# taz.de -- Vertreibung in Hamburg: Blumen statt Obdachlose | |
> Vor der Haspa-Filliale im Stadtteil Ottensen stehen nun Blumenkübel, | |
> damit Obdachlose sich dort nicht mehr aufhalten können. Es ist eine | |
> perfide Methode. | |
Bild: In Hamburg nicht gern gesehen: Obdachlose vor Geschäften | |
Seitdem am Jungfernstieg biedere, hellhölzige – und nebenbei: ziemlich | |
teure – Blumenkübel stehen, sind diese Dekorationselemente zu einem | |
erstaunlich großen Diskussionsthema unter Hobby-Stadtgestalter:innen in | |
ganz Hamburg geworden. Seit Donnerstag haben die City-Kübel in Sachen | |
Streitpotenzial allerdings beachtliche Konkurrenz aus Ottensen enthalten. | |
Das ist kaum verwunderlich: Denn die dortigen Kübel unterbieten die | |
Holzbehälter vom Jungfernstieg nicht nur ästhetisch um Meilen – sondern | |
übertreffen sie vor allem in der Perfidität ihres Zwecks. Denn Blumenkübel | |
sind ja nie nur Kübel für Blumen. Am Jungfernstieg dienen sie als | |
Fahrbahntrenner. In Ottensen ist ihre undankbare Aufgabe: Obdachlose zu | |
verscheuchen. | |
Vor der Haspa-Filliale am Spritzenplatz campieren seit längerer Zeit | |
Obdachlose. Das werde, so die Haspa, für Vorbeigehende und Geldabhebende, | |
die um ein paar Groschen gefragt würden, nicht als angenehm empfunden. | |
Und dann der Drogenkonsum! Und kooperativ verhielten sich die bereits | |
getadelten Obdachlosen dann auch nicht! Drum konnte die Haspa dem Drama | |
(also dem der Kundschaft, nicht dem der Wohnungslosen) kaum mehr tatenlos | |
zusehen – und ließ schmucklose sperrige Betonfässer herankarren, hübsch | |
bepflanzt mit grünem Gewächs. | |
Herzlos sei die Bank darum aber nicht. Im Gegenteil: „Die Haspa setzt sich | |
seit vielen Jahren für das Wohlergehen von Obdachlosen in unserer Stadt | |
ein“, verteidigt sie sich [1][in der Mopo]. Auch habe man gar nicht | |
eigenmächtig vertrieben, nee, nee! Ist ja schließlich öffentlicher Grund, | |
da braucht es die Zustimmung des Bezirks Altona. Das Aufstellen der Kübel | |
sei, es klingt so gruselig, „Ergebnis eines Dialogprozesses“ mit dem | |
Bezirksamt. | |
Dort hat bekanntlich eine Grüne das Sagen: Stefanie von Berg. Es sei ein | |
„schmaler Grat“ gewesen, auf dem sich ihr Amt in diesem Fall befand, sagt | |
sie. Aber es habe halt etwas unternommen werden müssen. | |
Dann wird es sicher nur wenige Tage dauern, ehe auch auf der anderen | |
Straßenseite vorm Telekom-Laden Kübel aufgestellt werden: Dorthin sind die | |
Betroffenen nämlich weitergezogen. Bis es so weit ist, lässt sich weiterhin | |
wundervoll über grüne Positionen in sozialpolitischen Fragen nachdenken. | |
13 Mar 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.mopo.de/hamburg/aerger-an-ottenser-bankfiliale-mit-blumenkuebel… | |
## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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