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# taz.de -- Die Wahrheit: Horn weit nach oben
> Am Freitag beginnt das chinesische „Jahr des Büffels“ – mit allen
> Konsequenzen für das kraftvolle Rind. Bitte nicht mit dem „Grüffelo“
> verwechseln!
Bild: Hartnäckig trotzt der Büffel im chinesischen Jinlin der Eiszeit
Vor 43 Tagen sind wir das Jahr 2020 losgeworden – mit Kusshand. Seither ist
alles, alles besser. Am 12. Februar 2021 sind die Chinesen erst mit ihrem
Jahreswechsel dran, also jene Leute, die maßgeblich weltweit zur Gestaltung
des vergangenen Jahres beigetragen haben – [1][siehe das große C wie Virus
aus W wie Wuhan].
Ihrem Kalender zufolge beginnt nun das „Jahr des Büffels“. Mit dem vorigen
Namen lagen sie gar nicht mal so sehr daneben, handelte es sich doch um das
„Jahr der Ratte“ – der „Metall“-Ratte, um genau zu sein, was immer da…
sein mag. Vielleicht hat das ja mit ihren musikalischen Präferenzen zu tun
und die Ratte ist ein eifriger Headbanger.
Eifrig erfüllte die Ratte so ziemlich jedes Klischee, war doch 2020 extrem
rattig: hartnäckig, widerstandsfähig, bodenständig, obendrein ausgestattet
mit hochintelligenten Viren. Bodenständig sind wir seither auch, das heißt,
bei uns sind Kultur, Gastronomie und Tourismus dauerhaft am Boden.
Jetzt hat es sich also ausgerattet – und was kriegen wir stattdessen? Den
Büffel. Gut, die Fledermaus hätte sich am Markt der Horoskope nur schwer
durchsetzen lassen. Wir werden es natürlich mit dem asiatischen Büffel
(bubalus arnee) zu tun haben, keinesfalls also mit dem afrikanischen
Vertreter, der „Kaffern“-Büffel zum Beispiel ist schon längst nicht mehr
politisch korrekt. Zumal beim afrikanischen das Horn nach unten zeigt, für
aufstrebende Asiaten ein Affront.
## Ein Büffelgehörn im Kapitol
Der Büffel wird umgangssprachlich gern mit dem Bison verwechselt, dem
immerhin – von Donald Trump einmal abgesehen – größten Landsäugetier
Nordamerikas, dessen Bestände die Amerikaner im 19. Jahrhundert innerhalb
weniger Jahre von dreißig Millionen auf dreißigtausend Exemplare
verschlankt haben. Da könnten die Chinesen durchaus von lernen.
Überraschenderweise war [2][bei der Durchführung des Kapitol-Verbrechens am
6. Januar 2021] ein Büffelgehörn an vorderster Front zu sehen. Anders in
Europa: Hier finden wir nur das Wisent im sauerländischen Naturpark St.
Ampede sowie die Bisöne Mannheims.
Aus unserem Alltagsleben ist der Büffel weitgehend verschwunden, sieht man
mal von Büffel-Mozzarella ab. „Buffalo Wings“ werden aus Hühnerfleisch
gefertigt, denn Büffel – entre nous – haben gar keine Flügel. Aber
vielleicht ist es kein Zufall, dass die üblichen Gourmet-Trüffelschweine
das magere Büffelfleisch turnusmäßig zum Trendgericht ausrufen, selbst wenn
es gelegentlich müffelt.
Der Büffel hat kaum natürliche Feinde, außer den Chinesen
selbstverständlich, die allen Ernstes glauben, das Horn würde die Potenz
steigern. Allerdings denken die Chinesen das über nahezu alle anderen Tiere
auch. Richtige Freunde hat der Büffel kaum, sieht man von den Madenhackern
mal ab, die für die Fellpflege verantwortlich zeichnen. Mit dem
chinesischen Horoskop bringt sich das fellige Tier jedenfalls nachdrücklich
in Erinnerung in Zeiten, in denen es viele mit dem „Grüffelo“ verwechseln.
## Herdenimmunität im Büffelreich
Es gibt durchaus Parallelen zum Menschen: Sind die Kälber noch voll
behaart, wird das Haarkleid im Alter spärlich. Büffel wie Menschen leben
Jahrzehnte im selben Revier. Meistens bleiben die Weibchen mit den Jungen
zusammen, während die Männchen an verschiedenen Wasserlöchern abhängen und
im Übrigen auch keinesfalls Männchen genannt werden wollen. In den üblichen
Lokalitäten treiben sich reine Junggesellenherden herum, die immerzu Party
machen wollen und dabei auf die Herdenimmunität vertrauen.
Kraftvoll. Geduldig. Logisch. Ausdauernd. Zuverlässig. Das Schnaubende,
Fußstampferische steht auch für die chinesische Politik der letzten Jahre,
ohne jetzt den Namen eines federführenden Politikers nennen zu wollen, der
sich eher auf Panda reimt. Dass der Nationale Volkskongress eines Tages
anfängt, Demokratie zu büffeln, steht jedenfalls eher nicht zu erwarten. Am
1. Februar 2022 sehen wir weiter, da fängt das „Jahr des Tigers“ an. Wobei
Tigerhoden wiederum bei den Chinesen … aber das hatten wir ja schon.
12 Feb 2021
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746
[2] /Amtsenthebungsverfahren-in-den-USA/!5751595
## AUTOREN
Thomas C. Breuer
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