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# taz.de -- Müllverbrennung in Zementfabriken: Schadstoffe in Zementwerken
> Mit einem neuen Gesetz wollen die Grünen Schlupflöcher für die
> Zementindustrie stopfen. Bislang galten für sie weniger strenge Regeln.
Bild: Zementfabriken verbrennen immer mehr Abfall zur Herstellung des Baustoffs…
Berlin taz | Statt Kohle verbrennen Zementwerke immer mehr Abfall bei der
Herstellung des Baustoffs Zementklinker. Klingt wie das kleinere Übel, hat
aber einen Haken: Oft gelten für Zementwerke weniger strenge
Schadstoffbestimmungen als für Müllverbrennungsanlagen. Diese Schlupflöcher
wollen die Grünen durch einen Gesetzesentwurf am Donnerstag im Bundestag
stopfen. „Zementwerke sollten die gleichen Grenzwerte einhalten wie reine
Müllverbrennungsanlagen“, fordert Bettina Hoffmann, Sprecherin für
Umweltpolitik und Umweltgesundheit der Grünen im Bundestag.
In den Drehöfen der über 50 Zementfabriken in Deutschland werden immer mehr
Autoreifen, Altöl, Gewerbeabfall oder Teile des Hausmülls als
Ersatzbrennstoff mitverbrannt. Der Anteil am gesamten Brennstoffeinsatz ist
in den vergangenen 20 Jahren um mehr als das Dreifache gestiegen. Lag er
1999 noch bei rund 20 Prozent, waren es 2019 mit 3.788.000 Tonnen Abfall
rund 70 Prozent, wie aus Berichten des [1][Vereins Deutscher Zementwerke]
hervorgeht.
Laut den Grünen zeigten Schadstoffmessungen, dass Zementwerke, die Müll
mitverbrennen, deutlich mehr Luftschadstoffe ausstoßen als Zementfabriken,
die nur Kohle verwenden. So sei in einigen Werken bei der Mitverbrennung
von Abfall das Doppelte an gesundheitsschädlichem Kohlenmonoxid ausgestoßen
worden. Durch Ausnahmeregelungen könnten fast alle Zementwerke bis zum
8-fachen der eigentlichen Grenzwerte bei Schwefeldioxid und sogar bis zum
60-fachen bei Kohlenmonoxid ausstoßen.
Das [2][Bundesumweltministerium (BMU)] bestätigt „vereinzelte Abweichungen“
von den Auflagen, die „verfahrenstechnisch begründet“ seien. Dem
widerspricht Hoffmann: Eine sorgfältige Abgasreinigung sei auch bei
Zementwerken technisch möglich. „Mit SCR-Filteranlagen können die
Stickoxidemissionen aus Zementwerken um bis zu 95 Prozent gesenkt werden.“
Auch die Grenzwerte für Ammoniak oder Gesamtkohlenstoff könnten so
eingehalten werden.
## Umweltministerium verweist auf EU-Regeln
Zwar heißt es auch im Papier der Grünen: „Solange Zementklinker noch
konventionell hergestellt wird, ist die Abfallverbrennung in Zementwerken
nicht per se falsch“. So könne das Verbrennen von Abfällen, die nicht
anderweitig wieder- oder weiterverwendet werden können, den Verbrauch
fossiler Brennstoffe senken und CO2 einsparen, bis auf treibhausgasneutrale
Verfahren umgestellt wird. Aber bis dahin müsse die Bundesregierung
Zementwerken eben vorschreiben, die neueste Technik zu verwenden.
Das BMU verweist darauf, dass die Regeln für Zementwerke in einem
gesonderten Durchführungsbeschluss der Europäischen Kommission geregelt
seien. Hier wirft Hoffmann Umweltministerin Svenja Schulze fehlenden
„umweltpolitischen Gestaltungswillen“ vor. Handlungsbedarf ergebe sich
nicht allein aus europäischen Vorgaben, „sondern vor allem aus der
Umweltverschmutzung, die wir jeden Tag durch die Mitverbrennung von Abfall
in Zementwerken erleben.“
Ohnehin sei das Mitverbrennen von Abfall für die Zementwerke ein lukratives
Geschäftsmodell – eine technische Aufrüstung also wirtschaftlich zumutbar:
Sie sparten das Geld für fossile Brennstoffe und verdienten sogar Geld für
die Müllentsorgung.
Von neuen, strengeren Regeln würden Gesundheit und Umwelt profitieren:
Ausgestoßene Schadstoffe erhöhten das Risiko für Atemwegs- oder
Herz-Kreislauf-Erkrankungen, so Hoffmann. Zudem setze verschmutze Luft die
Ökosysteme unter Druck. „Stickstoffeinträge sind eine Hauptursache für den
Verlust biologischer Vielfalt in Europa. Unnatürlich hohe
Stickstoffeinträge stören eine ausgewogene Nährstoffaufnahme von Pflanzen
und machen sie empfindlicher gegen Frost, Trockenheit oder Schädlinge.“
28 Jan 2021
## LINKS
[1] https://www.vdz-online.de/
[2] https://www.bmu.de/
## AUTOREN
Mareike Andert
## TAGS
Verbrennungskapazitäten
Müll
Luftverschmutzung
Umweltbewegung
Fossile Brennstoffe
Hamburg
Green Deal
Schwerpunkt Klimawandel
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