# taz.de -- Starzplay-Serie „We Are Who We Are“: Queerness hinter Stacheldr… | |
> In einer US-Militärbasis in Italien sind Teenager auf der Suche nach der | |
> eigenen Identität. Die Serie „We Are Who We Are“ weckt Urlaubssehnsücht… | |
Bild: Betrunken und allein: Fraser (Jack Dylan Grazer) torkelt in „We Are Who… | |
Mit Kopfhörern im Ohr steht Fraser (Jack Dylan Grazer) am Schalter. Gerade | |
ist er mit seinen Müttern am Flughafen in Venedig gelandet, doch sein | |
Koffer hängt noch in Amsterdam fest. Fuck! Fraser verlangt den Wodka seiner | |
Mutter. „Aber nur zwei Schlücke“, mahnt sie den 14-Jährigen. Der legt | |
seinen Kopf in den Nacken, trinkt aus der kleinen Flasche, erst einen | |
Schluck, dann noch einen. | |
Fraser ist genervt. Nicht nur wegen seines Koffers, sondern auch von seinen | |
Müttern und von seinem Umzug aus den USA in die US-amerikanische | |
Militärbasis in Chioggia, in der seine Mutter Sarah (Chloë Sevigny) das | |
Kommando übernehmen wird. | |
[1][Die erste Serienproduktion von Luca Guadagnino „We Are Who We Are“] | |
wurde von vielen sehnsüchtig erwartet. All diejenigen, die auf ein zweites | |
[2][„Call Me by Your Name“] gehofft haben, werden von der achtteiligen | |
Serie jedoch enttäuscht sein. Sie ist viel uneindeutiger, suchender und | |
weniger atmosphärisch als der oscarprämierte Spielfilm. | |
Es ist wohl kein Zufall, dass das Coming-of-Age-Drama mit einer Szene am | |
Lost-and-Found-Schalter beginnt. Denn Fraser ist in jeglicher Hinsicht | |
„lost“. Hinter Stacheldrahtzäunen und unter ständigem Flugzeuglärm macht… | |
sich in der Militärbasis auf die Suche nach Freund:innen, nach seiner | |
Identität, nach irgendetwas Neuem. | |
## Es braucht Geduld | |
Als Außenseiter gezeichnet, lernt er schnell neue Menschen kennen, doch so | |
richtig scheint es nicht zu funken. Bis er Caitlin (Jordan Kristine Seamón) | |
kennenlernt. Vom ersten Moment an ist er von der Teenagerin fasziniert, | |
fotografiert sie heimlich im Unterricht, verfolgt sie in eine Bar. Was als | |
Stalking-Geschichte gelesen werden kann, deutet die Serie als Beginn einer | |
Freundschaft. | |
In der Bar stellt sich Caitlin einem Mädchen, die sie für einen Jungen | |
hält, als Harper vor. Ein Spiel? Ein Infragestellen der eigenen als | |
weiblich gelesenen Geschlechtsidentität? Die Serie lässt das zunächst | |
offen. Fraser, der sie als einziger zu verstehen scheint, erklärt ihr | |
Geschlechterkonzepte: non-binary, trans, inter. Die Suche nach der eigenen | |
Identität – auch fernab von Geschlecht und Sexualitäten– dominiert die | |
Serie. | |
[3][Guadagnino] lässt sich Zeit, die Figuren vorzustellen und zu | |
entwickeln. Die Zuschauer:innen brauchen also Geduld. Serielles Erzählen | |
lässt diese Langsamkeit zwar zu, doch schon in den ersten drei Episoden | |
werden so viele Fragen aufgeworfen, Themen angeschnitten und Figuren | |
eingeführt, dass es kaum möglich sein wird, allen Aspekten genug Raum zu | |
verschaffen. | |
Guadagninos Handschrift, die vor allem auf Ästhetik setzt, scheint trotz | |
allem immer wieder durch. Etwa wenn Caitlin zwischen Farnen auf dem Boden | |
sitzt, im Hintergrund klassische Musik läuft und die Kamera langsam zum | |
Strand der italienischen Adria schwenkt. Momente, die Urlaubssehnsüchte | |
wach werden lassen. Und wer genau hinschaut, entdeckt dann noch ein | |
bisschen „Call Me by Your Name“ in der Serie: [4][Timothée Chalamet] und | |
Armie Hammer in Cameo-Auftritten. | |
8 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Carolina Schwarz | |
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