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# taz.de -- Filme im Stream: Eigentümliches Gedenken
> Spuren von Erinnerung: Arnon Goldfingers Doku „Die Wohnung“, Seijun
> Suzukis Mix aus Genre-Kino und Avantgarde und Beerdigungen bei Uberto
> Pasolini.
Bild: „Funeral Officer“: May bemüht sich um würdige Beerdigungen („Mr. …
Die Oma ist tot. Hochbetagt ist die während der Nazizeit aus Deutschland
emigrierte Gerda Tuchler mit 98 Jahren in Tel Aviv verstorben. Die
neugierige Verwandtschaft rückt zum Ausmisten an. Doch was wissen jene, die
nun „Die Wohnung“ auflösen, eigentlich von Gerdas Leben und dem ihres
Mannes Kurt? Eigentlich nichts.
Nur Regisseur Arnon Goldfinger, Gerdas Enkel, bleibt hartnäckig. Er stößt
auf eine ziemlich [1][unglaubliche Geschichte]: Offenbar waren die Tuchlers
gut befreundet mit dem SS-Offizier Leopold von Mildenstein, Vorgänger Adolf
Eichmanns im „Judenreferat“ des SD, und dessen Frau. Gemeinsam bereisten
die beiden Paare 1933 Palästina: Die Tuchlers waren engagiert in der
zionistischen Bewegung, von Mildenstein erkundete derweil die
Emigrationsmöglichkeiten für Juden. Nach dem Krieg nahmen die Emigranten
die Freundschaft mit den von Mildensteins wieder auf.
Wirklich erklären kann der Film diese merkwürdige Beziehung zwar auch im
Laufe der Recherchen nicht, dafür entwickelt sich eine subtile
Dokumentation über die Frage, was die nachgeborene Generation alles
verdrängt hat und warum. Denn was Archive oder bislang unbekannte Verwandte
schließlich über das Schicksal von Gerdas Mutter oder den tatsächlichen
Lebenslauf Leopold von Mildensteins zutage fördern, wird zu einer bitteren,
aber bitter notwendigen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und
eigenen Herkunft (Stream bei [2][salzgeber.de]).
## Meta über Meta: Seijun Suzuki
Wie verbindet man Genre-Kino mit Avantgarde? Der japanische Regisseur
Seijun Suzuki machte es in den 1960er-Jahren vor. So wie man Jean-Luc
Godards „Außer Atem“ als eine gewagte Reflexion von Jean-Pierre Melvilles
Gangsterfilmen verstehen kann (also: Meta-Kino über Meta-Kino), bezieht
sich Suzuki auf die japanischen Yakuza-Filme.
Inhaltlich geht es in seinen Gangsterballaden um ein existentialistisches
Lebensgefühl, um Freundschaft, Loyalität und Verrat. Stilistisch befleißigt
sich Suzuki dabei einer extremen Stilisierung: gewagte Perspektiven im
Scope-Format, wilde Pop-Farbgebung der Dekors im 1966 entstandenen „Tokyo
Nagaremono“ oder klassisches Schwarzweiß in „Branded to Kill“ (1967).
Suzuki arbeitete im Rahmen – aber immer haarscharf am Rande – der
kommerziellen Filmproduktion, bis man schließlich von seinen Experimenten
die Nase voll hatte und ihn hinauswarf (Beide Filme als Stream bei
[3][rapideyemovies], Plattform:
[4][vimeo.com/selectedbyrem/vod_pages/page:2]).
## Mit Sorgfalt beerdigt
John May (Eddie Marsan) organisiert als Mitarbeiter der Londoner
Stadtverwaltung Beerdigungen von einsam und mittellos verstorbenen
Menschen. Man merkt an seiner peniblen Sorgfalt, wie sehr ihm an einem
würdigen Abgang dieser Leute gelegen ist. Effektiv ist das allerdings
nicht. Schließlich wird er im Rahmen von Sparmaßnahmen gefeuert.
Trotz seines Themas ist „Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit“ (R: Uberto
Pasolini, 2014) vor allem ein Film über das Leben – und darüber, wie man
der Einsamkeit mit einem kleinen Wagnis vielleicht doch entkommen kann
(Stream bei [5][goodmovies.de]).[6][[Link auf
https://fsk-kino.peripherfilm.de/im-land-meiner-kinder/]]
22 Jan 2021
## LINKS
[1] /Doku-NS-Geschichte-in-Israel/!5036224
[2] http://salzgeber.de/
[3] https://rapideyemovies.de/
[4] https://vimeo.com/selectedbyrem/vod_pages/page:2
[5] https://www.goodmovies.de/
[6] https://fsk-kino.peripherfilm.de/im-land-meiner-kinder/
## AUTOREN
Lars Penning
## TAGS
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