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# taz.de -- Neue Webseite Palais F*Luxx: Ein Palast für Frauen
> Die Journalistin Silke Burmester hat eine Webseite für Frauen ab 47
> Jahren gegründet. Statt über Kosmetik oder Kochen erzählen sie über
> Erfahrungen.
Bild: Silke Burmester möchte etwas gegen die Unsichtbarkeit älterer Frauen tun
Bei Silke Burmester geht es nicht klein. Selbst [1][„Das geheime Tagebuch
der Carla Bruni“] – eine typische Burmester-Persiflage des Ex-Models Bruni,
die als Geliebte des damaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy
das Privatleben verliert – kommt nicht ohne Atombombe aus. „Ich hatte schon
viele Geliebte“, schreibt Bruni-Burmester: Abgeordnete, Musiker,
Fotografen, Feuerwehrmänner, einen Yogalehrer. „Aber einen Herrscher über
ein Land, einen, der die Raketen abschießt, hatte ich noch nie“, diktiert
die Journalistin, Autorin und Moderatorin Burmester der späteren
Präsidentengattin 2008 ins fiktive Tagebuch.
Jetzt, 13 Jahre später, soll es bei Burmester wieder ganz groß werden.
[2][Palais F*Luxx heißt ihre neue Seite] im Internet. Ach was, Seite, es
ist ein „Palast für Frauen ab 47 Jahren“. So jedenfalls beschreibt
Burmester ihre Plattform für älter werdende Frauen. „Es soll ein Haus sein,
in dem sich ältere Frauen wohl und aufgehoben fühlen“, sagt die 55-jährige
Journalistin und frühere taz-Kolumnistin. Ein Haus, in diesem Fall ein
Palast, gefüllt mit Texten, Bildern, Büchern. Dinge, die die Erfahrungen,
Sehnsüchte und Ideen von Frauen in den Wechseljahren auffangen und
widerspiegeln.
Die Idee zu Palais F*Luxx ist also so brillant wie naheliegend: Mit dem
Alter gewinnen Frauen viel, Expertise, Gelassenheit, Weitblick. Aber sie
verlieren auch jede Menge: Mit den Hormonen verschwinden Körperstraffheit,
Haarfarben, Männer. Frauen werden unsichtbar, wie es dann so schön heißt.
„Wenn ich mit Frauen in meinem Alter über Unsichtbarkeit rede, wissen alle
sofort, was gemeint ist“, sagt Burmester: „Während Männer fragen: Hä, was
redet ihr da?“
Was liegt also näher, Unsichtbare(s) sichtbar zu machen. Daher auch der
Titel: F*Luxx steht für so viel wie Frauen ans Licht. „Frauen jenseits der
47 haben so viel geleistet, vieles davon steckt jedoch verborgen in deren
Schubladen“, sagt Burmester. Sie will Frauen anregen, ihre Schubladen zu
öffnen, die Schätze darin hervorzuholen – und im Palais F*Luxx zu
präsentieren. Eben sich zu zeigen. Das können Fotoreihen sein und
unveröffentlichte Texte, aber auch Texte, die bereits anderswo zu lesen
waren und das Zeug zum „Longreader“ haben.
## Mit dem Charme der Furchtlosigkeit
Aber auch Tipps für Netflix-Serien und Lieblingsbücher findet die Leserin
dort. Das mag banal klingen, nach Ramschkiste, nach Brigitte und
Cosmopolitan. Ist es aber nicht. Denn bei Palais F*Luxx gibt es keine
Mode, keine Kosmetik, keine Kochrezepte. Keine Fotos „schöner, schlanker,
strahlender“. Dafür häufig Texte mit einem Überraschungsmoment und dem
Charme der Furchtlosigkeit, die vor allem älteren Frauen eigen ist. Da ist
zum Beispiel [3][die Offenbarung „Suzanna klaut“].
Die Autorin Suzanna Kleefisch ist im Gespräch mit sich selbst und erzählt,
warum sie was und wie in Läden mitgehen lässt. Am Anfang war da die Lust,
etwas Verbotenes zu tun, denn Suzanna verdient genügend Geld und leidet –
außer den Widrigkeiten des Älterwerdens – auch sonst keine Not. Aber mal
dort einen Gürtel mitgehen zu lassen und Fotoabzüge in einem Drogeriemarkt
nicht zu bezahlen, wurden zum Sport. Da ist aber auch die Scham, falls sie
erwischt werden sollte. Wie soll sie das ihren Freundinnen erklären?
## Mut zum Profanen
Oder [4][der Text einer Autorin], die schon immer mal eisbaden wollte und
jetzt feststellt, dass das in der Pandemie der heißeste Scheiß ist. Sie
ärgert sich: Da haben andere wieder mal meine Idee geklaut. Am Ende landet
sie im Internet in einem „beruhigenden Account, auf dem Cremespeisen
glattgestrichen werden“. Das ist der Mut zum Profanen.
Jede, die will, ist in den Palast eingeladen: Einfach Texte einschicken,
Fotoserien, Geschichten. Keine muss professionelle Autorin, Fotografin,
Künstlerin sein. Texte werden nicht stilistisch geglättet, obwohl trotz
allem eine Qualitätskontrolle stattfindet, versichert Burmester: „Es soll
so authentisch wie möglich bleiben.“ Noch bekommt keine Geld für ihre
Schätze aus der Schublade, die sie in Palais F*Luxx zeigt. Das hat die
Soloselbstständige Burmester schlicht nicht. Sie hat die Seite mithilfe von
4.500 Euro Hamburger Coronahilfe und zusammen mit vier anderen Frauen aus
dem Boden gestampft.
Jeder Text, jedes Bild, jeder Filmtipp sind frei zugänglich, wer will, kann
spenden. Aber bei Burmester geht es wie gesagt nicht klein. Sie sagt:
„Irgendwann soll die Seite Geld abwerfen.“ Durch Sponsoren oder Werbung.
Denn „die Frauen haben es verdient“.
2 Mar 2021
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Carla-Brunis-Tagebuch/!t5161406
[2] https://palais-fluxx.de/
[3] https://palais-fluxx.de/suzanna-klaut/
[4] https://palais-fluxx.de/na-fein-stimmungen/
## AUTOREN
Simone Schmollack
## TAGS
Frauen
Feminismus
Altern
Wechseljahre
Kolumne Habibitus
Lesestück Interview
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