# taz.de -- Die Wahrheit: Daumen hoch für Corona | |
> Wer Emojis benutzt, sollte auch wissen, was sie bedeuten. Besonders in | |
> diesen Zeiten kann man nicht alles mit „Gefällt mir“ ausdrücken. | |
Emojis sind etwas für Analphabeten und Faule. Ich gehöre zur zweiten | |
Kategorie. Wenn das Handy mit einem Piepton zum zwanzigsten Mal am Tag | |
meldet, dass jemand ein lustiges Video geschickt hat, ist es einfacher, mit | |
einem Emoji zu antworten, denn sonst wird man zur Rede gestellt: Ob man | |
sich das Video etwa nicht angesehen habe? Wer aber einen Witz verschickt | |
und ihn mit zwei Dutzend Grinse-Emojis verziert, hält den Empfänger | |
offenbar für zu blöd, den Witz zu erkennen. | |
Man muss aber aufpassen, dass man auf eine Todesnachricht nicht mit einem | |
Grinse-Emoji antwortet. Irlands Gesundheitsminister Stephen Donnelly hat | |
nicht aufgepasst. Als der Chefmediziner der irischen Regierung, Tony | |
Holohan, in einer Textnachricht erklärte, dass der R-Wert in Dublin stark | |
gestiegen sei, was nun wahrlich keine gute Nachricht war, antwortete | |
Donnelly mit dem Daumen-hoch-Zeichen. | |
Donnelly hat ohnehin erhebliche Verständnisschwierigkeiten. Nachdem Holohan | |
erklärt hatte, dass die Zahl der positiv getesteten Menschen gestiegen sei, | |
erklärte Donnelly in einem Radiointerview, dass die Aussichten positiv | |
seien. Und es gebe einen Plan, und der Plan funktioniere. Wie dieser Plan | |
aussieht, behielt er allerdings für sich. | |
Irgendeiner seiner Parteifreunde muss Donnelly erklären, dass er das | |
Daumen-hoch-Emoji meiden sollte, denn es ist nichts anderes als eine | |
minimal höflichere Form des gestreckten Mittelfingers. Wer es sendet, macht | |
dem Empfänger unmissverständlich klar, dass die Konversation beendet ist. | |
## Früher gab es Sprache | |
Früher gab es Sprache, um Gefühle auszudrücken. Dann kamen die Emoticons | |
–:-) oder:-(. Heutzutage kommen viele ohne Buchstaben und Satzzeichen aus. | |
Das erste Emoji wurde 1999 von dem japanischen Künstler Shigetaka Kurita | |
entworfen. Inzwischen gibt es weit über 3.000 Stück. Mehr als sechs | |
Milliarden Emojis werden jeden Tag weltweit verschickt. | |
Einige haben voriges Jahr in den USA zu mehr als hundert Klagen geführt. | |
Gerichte mussten zum Beispiel entscheiden, ob das Versenden einer | |
Emoji-Pistole bereits eine Morddrohung sei. Das Lustigste an den Emojis | |
ist, dass sie bierernst genommen werden. Man kann nämlich nicht einfach | |
eins entwerfen und auf die Liste setzen. Dafür ist das Unicode-Konsortium | |
zuständig. Das hat das Monopol für die Zulassung von Emojis. | |
Man kann sich dort aber einkaufen, wenn man genügend Geld hat. Facebook, | |
Google, Apple, Microsoft, die Regierung von Bangladesch und das Ministerium | |
für religiöse Stiftungen und Religionsangelegenheiten des Sultanats von | |
Oman haben genügend Geld. Damit ist der demokratische Entscheidungsprozess | |
für die Zulassung von Emojis garantiert. Wozu brauchen Katalanen, Tibeter | |
und Transgender auch ein eigenes Emoji. | |
Donnelly sei die Online-Emojipedia empfohlen, wo man die Bedeutung der | |
Dinger nachschlagen kann. Auf die Äußerungen des Ministers mit 👍 passt aber | |
immer: 💩. | |
22 Feb 2021 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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