Tage vor der Wahl, wird das TV-Duell im SWR zum | |
Quartett. Dann sind auch die Spitzenkandidatinnen von Grünen und FDP dabei, | |
die zusammen mit der SPD das Land regieren. Beide treten ohne | |
Koalitionsaussage an. [2][Die Grüne Anne Spiegel] wird allerdings nicht | |
müde, die großen inhaltlichen Schnittmengen mit der SPD zu betonen. | |
FDP-Spitzenkandidatin Daniela Schmitt wirbt um Stimmen, „damit das Land in | |
guten Händen bleibt.“ Das klingt nicht nach Wechselstimmung. Die | |
Optimierung seines Lächelns ist noch das geringste Problem von | |
CDU-Frontmann Baldauf: [3][Es sind einfach keine PartnerInnen in Sicht, die | |
ihn nach der Wahl zum Ministerpräsidenten machen könnten]. | |
6 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Christoph Schmidt-Lunau | |
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