# taz.de -- Filmfestival für den Nachwuchs: Ein vergessener Innovateur | |
> Das Filmfestival Max Ophüls Preis gibt es dieses Jahr nur online. Filme | |
> des Namensgebers zum Streamen finden sich im Netz aber so gut wie keine. | |
Bild: „A Black Jesus“: Doku über Geflüchtete und eine Schwarze Jesus-Stat… | |
Sofern man sich für die Werke des (im weitesten Sinne) deutschsprachigen | |
Filmnachwuchses interessiert, ist das seit 1980 existierende Filmfestival | |
Max Ophüls Preis in Saarbrücken die wohl renommierteste Adresse. | |
In diesem Jahr muss man allerdings gar nicht in den deutschen Südwesten | |
reisen, um die Filme zu sehen. Der heimische Sessel reicht dazu völlig aus: | |
Denn das 42. Ophüls-Festival findet vom 17.–24. Januar – einmal mehr | |
coronabedingt – als reines [1][Online-Festival] statt, bei dem unter | |
anderem zwölf Spielfilme und zehn Dokumentarfilme in Wettbewerben um die | |
Hauptpreise konkurrieren. | |
Eröffnet wird das Festival mit einem Dokumentarfilm, dessen Thematik einige | |
der gesellschaftspolitischen Entwicklungen im Europa der letzten Jahre | |
ziemlich gut auf den Punkt bringt: In dem von Wim Wenders produzierten „A | |
Black Jesus“ erzählt Regisseur Luca Lucchesi von einer jährlichen | |
Prozession in einem sizilianischen Dorf, bei der eine Schwarze Jesus-Statue | |
durch den Ort getragen wird. | |
Als ein junger geflüchteter Ghanaer den – eigentlich völlig folgerichtigen | |
– Wunsch äußert, aktiv an dieser Prozession teilnehmen zu können, löst di… | |
bei den Einheimischen, die dem örtlichen Migrantenheim sowieso schon mehr | |
als skeptisch gegenüberstehen, eine kontroverse Debatte aus. | |
Auch der Wettbewerbsfilm „Borga“, das Spielfilmdebüt des dffb-Absolventen | |
York-Fabian Raabe, schließt an diese Thematik an und handelt von der | |
Emigration aus Ghana: Borga heißen dort jene Migranten, die es anscheinend | |
im Ausland zu etwas gebracht haben. Entsprechend möchte auch Hauptfigur | |
Kojo (Eugene Boateng) sein Glück in Deutschland versuchen. Besser als auf | |
einer Müllhalde in Accra zu leben, sollte das ja wohl allemal sein. Denkt | |
er jedenfalls. Und kommt bald auf dem Boden der Tatsachen an. Doch das | |
Scheitern kann man ja nicht so ohne weiteres zugeben. | |
Wenn schon ein Ophüls-Preis vergeben wird, ist es eigentlich naheliegend, | |
im Netz einmal nach Filmen des Namensgebers zu suchen. Immerhin handelt es | |
sich um einen der kreativsten und – als Jude von den Nationalsozialisten in | |
die Emigration gezwungen – notgedrungen auch internationalsten deutschen | |
Regisseure: Max Ophüls drehte in Italien, Frankreich, den Niederlanden und | |
den USA, und schuf mit Werken wie „Letter from an Unknown Woman“, „Madame | |
de“ und „Lola Montez“ allseits geschätzte Klassiker. | |
Nur: seine Filme hat erstaunlicherweise momentan kein VoD-Anbieter im | |
Verleih, man bekommt sie allenfalls als DVD. Gefunden werden konnte beim | |
(abonnementbasiertern) Streamingdienst [2][Mubi] immerhin Ophüls' brillante | |
frühe Schnitzler-Verfilmung [3][„Liebelei“] (1933), in der ein frisch | |
verliebter Leutnant im Wien der Kaiserzeit von seiner vorherigen Affäre mit | |
einer verheirateten Baronin eingeholt wird und sich zum Duell gefordert | |
sieht. | |
Innovativ in Bild- und Tongestaltung und extrem überzeugend in der Führung | |
junger Schauspieler*innen (Magda Schneider, Wolfgang Liebeneiner, Luise | |
Ullrich): große Schuhe, die es da für Ophüls' Nachfolger*innen auszufüllen | |
gilt. | |
14 Jan 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://ffmop.cinebox.film/ | |
[2] https://ffmop.cinebox.film/ | |
[3] https://mubi.com/de/notebook/posts/at-the-cinematheque-liebelei-ophuls-germ… | |
## AUTOREN | |
Lars Penning | |
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