| # taz.de -- Machtkampf im Kongo: Premierminister abgewählt | |
| > Das Parlament im Kongo spricht Premier Ilunga das Misstrauen aus. Damit | |
| > fordert Präsident Felix Tshisekedi seinen Vorgänger Joseph Kabila heraus. | |
| Bild: Kann er das Kabila-Machtsystem ins Wanken bringen? Kongos Präsident Feli… | |
| Berlin taz | Der Machtkampf in der Demokratischen Republik Kongo zwischen | |
| Präsident Felix Tshisekedi und seinem Vorgänger Joseph Kabila spitzt sich | |
| zu. Das 500 Abgeordnete zählende Parlament in der Hauptstadt Kinshasa | |
| sprach am Mittwochabend mit 367 Stimmen von 382 Anwesenden dem | |
| Kabila-treuen Premierminister [1][Sylvestre Ilunga] das Misstrauen aus. | |
| Kabila-treue Abgeordnete und Minister boykottierten die Sitzung. | |
| Premierminister Ilunga lehnte umgehend einen Rücktritt ab. In einer an das | |
| Parlamentspräsidium gerichteten [2][Erklärung] sagte er, er werde nicht | |
| zurücktreten, solange kein neues Parlamentspräsidium bestimmt worden sei. | |
| Dies habe er bei seinen Treffen mit Kabila und anderen Würdenträgern der | |
| Region Katanga in Lubumbashi, Hauptstadt von Katanga und zweitgrößte Stadt | |
| des Kongo, in den vergangenen Tagen geklärt. | |
| Damit fordert der Premier direkt die Autorität des Präsidenten heraus und | |
| stellt dieser die Autorität von dessen Vorgänger entgegen. Auf diese Weise | |
| wird die Machtfrage im Kongo, die seit den Wahlen 2018 in der Schwebe | |
| geblieben war, neu gestellt. | |
| Bei den Wahlen war Kabila nach knapp 18 Jahren an der Macht nicht mehr | |
| angetreten, aber sein Wunschkandidat hatte die Wahlen knallend gegen den | |
| wichtigsten Oppositionskandidaten [3][Martin Fayulu] verloren. Die | |
| Kabila-treue Wahlkommission erklärte daraufhin den schwächeren | |
| Oppositionskandidaten Felix Tshisekedi [4][zum Wahlsieger,] und der | |
| übernahm im Januar 2019 das Präsidentenamt. Kabila behielt ein informelles | |
| Vetorecht über wichtige Entscheidungen und weitreichende Vollmachten, seine | |
| Parteigänger bewahrten eine Zweidrittelmehrheit im Parlament und | |
| dominierten auch die Regierung unter dem von ihnen gestellten | |
| Premierminister Ilunga. | |
| ## Expräsident hat sich in reicher Bergbauregion verschanzt | |
| Erst im Dezember 2020 [5][kündigte Tshisekedi das Bündnis mit Kabila auf] | |
| und erklärte seine Absicht, eine eigene Parlamentsmehrheit zu suchen und | |
| eine eigene neue Regierung zu bilden, um die Erwartungen der Kongolesen auf | |
| Wandel nicht länger zu enttäuschen. Offenbar hat er es nun geschafft, | |
| zumindest die Mehrheitsverhältnisse im Parlament zu kippen. | |
| Die bisherige Parlamentsleitung ist bereits abgesetzt, eine neue soll | |
| kommende Woche gewählt werden. Wichtige Schwergewichte der kongolesischen | |
| Opposition zu Kabila-Zeiten wie Jean-Pierre Bemba und Moise Katumbi, die | |
| bei den Wahlen 2018 noch Tshisekedis Kandidatur bekämpften, unterstützen | |
| jetzt Tshisekedi in seinen Bemühungen, eine breite Regierungskoalition | |
| namens „Heilige Union“ (Union Sacrée) zu bilden. | |
| Wie sehr Tshisekedi – Sohn des historischen Führers der kongolesischen | |
| Demokratiebewegung, Etienne Tshisekedi – tatsächlich das Kabila-Machtsystem | |
| überwinden kann, bleibt jedoch offen. Der Expräsident hat sich in Kongos | |
| reichster Bergbauregion Katanga verschanzt, wo er die Politik dominiert und | |
| wo mächtige ehemalige Generäle aus seiner Amtszeit bewaffnete Gruppen | |
| unterhalten. | |
| Zuletzt war vor einer Woche in Lubumbashi [6][Ngoy Mulunda verhaftet] | |
| worden, Chef der Wahlkommission bei den Wahlen 2011, als Kabila sich | |
| mittels Wahlmanipulation gegen Etienne Tshisekedi durchgesetzt hatte. | |
| Mulunda wurde am Dienstag zu drei Jahren Haft wegen Anstiftung zum Hass | |
| verurteilt. Er hatte auf einer Gebetsveranstaltung Kabila zum Führer | |
| Katangas erklärt und Nicht-Katangesen – also auch Päsident Tshiekedi – | |
| aufgefordert, sich aus Katangas Politik herauszuhalten. | |
| Seine Verurteilung ist eine weitere Schwächung des Kabila-Lagers, das | |
| bisher davon ausging, im Kongo das Sagen zu haben, auch wenn es nicht mehr | |
| den Präsidenten stellt. | |
| 28 Jan 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
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