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# taz.de -- Coronamaßnahmen in den Niederlanden: Menschenleeres Amsterdam
> In den Niederlanden gilt nun aus Angst vor der Virusmutation eine strenge
> Ausgangssperre ab 21 Uhr. So erlebte die Hauptstadt die erste Nacht.
Bild: Die Ausgangssperre in Amsterdam wird kontrolliert: Bis 4.30 Uhr bleiben d…
Amsterdam taz | Der Mann hat Eile. Gut zehn Minuten bleiben Luc, wie er
sich vorstellt, um seine Wohnung am Rand des Quartiers Jordaan in Amsterdam
zu erreichen. Ein letzter Spaziergang, bevor in der Nacht auf Sonntag um 21
Uhr zum ersten Mal die Sperrstunde in Kraft tritt.
Luc zieht an seiner Zigarette: „Natürlich ist das schwer für Menschen, die
allein sind. Meine Frau und ich sind immerhin zu zweit.“ Davon abgesehen
begrüßt er den Schritt: „Wir müssen dieses Virus unter Kontrolle kriegen.
Es gibt nicht mehr viele andere Optionen.“
Dass das Parlament in Den Haag letzte Woche nach langem Zögern der
nächtlichen Ausgangssperre zustimmte, liegt an der Furcht vor den
[1][Mutationen des Coronavirus]. Nach gut einem Monat strengen Lockdowns
flaut die zweite Welle langsam ab, die Infektionszahlen sinken. Doch es
wird befürchtet, dass sich die sogenannte britische Variante bereits im
März durchsetzen könnte.
Der Amsterdamer Stadtrat war anfangs gegen die Maßnahme. Aus der
Videobotschaft von Femke Halsema, der grünen Bürgermeisterin, klingen diese
Bedenken auch noch am Tag vor Inkrafttreten durch: „Wir haben genug von den
Mauern unseres Hauses, genug vom Geschlossensein. Dies ist die schwerste
Phase der Krise und eine der schwersten der Nachkriegszeit.“ Zugleich sähen
die meisten Menschen die Notwendigkeit der Sperrstunde ein, die bis zum
voraussichtlichen Ende des Lockdowns am 9. Februar bis jeweils 4.30 Uhr
morgens gilt.
## Essenslieferanten versorgen Hungrige
In den Straßen der Hauptstadt herrscht gegen 23 Uhr eine Stille, die noch
umfassender ist, als sie es [2][infolge der bisherigen Maßnahmen] ohnehin
schon war. Zu hören bleiben das winterliche Krächzen der Enten oder das
Rollen der Züge auf den Schienen, das noch Hunderte Meter von der Centraal
Station entfernt in den zum Standbild gewordenen Straßen zu hören ist.
Jede Bewegung nimmt man aus großer Entfernung wahr. Meist sind es Menschen,
die mit ihren Hunden Gassi gehen – einer der wenigen Gründe, die neben
medizinischen Notfällen oder Arbeit noch den Gang nach draußen erlauben.
[3][Essenlieferanten sind mit Mofa oder Fahrrad unterwegs] – sie müssen
Amsterdam nun kulinarisch durch die Nächte der nächsten Wochen bringen.
„Bis ein Uhr habe ich genug zu tun“, sagt einer von ihnen, dick verpackt,
am Nieuwe Markt, wo sämtliche Restaurants dunkel bleiben.
Ein paar Hundert Meter weiter hat jemand „Fuck RIVM“ an eine Wand
geschmiert. Das staatliche Gesundheitsinstitut, auf dessen Einschätzung der
Lage die Coronamaßnahmen der Regierung basieren, ist in den letzten
Monaten zur Zielscheibe vieler geworden, die die Coronapolitik ablehnen.
Vor einer Woche kamen mehr als 1.000 Menschen zu einer nicht genehmigten
Kundgebung in der Hauptstadt zusammen, darunter Alternative, Esoteriker,
Veganer, Trump-Anhänger sowie niederländische und belgische
Rechtsextremisten. Auch für den Tag nach der ersten Ausgangssperre will die
Gruppe, die sich „Niederlande im Widerstand“ nennt, vor dem Rijksmuseum
demonstrieren.
24 Jan 2021
## LINKS
[1] /Gefaehrlichere-Coronamutanten/!5739060
[2] /Coronamassnahmen-in-den-Niederlanden/!5739460
[3] /Essenslieferdienste-in-der-Corona-Krise/!5671129
## AUTOREN
Tobias Müller
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