Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Vertrauensvotum für Mario Draghi: Alle für den Neuen
> Sollten die 5 Sterne implodieren, könnte die Regierung Draghi zu einem
> kurzen Intermezzo werden – vor dem Wahlsieg der Salvini-Rechten.
Bild: Italiens neuer Ministerpräsident Mario Draghi beim Vertrauensvotum am Mi…
Alle [1][sind für Mario Draghi] – fast alle wenigstens. Am Mittwoch erhielt
Italiens neuer Ministerpräsident beim Vertrauensvotum im Senat 262
Ja-Stimmen, nur 40 Senator*innen votierten mit Nein. Und am Donnerstag
wird er im Abgeordnetenhaus die gleiche überwältigende Zustimmung erhalten.
Das Resultat ist keine Überraschung, denn [2][fast alle Parteien haben sich
hinter Draghi versammelt], von der radikal linken Liste Liberi e Uguali
(LeU – Freie und Gleiche) bis hin zur ultranationalistischen, radikal
rechten Lega unter Matteo Salvini. Das ist ungefähr so, als würden sich
Katja Kipping und Jörg Meuthen gemeinsam in einer Regierungsallianz finden.
Fast alle also hat der Ministerpräsident hinter sich – doch in seiner
programmatischen Regierungserklärung hat er es keineswegs allen recht
gemacht. Mindestens 90 Prozent dessen, was er sagte, hätte genauso gut sein
Vorgänger Giuseppe Conte verlauten lassen können: Wenigstens verbal setzte
Draghi klar progressive und ökologische Akzente, kam er Salvinis
Rechtspopulisten nicht einen Zentimeter weit entgegen.
„Unumkehrbar“ sei der Euro, [3][meint der frühere EZB-Chef], und die
europäische Integration müsse weiter vertieft werden, per weiterem Verzicht
auf „nationale Souveränität, um gemeinsam Souveränität zu erlangen“. Von
wegen „prima gli Italiani!“, wie es Salvini gerne hätte: „Es gibt keine
Souveränität in der Einsamkeit“.
## Im Großen will Draghi auf Contes Konzepte zurückgreifen
Ob Elektromobilität oder Digitalisierung: Draghi skizzierte eine
Modernisierungsagenda, die auf den „guten Planeten, nicht bloß auf gutes
Geld“ zielen soll. Und er sprach klar aus, dass die Arbeitslosigkeit in der
Pandemie nicht alle gleich getroffen hat, dass ihre Opfer vor allem
Jugendliche, Frauen, prekär Beschäftigte und Soloselbstständige wurden. Mit
keinem Wort ging er auf den rechten Wunsch ein, zur Rückabwicklung der von
den Fünf Sternen durchgesetzten allgemeinen Grundsicherung zu schreiten.
Die Pandemie habe, so Draghi, die soziale Ungleichheit ebenso weiter
verschärft, wie sie die Generationen- und die Gender-Ungerechtigkeit
vertieft habe. Die Antworten, die er skizzierte, stellen seine neue
Regierung weitgehend in die Kontinuität der Vorgängerregierung Conte, von
der Stärkung des öffentlichen Gesundheitswesens zum nationalen
Wiederaufbauplan, der auf 209 Milliarden Euro aus dem Programm „Next
Generation EU“ zugreifen kann. Gewiss, bei diesem Plan müsse noch
nachgearbeitet werden, doch in den großen Linien will Draghi auf Contes
Konzepte zurückgreifen.
Goldene Brücken baute er so nicht zuletzt dem Movimento5Stelle (M5S –
5-Sterne-Bewegung), 20 der 90 Senator*innen des M5S aber verweigerten
ihm dennoch die Zustimmung. Sie können es nicht verwinden, dass „ihr“
Ministerpräsident Conte gestürzt wurde, dass sie nun mit Draghi einem der
führenden Vertreter des Establishments zustimmen sollen, gegen das sie
ursprünglich angetreten waren, dass sie sich in eine Allianz mit der Partei
des vorbestraften Silvio Berlusconi, Forza Italia, begeben sollen.
Und so steht Italien womöglich vor dem bizarren Resultat, dass Salvinis
Lega ohne Schaden eine Regierung stützt, die meilenweit von ihren
Positionen entfernt ist – und dass das Entstehen jener Regierung zugleich
die Existenzkrise der Fünf Sterne weiter verschärft, obwohl die
programmatisch viel näher an der von Draghi skizzierten Agenda dran sind.
Kopflos und ohne Kompass präsentiert sich gegenwärtig das M5S, und es
riskiert ernsthaft die Implosion. Und dann könnte die Regierung Draghi zu
einem kurzen Intermezzo werden, vor dem Wahlsieg der Salvini-Rechten
spätestens im Frühjahr 2023.
18 Feb 2021
## LINKS
[1] /Neue-Regierung-in-Italien/!5753123
[2] /Neue-All-Parteien-Koalition-in-Italien/!5751873
[3] /Regierungskrise-in-Italien/!5745166
## AUTOREN
Michael Braun
## TAGS
Mario Draghi
5-Sterne-Bewegung
Matteo Salvini
Italien
Beppe Grillo
Italien
Matteo Salvini
Italien
Italien
Italien
Italien
## ARTIKEL ZUM THEMA
Fünf-Sterne-Bewegung in Italien: Im Überlebensmodus
Nach drei Jahren an der Regierung steht die Fünf-Sterne-Bewegung führungs-
und ideenlos da. Ex-Premier Conte soll es jetzt im Alleingang richten.
Krise der Fünf Sterne in Italien: Bewegung kämpft ums Überleben
In Italien will die Bewegung Fünf Sterne einen Chef wählen. Doch sie hat
sich mit der Plattform überworfen, die über die Mitgliedslisten verfügt.
Prozess gegen Italiens Ex-Innenminister Matteo Salvini: Anklage wegen Freiheits…
Als Minister verweigerte er NGO-Schiffen mit Geflüchtete das Anlegen in
italienischen Häfen. Jetzt steht Salvini wegen eines Falles in Sizilien vor
Gericht.
Neue Regierung in Italien: Vertrauensvorschuss für Draghi
In beiden Häusern des Parlaments erhält der Premier eine Mehrheit. Für die
Vertreter der 5-Sterne-Bewegung werden die Voten zur Zerreißprobe.
Neue Regierung in Italien: Draghi nimmt erste Hürde
Bei dem Vertrauensvotum im Senat sichert sich Premier Mario Draghi eine
klare Mehhreit. 15 Senatoren der Fünf-Sterne-Bewegung stimmten mit Nein.
Neue All-Parteien-Koalition in Italien: Super-Mario geht an den Start
Draghi und seine Minister*innen wurden am Samstag vom Staatspräsidenten
vereidigt. Auch Gefolgsleute von Berlusconi und Salvini sind im Kabinett.
Regierungsbildung in Italien: Fünf Sterne geben Draghi Ja-Wort
Die Partei hat dafür gestimmt, eine Regierung des Ex-Zentralbankchefs zu
unterstützen. Der plant ein „Super-Ministerium für den ökologischen Umbau�…
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.