# taz.de -- Erneut Vorwurf von Polizeigewalt: Polizei gerufen – Bein gebrochen | |
> Der US-Amerikaner Mike Basden sagt, Polizisten hätten ihm grundlos das | |
> Bein gebrochen. Die Polizei weiß davon nichts und stellt ihn als Trinker | |
> dar. | |
Bild: Malachi Mike Basden 2015 irgendwo in Friedrichshain | |
BERLIN taz | Bislang hatte Malachi Mike Basden eigentlich nichts gegen | |
Berliner Polizisten. „Ich fand sie immer ganz cool“, sagt der | |
Jazzsaxophonist aus New York, der in den 1990ern der persönliche Assistent | |
von Jazzlegende Wynton Marsalis war und seit Jahren in Berlin lebt. Nach | |
einem Vorfall am 18. Februar hat sich dies gründlich geändert. | |
An diesem Abend war der US-Amerikaner, der seit der Pandemie vor allem als | |
Straßenmusiker arbeitet, bei Rewe am Kottbusser Tor einkaufen. Weil eine | |
Schlange an der Kasse war, habe er sich erschöpft auf eine Kiste gesetzt, | |
wie er der taz berichtet, als ein Sicherheitsmann ihn aufgefordert habe zu | |
gehen: „Wir wollen keine Leute wie dich“, habe er gesagt. „Ich habe gesag… | |
ich bin kein Obdachloser, ich will hier einkaufen.“ Ein zweiter | |
Sicherheitsmann darauf gedroht die Polizei zu rufen. „Ich habe gesagt, | |
macht das!“ Er habe dassselbe getan. | |
Beim Warten seien die Securities näher gerückt, einer habe ihn geschubst, | |
so dass er hingefallen sei, und habe ein Knie auf seinen Rücken gedrückt. | |
In dieser Situation sei die Polizei gekommen, ein Beamter habe ihm sogleich | |
Handschellen angelegt. Fünf Beamte hätten ihn in den Büro-Raum der | |
Sicherheitsleute gebracht, auf einen Stuhl gesetzt und sogleich geschlagen. | |
„Einer trat mich heftig ans Bein“, erzählt Basden. „Wo ist dein Ausweis?… | |
hätten sie ihn angeschrieen. „Ich sagte, nehmt mir die Handschellen ab, | |
dann zeige ich ein Foto davon auf meinem Handy.“ | |
Als dies geschehen sei und er aufstehen wollte, habe er starke Schmerzen am | |
Bein gespürt und bemerkt, dass es verdreht war. Die Beamten hätten einen | |
Krankenwagen gerufen. Die Ärzte im Krankenhaus stellten laut Basden fest, | |
das sein Bein gebrochen war. Auf ihr Anraten habe er erneut die Polizei | |
angerufen, zwei Beamte hätten seine Anzeige aufgenommen. | |
## Beamte wissen gleich, wer „Tatverdächtiger“ ist | |
Die Polizei stellt die Sachlage, wie immer in solchen Fällen, völlig anders | |
dar. Man sei unter dem Einsatzanlass „Randalierende Person in einem | |
Lebensmittelgeschäft“ gerufen worden. Dem „Tatverdächtigen“ – offenba… | |
für die Beamten gleich klar, wer das war – seien Handschellen angelegt | |
worden. Um den „Sachverhalt“ zu klären, sei man in das Büro des Supermarks | |
gegangen, habe dort auch eine Anzeige des „Tatverdächtigen“ gegen die | |
Sicherheitmänner aufgenommen. | |
Als man ihm hinausbegleitet habe, „klagte er über Schmerzen im Bein“, | |
darauf sei ein Rettungswagen gerufen worden. Ins Krankenhaus seien erneut | |
Einsatzkräfte gerufen worden, dort habe er angeben, „dass er Schmerzen im | |
Fuß verspürte, als ihm jemand auf den Fuß trat oder diesen festhielt, | |
während er auf dem Boden des Supermarktes lag. Wer dies war, konnte er | |
nicht angeben.“ | |
Zudem erklärt der Polizeisprecher, man habe einen Alkoholtest beim | |
„Tatverdächtigen“ gemacht, der 2,49 Promille Blutalkohol ergeben habe. Eine | |
„Lüge“ sei dies, erwidert Basden. Weder habe man einen Alkoholtest bei ihm | |
gemacht, noch sei er betrunken gewesen. „Das sagen sie nur, um mich in der | |
Öffentlichkeit schlecht zu machen und davon abzulenken, was sie mir angetan | |
haben.“ | |
Biplab Basu von der Opferberatung ReachOut hält dies für vorstellbar. „Das | |
mit dem angeblichen Alkoholkonsum ist eine perfide Strategie, die die | |
Polizei schon öfter benutzt hat.“ Allerdings müsse sie auch beweisen | |
können, dass sie – und warum sie – einen Alkoholtest gemacht habe. „Daf�… | |
brauchen sie schon einen Grund, Alkoholtrinken ist ja nicht verboten.“ Der | |
Verein will Basden dabei unterstützen juristisch in der Sache vorzugehen. | |
Doch zunächst muss sich Basden einer Operation unterziehen. Weil er keine | |
Krankenversicherung hat, [1][sammelten Freunde in einer | |
online-Spendenaktion über 12.000 Euro zusammen]. Mit dem Geld, das übrig | |
bleibt, will Basden einen Anwalt anheuern. „Die Polizei muss dafür | |
bezahlen“, sagt er. | |
4 Mar 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.gofundme.com/f/malakai-needs-help-to-have-broken-leg-surgery | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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