# taz.de -- Vertrag zwischen 1&1 und Telefónica: Handynetzbetreiber Nummer 4 | |
> Derzeit gibt es nur drei Mobilfunknetze in Deutschland. Durch eine | |
> Vereinbarung mit Teléfonica räumt 1&1 Drillisch den Weg zum vierten frei. | |
Bild: Auf dem Weg zum eigenen Netz: Telekommunikationsanbieter 1&1 Drillisch mi… | |
Berlindpa/rtr | Deutschland bekommt bald ein viertes Mobilfunknetz: 1&1 | |
Drillisch hat ein Vertragsangebot seines Wettbewerbers Telefónica für ein | |
nationales Roaming angenommen, [1][wie der Konzern am Montag mitteilte]. | |
Bis Mai sollen noch letzte Details geklärt werden, verbindlich ist der Deal | |
schon jetzt. [2][Drillisch-Chef Ralph Dommermuth] wertete die Vereinbarung | |
als wichtigen Schritt auf dem Weg zum eigenen Netz. | |
Sein Pendant bei Telefónica Deutschland, Markus Haas, sprach von einer | |
„Win-Win-Partnerschaft“, schließlich laste sein Unternehmen dadurch sein | |
Netz besser aus und erziele damit Einnahmen. Besonders auf dem Land habe | |
man hohe Investitionen für den Netzausbau gestemmt, durch die | |
Drillisch-Vereinbarung gebe es einen „positiven Deckungsbeitrag | |
insbesondere in den unwirtschaftlichen Regionen Deutschlands“. | |
Durch den Deal bekommt Drillisch auch zukünftig Zugang zum O2-Netz. Die | |
Zusammenarbeit ist die Voraussetzung, dass Drillisch sein eigenes Netz | |
baut. Derzeit gibt es hierzulande Mobilfunknetze von drei Betreibern, der | |
Deutschen Telekom, Vodafone und Telefónica (O2). Vermutlich 2022 wird | |
Drillisch die Nummer 4 werden. | |
2019 hatte die Firma für rund 1,1 Milliarden Euro erstmals Frequenzspektrum | |
ersteigert. Dieses wollte Drillisch aber erst für ein eigenes Netz nutzen, | |
wenn seine Handykunden in der jahrelangen Bauphase abseits erster Standorte | |
nicht im Funkloch sitzen, sondern über ein nationales Roaming versorgt | |
sind, ähnlich wie bei internationalem Roaming im Ausland. Ohne diesen | |
Zugang hätte die Firma im Rennen um die Kundengunst schlechte Karten. | |
## Telefónica und 1&1 Drillisch kooperieren seit langem | |
Der Neueinsteiger verhandelte lange mit allen drei alteingesessenen | |
Netzbetreibern. Handelseinig wurde er sich mit dem Münchner Konzern. Die | |
Vereinbarung gilt rückwirkend von Sommer 2020 für fünf Jahre lang, danach | |
gibt es eine Option für eine Vier-Jahres-Verlängerung. 2029 könnte der | |
Vertrag um fünf Jahre verlängert werden. | |
Telefónica und 1&1 Drillisch arbeiten schon seit langem zusammen, Drillisch | |
nutzt als sogenannter virtueller Netzbetreiber vor allem O2-Kapazitäten. | |
Diese Vereinbarung von 2014 galt aber nur so lang, wie Drillisch kein | |
eigenes Netz hat. Durch den neuen Vertrag läuft die Kooperation weiter. | |
Allerdings geht es hierbei nur um 2G, 3G und 4G – der neue | |
Mobilfunkstandard 5G ist in der Vereinbarung nicht inbegriffen. Die Nutzung | |
der fünften Mobilfunkgeneration will Drillisch seinen Kunden über die | |
eigenen Antennen ermöglichen. Das Unternehmen mit Sitz im hessischen | |
Maintal gehört zum Telekommunikationskonzern United Internet aus | |
Rheinland-Pfalz. | |
Drillisch-Chef Dommermuth sieht den eigenen 5G-Ausbau als Herausforderung | |
und große Chance für die Zukunft von 1&1 Drillisch. Im eigenen Netz werde | |
modernste Technologie verbaut – im Gegensatz zu den Konkurrenten habe man | |
