| # taz.de -- Die Wahrheit: Februar, in Flaschen abgefüllt | |
| > Die unerträglichsten Monate sind der November und Februar. So ist es | |
| > nicht erstaunlich, dass beide viel mit Karneval zu tun haben. | |
| Bild: Ob Berliner oder Pfannkuchen: Hier Vorsicht mit dem Anzug! | |
| Der Februar ist einer der beiden unbeliebten Monate. Der andere ist der | |
| November. November und Februar haben gemeinsam, dass sie die beiden | |
| akzeptierten Wintermonate Dezember und Januar einrahmen. Der Dezember ist | |
| als Monat unangreifbar mit seinem Weihnachts-, Advents-, Nikolaus- und mit | |
| seinem Silvesterbonus. | |
| Der Januar hat immerhin noch Neujahr im Repertoire, und steht da wie | |
| gemeißelt, gleich als Erster am Beginn jedes Jahres. In dieser Position | |
| macht er keine großen Versprechungen, er kann Kälte, Schnee und Dunkelheit | |
| bringen, so viel er will, denn er ist der Januar. Wenn er geht, hat man die | |
| Nase voll von Kälte und Dunkelheit. Aber dann kommt ja noch der Februar. | |
| Der macht auch keine Versprechungen, steht aber seltsam unentschlossen | |
| zwischen dem Januar und dem März herum. Der März ist ein echter | |
| Hoffnungsträger. Meistens enttäuschend, dennoch auf ewig als Frühjahrsmonat | |
| geadelt durch Songs wie „Im Märzen der Bauer“. Der Februar, so denkt man | |
| sich, soll einfach weggehen und Platz machen für den März mit seinen | |
| Knospen. | |
| Allein Rheinländer können dem Februar etwas abgewinnen, denn der Februar | |
| berechtigt zu Kostümierung, Besäufnis und hemmungslosem Fremdknutschen. | |
| Jedenfalls in normalen Jahren – 2021 nicht mal das. Der Februar 2021 muss | |
| für Rheinländer ein einziger Hohn sein. Na ja, da können sie mal sehen, wie | |
| Februar sich anderswo anfühlt, zum Beispiel in Berlin. | |
| ## Brazil | |
| An dieser Stelle muss ich zugeben, dass die hier protokollierte | |
| Einschätzung des Februars sowieso keine globale Gültigkeit beanspruchen | |
| kann. Ich weiß das, weil ich vor vielen Jahren mal einen Februar in | |
| Brasilien verbrachte, und dort konnte wirklich keine Rede sein von Schnee, | |
| Kälte und Dunkelheit. | |
| Ausgesprochen warm und hell war es. Karneval gab es trotzdem, und zwar | |
| hallo! Karneval ist auf Kälte und Dunkelheit überhaupt nicht angewiesen, | |
| wie sich zeigte, es geht sogar ohne Funkenmariechen und Büttenreden, wie | |
| man in Brasilien angenehm eindrucksvoll beweist. | |
| Vielleicht wäre es in kommenden Jahren, wenn sich denn die sogenannte | |
| Situation wieder „normalisiert“ hat und der Karneval zurückgekehrt ist ins | |
| Rheinland, vielleicht wäre es da also irgendwie möglich, den Februar aus | |
| der restlichen Republik in Flaschen abzufüllen und ins Rheinland zu | |
| transportieren (womöglich gegen Bezahlung)? In den Karnevalshochburgen | |
| Düsseldorf, Köln, Mainz hätte man damit mehr Februar, während anderswo | |
| schon schön März wäre (von den Einnahmen einmal abgesehen)! | |
| Anschließend hätte man immerhin noch acht Monate Zeit, um sich zu | |
| überlegen, wie man mit dem November fertig wird. Vielleicht einfach noch | |
| mal auf dieselbe Tour – begeht das Rheinland nicht mitten im November den | |
| Beginn der Karnevalszeit? So ein Zufall aber auch. Wer hätte gedacht, dass | |
| der Karneval einmal dabei helfen könnte, gleich zwei unbeliebte Monate | |
| loszuwerden? | |
| 9 Feb 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Ulrike Sterblich | |
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