# taz.de -- Klage gegen Spahns Gesundheitsportal: Das Halsweh-Kartell | |
> Nach einer Klage des Burda-Verlags darf Google Inhalte des | |
> Gesundheitsministeriums nicht mehr bevorzugt ausspielen. Ein Gewinn für | |
> die Pressefreiheit? | |
Bild: Schnell mal „Halsschmerzen“ googeln: bis vor kurzem kam Spahns Gesund… | |
Stellen Sie sich vor, sie spüren ein Kratzen im Hals. Ist das Corona oder | |
nur eine Erkältung? Vermutlich setzen Sie sich nicht gleich ins volle | |
Wartezimmer, sondern googeln erstmal. Aber auf welchen Link klicken Sie? | |
Wer bei [1][Google nach „Halsschmerzen“] sucht, bekam bis vor kurzem als | |
erstes einen Infokasten des Gesundheitsministeriums angezeigt. Seit | |
November haben Google und das Ministerium kooperiert, Google spielte das | |
staatliche Portal /[2][gesund.bund.de]/ in seinen Suchergebnissen ganz oben | |
aus. Das Ziel der Zusammenarbeit: verlässliche Informationen in der | |
Pandemie. | |
Das ist nun vorbei, das Landgericht München hat die Zusammenarbeit | |
verboten. /Gesund.Bund/ darf weiter bestehen, wird aber bei Google nicht | |
mehr prominent angezeigt. Geklagt hatte der Burda-Verlag, der die Webseite | |
netdoktor.de betreibt, die ebenfalls über Krankheiten aufklärt. Burda | |
argumentiert, dass netdoktor.de seltener besucht werde, seit Google das | |
staatliche Gesundheitsportal prominent platziert. Damit seien Burda | |
Werbeeinnahmen verloren gegangen. | |
Das Gericht ließ sich überzeugen und wertete die Zusammenarbeit von | |
[3][Google und dem Ministerium] als Kartellverstoß. Die Frage, ob | |
medizinische Informationen vom Staat verlässlicher sind als die von | |
privaten Anbietern, spielte keine Rolle. | |
Der Burda-Verlag feiert sich nun als Kämpfer für die Pressefreiheit. Doch | |
das stimmt so nicht ganz. Der Verlag betreibt sein Angebot ja nicht aus | |
reiner Menschenfreundlichkeit, sondern um Anzeigen zu verkaufen. Und das | |
Problem geht tiefer: Die Entscheidung des Gerichts bekämpft – um im Bild zu | |
bleiben – lediglich das Symptom. Die Reihenfolge, mit der Google | |
Suchergebnisse ausspielt, legt allein Google fest, auf Grundlage eines | |
Algorithmus, der von außen nicht zu durchschauen ist. Wer bei Google nach | |
„Halsschmerzen“ sucht, landet schnell auf Seiten von Pharmafirmen, die ihre | |
Medikamente verkaufen wollen. Transparente Informationen herrschen hier | |
also auch nicht – sondern Googles Betriebsgeheimnis. | |
Das Urteil zeigt: Wenn Sie wissen wollen, ob Sie krank sind, fragen Sie | |
ihren Arzt oder Apotheker. | |
10 Feb 2021 | |
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## AUTOREN | |
Anne Fromm | |
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