| # taz.de -- Israelischer Politiker Mansour Abbas: Der Königsmacher | |
| > Mansour Abbas könnte über Israels nächste Regierungskoalition | |
| > entscheiden. Der Chef der konservativ-islamischen Ra’am hat die Weichen | |
| > gestellt. | |
| Bild: Mansour Abbas in Jerusalem 2019 | |
| Tel Aviv taz | Er könnte bei der israelischen Parlamentswahl am kommenden | |
| Dienstag zum Königsmacher werden: Mansour Abbas, der Vorsitzende der | |
| konservativ-islamischen Partei Ra’am. Bisher hatte er nur sehr begrenzten | |
| politischen Einfluss, doch seit der Annäherung zwischen ihm und Premier | |
| Benjamin Netanjahu ist sein Name in Israel in aller Munde. | |
| Die plötzliche Nähe zwischen den beiden Politikern sorgt für einiges | |
| Augenreiben, hat doch Netanjahu seit Jahren mit seiner Hetze gegen | |
| arabische Israelis für Schlagzeilen gesorgt und keinen Hehl daraus gemacht, | |
| das Westjordanland annektieren zu wollen. | |
| Likud-Abgeordnete, die auf seine Unterstützung angewiesen sein könnten, | |
| bezeichnen den 46-Jährigen als „Brückenbauer“, arabisch-israelische | |
| Aktivist*innen als Verräter. „Israels begabtesten Kuhhändler“ nennt ihn | |
| die israelische Tageszeitung Ha’aretz. Der dreifache Vater ist in dem | |
| arabisch-drusischen Dorf Maghar aufgewachsen. | |
| Als Student der Zahnmedizin an der Hebräischen Universität Jerusalem hatte | |
| er den Vorsitz des Komitees für arabische Studierende inne, wurde dort in | |
| der sogenannten Islamischen Bewegung aktiv und schließlich in der Partei | |
| Ra’am, dem politischen Arm eines Teils dieser Bewegung. 2007 wurde er zu | |
| deren Generalsekretär gewählt. Mansour Abbas war dabei, als vier arabische | |
| Parteien sich 2015 in der Vereinigten Liste zusammenfanden und damit | |
| Hoffnung unter den arabisch-israelischen Wähler*innen auslösten. Doch er | |
| stand im Schatten der charismatischeren Anführer Ayman Odeh (Chadash) und | |
| Ahmad Tibi (Ta’al). | |
| Streit über LGBTQ-Fragen | |
| Nachdem die Vereinigte Liste nach der [1][Wahl im September 2019] das | |
| Parteienbündnis Blau-Weiß unterstützt hatte, jedoch von deren damaligem | |
| Vorsitzenden Benny Gantz die kalte Schulter gezeigt bekam, wuchs die | |
| Frustration unter den arabischen Wähler*innen. Der Pragmatiker Mansour | |
| Abbas trat in den Vordergrund. | |
| In LGBTQ-Fragen – einem sensiblen Thema für die arabisch-israelische | |
| Gesellschaft – grenzte er sich immer mehr von den anderen Listenparteien ab | |
| und betonte muslimisch-religiöse Aspekte seiner Partei. Im Februar stieg er | |
| dann mit Ra’am aus der Vereinigten Liste aus. Die anderen drei Parteien | |
| hatten seinem Forderungskatalog für ein Weiterleben der gemeinsamen Liste | |
| nicht zugestimmt. So solle die Liste etwa einen Gesetzesentwurf ablehnen, | |
| der LGBTQ-Konversionstherapien verbietet. | |
| Für Abbas scheint eine Kooperation mit Netanjahu nicht widersprüchlich zu | |
| sein, sondern [2][eher konsequent]. Im Interview mit Channel 12 sagte er, | |
| dass er wenig mit der Linken gemeinsam habe. „In der Außenpolitik bin ich | |
| natürlich auf ihrer Seite – wir unterstützen die Zwei-Staaten-Lösung. Aber | |
| in religiösen Angelegenheiten bin ich rechts. Ich habe viel mehr mit [den | |
| ultraorthodoxen Parteien] Schas und dem Vereinigten Tora-Judentum gemeinsam | |
| als mit Meretz und Blau-Weiß.“ | |
| Der Ausgang der Wahl dürfte an wenigen Stimmen hängen. Sollte seine Partei | |
| es über die 3,25-Prozent-Hürde schaffen, hat Abbas die Weichen für die | |
| Rolle des Königsmachers bereits gestellt. | |
| 20 Mar 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Judith Poppe | |
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