# taz.de -- Wahl der Linkspartei-Vorsitzenden: Zum ersten Mal zwei Spitzenfrauen | |
> Die Linke hat eine neue Parteiführung. Die Delegierten wählten Susanne | |
> Hennig-Wellsow und Janine Wissler. Mit überraschendem Ergebnis. | |
Bild: Müssen nun den Laden zusammenhalten: Die neuen Linksparteichefinnen Susa… | |
BERLIN taz | Zum ersten Mal führen zwei Frauen die Linkspartei. Die rund | |
600 Delegierten wählten am Samstag [1][auf einem Online-Parteitag] Janine | |
Wissler und Susanne Hennig-Wellsow zu ihren neuen Vorsitzenden. Wissler ist | |
Fraktionsvorsitzende in Hessen, Hennig-Wellsow führt die Thüringer Linken, | |
und zwar Partei und Fraktion. Beide Ämter will sie allerdings aufgeben. | |
Janine Wissler kandidierte als einzige Kandidatin auf dem ersten Platz, auf | |
dem nach den Regularien der Partei nur Frauen antreten dürfen. Die | |
Delegierten wählten sie mit 84,2 Prozent ins Amt. Angesichts der | |
Verhältnisse in der in Kritik geschulten Linken ist das ein sensationell | |
gutes Wahlergebnis. | |
Hennig-Wellsows Ausgangsbasis war schwieriger. Sie trat auf der gemischten | |
Liste gegen zwei männliche Gegenkandidaten an. 70,5 Prozent der Delegierten | |
stimmten für sie. Das im Vergleich zu Wisslers Wahl schwächere Ergebnis | |
hängt aber auch damit zusammen, dass Hennig-Wellsow offensiv für eine | |
Regierungsbeteiligung im Bund wirbt und sich auch [2][UN-Friedensmissionen | |
mit deutscher Beteiligung] vorstellen kann. [3][Beides ist an der Basis | |
höchst umstritten]. | |
Einer ihrer Gegenkandidaten, Reimar Pflanz, präsentierte sich für die | |
Skeptiker in der Linken in seiner Bewerbung als klare Alternative: Nein, zu | |
Regierungsbeteiligungen, Nein zu Auslandseinsätzen. Fast 20 Prozent der | |
Delegierten stimmten für ihn, was in etwa dem Anteil von Wähler:innen | |
entspricht, die die Linke nicht in Regierungen sehen wollen. Eine | |
Minderheit, wenn auch eine laute. | |
## Soziale Sicherheit und Solidarität | |
In ihrer Bewerbungsrede prangerte Wissler vor allem die soziale | |
Ungerechtigkeit im Lande an, das Brot-und-Butter-Thema der Linken. In der | |
Coronapandemie säßen alle in einem Boot – doch die einen ruderten, während | |
es sich die anderen in den Kajüten gut gehen ließen. | |
Außerdem erinnerte Wissler ihre Partei an etwas, das mal in der Linken als | |
selbstverständlich galt, bevor es in der quälenden Auseinandersetzung | |
zwischen dem Flügel um Sahra Wagenknecht und den ehemaligen | |
Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger zum Zankapfel wurde: | |
„Solidarität ist unteilbar und sie endet nicht an den Außengrenzen der EU�… | |
rief Wissler ihren Genoss:innen zu. Damit setzte auch sie unter diese | |
Debatte noch einmal einen Schlussstrich. | |
Zu den in der Partei heiß umstrittenen Fragen, nämlich zu | |
UN-Blauhelm-Einsätzen und zur Regierungsbeteiligung, äußerte sie sich | |
hingegen nicht. | |
Hennig-Wellsow trat erneut mit dem klaren Bekenntnis an, die Linke in eine | |
Regierung zu führen. „Lasst uns CDU, CSU aus der Regierung vertreiben.“ | |
Hennig-Wellsow erinnerte an die Erfolge der PDS im Osten in den 90er | |
Jahren, die für die Menschen dort ansprechbar war, für sie kämpfte und sie | |
nach der Wende in die neue Zeit begleitete. Diesen Anspruch müsse die | |
Partei auch heute haben – nämlich für Veränderungen im Hier und Jetzt zu | |
sorgen. | |
Sie zählte dabei konkrete Projekte auf: eine armutsfeste Mindestsicherung, | |
die Stärkung des öffentlichen Gesundheitssystems und den Stopp von | |
Rüstungsexporten. Alles Punkte, die in der Partei unumstritten sind. Auf | |
mögliche Blauhelmeinsätze ging auch Hennig-Wellsow nicht ein, sondern | |
appellierte stattdessen an ihre Partei: „Lasst uns das Gemeinsame sehen.“ | |
Mit dem geglückten Wechsel an der Parteispitze gibt es zumindest die | |
Chance, dass das gelingt. | |
27 Feb 2021 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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