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# taz.de -- Brexit-Streit um Nordirland: EU erwägt rechtliche Schritte
> Großbritannien hatte Übergangsregeln für Nordirland einseitig bis Oktober
> verlängert. Brüssel hält das für eine Verletzung des
> Nordirlandprotokolls.
Bild: Britische Waren fehlen: Ein Supermarkt in Belfast im Januar 2021
Dublin taz | Die Europäische Union erwägt, juristisch gegen Großbritannien
vorzugehen. Das kündigte ein Sprecher am Donnerstag an, nachdem die
britische Regierung die Übergangsregeln für Lebensmittellieferungen nach
Nordirland einseitig und ohne Rücksprache bis Oktober verlängert hatte. Ein
Gespräch von EU-Kommissionsvizepräsident Maroš Šefčovič mit dem britischen
Brexit-Beauftragten David Frost habe keine Annäherung gebracht, sagte er.
„Wir prüfen nun die nächsten Schritte.“ Rechtliches Instrument wäre das …
Brexit-Vertrag vorgesehene Schlichtungsverfahren.
Šefčovič sagte, das sei eine Verletzung des Nordirland-Protokolls, das Teil
des [1][Brexit-Vertrags] ist. Es regelt, dass Nordirland weiterhin Teil des
EU-Binnenmarkts bleibt und sich deshalb an die Zollregeln der EU halten
muss. Dadurch soll eine harte Grenze zu Irland vermieden werden. Das
bedeutet aber auch, dass Kontrollen beim Warenverkehr von Großbritannien
nach Nordirland notwendig sind.
Um Probleme etwa bei der Lebensmittelversorgung zu vermeiden, gilt derzeit
eine mehrmonatige Übergangsphase. Trotzdem klagen viele Unternehmen über
Schwierigkeiten. Die erste Übergangsphase sollte Ende März enden. Danach
müssen Lieferanten tierischer Produkte im Besitz von
Gesundheitszertifikaten für Lieferungen von Großbritannien nach Nordirland
sein.
Irlands Außenminister Simon Coveney sagte am Donnerstag, die EU verhandle
mit einem Partner, dem einfach nicht zu trauen sei. Man sei gerade dabei,
Fortschritte bei der Anwendung des Nordirland-Protokolls zu erzielen.
Deshalb komme der britische Alleingang zu einem denkbar schlechten
Zeitpunkt.
## Schwerer Fehltritt der EU
Die Episode erinnert an eine Drohung Londons aus dem vergangenen Jahr:
Bereits im September 2020 wollte Premierminister Boris Johnson ein Gesetz
verabschieden lassen, mit dem Teile der Nordirland-Vereinbarungen
ausgehebelt werden sollten. Nach Protesten der EU ließ er es bleiben.
Auch die EU hatte sich einen schweren Fehltritt in Bezug auf das
Nordirland-Protokoll geleistet, als sie vor kurzem Exportauflagen für
Corona-Impfstoffe einführte. [2][Damals wollte Brüssel die Notfallklausel
für die irische Grenze, den sogenannten Artikel 16, aktivieren]. Damit
würden Kontrollen zwischen Nordirland und der Republik Irland erlaubt. So
wollte Brüssel die Ausfuhr von Covid-Impfstoffen aus der EU über die
nordirische Hintertür nach Großbritannien verhindern. Großbritannien und
Irland protestierten, die EU ruderte schnell zurück.
Johnson sagte am Mittwoch, die Verlängerung der Übergangsfrist sei
notwendig, da das hochtechnologische System zur Rückverfolgbarkeit von
Waren nicht bis Ende des Monats in den Supermärkten installiert werden
könne. Mairead McGuinness, die EU-Kommissarin für Finanzdienstleistungen,
Finanzstabilität und Kapitalmarktunion, sagte hingegen, es sei „sehr,
sehr ungewöhnlich“, dass eine Seite solch weitreichende Entscheidung ohne
Diskussionen treffe. Die EU werde trotzdem „wie ein Erwachsener
wohlüberlegt“ reagieren.
Sie fügte hinzu, dass sich die EU sehr wohl der Probleme in Nordirland
bewusst sei. Aufgrund der bürokratischen Hürden klaffen seit Jahresbeginn
Lücken in den Supermärkten. Nordirlands Unionisten laufen deshalb Sturm
gegen das Nordirland-Protokoll. Und die protestantisch-loyalistischen
Terrororganisationen haben nun sogar ihre Unterstützung für das
Karfreitags-Friedensabkommen von 1998 zurückgezogen, wollen aber „auf
friedliche und demokratische“ Weise dagegen vorgehen. (mit dpa)
4 Mar 2021
## LINKS
[1] /Handelsvertrag-mit-Grossbritannien/!5736153
[2] /Brexit-und-Nordirland-Mechanismus/!5748874
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
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