keine technologischen Altlasten. Mit Blick auf die ergebnislos verlaufenen | |
Verhandlungen mit Vodafone und der Deutschen Telekom sagte er: „Die | |
Positionen waren unüberbrückbar.“ | |
Sobald 1&1 Drillisch sein eigenes 5G-Netz startet, bekommen Neukunden zwar | |
über die neuen Drillisch-Standorte Highspeed-Verbindungen, über das | |
„National Roaming“ von O2 dann allerdings nur noch 4G-Tempo (LTE). | |
Dommermuth hält das für einen „nicht wahrnehmbaren“ Nachteil für Kunden, | |
schließlich werde man schnell sehr viele eigene Antennen anbieten. | |
## Eigenes 5G-Netz noch unklar | |
Aus Sicht von Dommermuth ist der Unterschied zwischen 4G- und | |
5G-Verbindungen auf dem Land ohnehin gering, weil die alteingesessenen | |
Netzbetreiber dort keine Gigabitverbindungen ermöglichten, sondern dies nur | |
in großen Städten täten. Dort werde 1&1 Drillisch aber mit eigenen | |
Hochleistungs-Standorten präsent sein. | |
Wann Drillisch sein eigenes 5G-Netz startet, ist noch unklar. Nach den | |
Auflagen der Bundesnetzagentur muss die Firma spätestens Ende 2022 | |
mindestens 1000 eigene 5G-Standorte betreiben. 1&1 Drillisch wird die | |
Antennenstandorte nicht selbst bauen und betreiben, sondern einen externen | |
Dienstleister ins Rennen schicken – Namen hierzu gab 1&1 Drillisch noch | |
nicht bekannt. Mit den Standortbetreibern und Netzwerkausrüstern könne man | |
nun abschließend verhandeln, da man das nationale Roaming durch die Annahme | |
des verbesserten Angebots von Telefónica nun sicher habe, sagte Dommermuth. | |
Auch aus Sicht von Experten ist die Zusammenarbeit für beide Firmen eine | |
gute Entscheidung. „Telefónica lastet sein Netz aus und bekommt Geld in die | |
Kasse, während Drillisch seinen Kunden weiterhin eine flächendeckende | |
Versorgung mit 4G bieten kann“, sagt Professor Torsten Gerpott von der | |
Universität Duisburg-Essen. Dass Drillisch keinen Zugang zum 5G-Netz von | |
Telefónica bekommt, werde im Werben um Kunden aber ein Nachteil sein, auch | |
weil es noch dauern werde bis zu einem eigenen 5G-Drillisch-Netz mit | |
nennenswerter Abdeckung. | |
Die Folgen für den Verbraucher sind aus Sicht des Experten zunächst | |
begrenzt: „Es geht weiter wie bisher, die angebotenen Leistungen von | |
Drillisch werden nicht besser und damit wird der Druck auf die Konkurrenz | |
auch nicht größer.“ Erst wenn Drillisch mit einem eigenen großen 5G-Netz | |
punkten könne beim Kunden und dieser somit unter vier statt wie bisher drei | |
Netzbetreibern auswählen könne, werde sich der Wettbewerb verschärfen, was | |
den Verbrauchern bessere Angebote bringen könnte. Das dauere aber noch, so | |
Gerpott. | |
Die staatliche Regulierungsbehörde begrüßte die Entscheidung: „Die | |
angekündigte Vereinbarung über National Roaming ist eine gute Nachricht für | |
die Mobilfunkkunden in Deutschland“, sagt Jochen Homann, der Präsident der | |
Bundesnetzagentur. Die Kooperation sei „ein Indiz für die Attraktivität und | |
Dynamik des deutschen Mobilfunkmarktes“. Jetzt müsse 1&1 Drillisch | |
darangehen, „den Netzaufbau zu beginnen und die erworbenen Frequenzen | |
effizient einzusetzen“. | |
15 Feb 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.united-internet.de/news-presse/pressemitteilungen/meldungen-det… | |
[2] /Ende-der-5G-Auktion/!5600122 | |
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