| # taz.de -- Verfahren gegen Julian Assange: Anna Ardin bricht ihr Schweigen | |
| > Vor fast zehn Jahren brachte ihre Aussage die Ermittlungen gegen Julian | |
| > Assange wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung in Gang. | |
| Bild: Den Gang zur Polizei bereut Anna Ardin: „Der Preis war zu hoch.“ | |
| Stockholm taz | „Nein, Julian ist definitiv kein Monster“, sagt Anna Ardin, | |
| „aber er übertrat meine Grenzen.“ Nach bald zehn Jahren hat sie ihr | |
| Schweigen gebrochen. Ardin ist eine der beiden Schwedinnen, deren Aussagen | |
| bei der Polizei das Ermittlungsverfahren gegen den Wikileaks-Gründer wegen | |
| Vergewaltigung und sexueller Nötigung in Gang gebracht hatten. Es wurde | |
| zwar vor zwei Jahren eingestellt, hatte aber zur Folge, dass Julian Assange | |
| [1][noch immer in britischer Haft] sitzt. | |
| Ardins Buch mit dem Titel „Im Schatten von Assange – Mein Zeugnis“ wird | |
| demnächst erscheinen. Am Sonntag veröffentlichte Svenska Dagbladet ein | |
| Interview mit der 41-jährigen Diakonin. 2010 hatte sie als Pressesekretärin | |
| für den christlich-sozialdemokratischen Verband Broderskapsrörelsen | |
| gearbeitet, der Assange zum Seminar „Erstes Opfer des Kriegs ist die | |
| Wahrheit“ einlud. Und weil der Australier nicht in einem Hotel, sondern | |
| „heimlich“ übernachten wollte, stellte Ardin ihm eine Gästematratze in | |
| ihrer Wohnung zur Verfügung. | |
| Man küsst sich dort, schmust ein wenig – so Ardins Darstellung –, Assange | |
| schläft ein und kommt dann plötzlich in ihr Bett. Er sei nicht gewalttätig | |
| gewesen, habe aber „seine körperliche Überlegenheit eingesetzt“. Sie woll… | |
| „irgendwie aus dieser Situation rauskommen“, wusste aber nicht, wie. „Ich | |
| versuchte Kontrolle zu gewinnen, um damit mein Gefühl der Erniedrigung zu | |
| vermindern“, so Ardin; Assange sollte jedenfalls ein Kondom verwenden. Das | |
| war plötzlich kaputt. Ardin ist sicher, dass Assange das absichtlich | |
| machte. Warum? „Ich habe keine Antwort.“ | |
| Eigentlich sei die Sache aber für sie erledigt gewesen: „Für mich war das | |
| keine Straftat und ich wollte Wikileaks nicht schaden.“ Doch dann wird sie | |
| von der Fotografin Sofia W. kontaktiert, mit der Assange ebenfalls | |
| sexuellen Umgang hatte. Sie entdecken Parallelen und beschließen, gemeinsam | |
| zur Polizei zu gehen, um zu fragen, ob man Assange zu einem HIV-Test | |
| zwingen könne. | |
| Staatsanwaltschaft wird „von Amts wegen“ tätig | |
| Doch was die Frauen berichten, veranlasst die Staatsanwaltschaft, auch ohne | |
| ihre Strafanzeige „von Amts wegen“ tätig zu werden. Den Gang zur Polizei | |
| bereue sie, sagt Ardin: „Der Preis war zu hoch.“ Für viele Menschen sei sie | |
| „der ewige Sündenbock in Assanges Leben geworden“, schuld an seiner | |
| [2][langen Haft] und dem Risiko der Auslieferung an die USA. | |
| Die Drohungen gegen Ardin wurden so massiv, dass sie zeitweise als Carolina | |
| Blomgren in Barcelona lebte und seit zehn Jahren unter Polizeischutz steht. | |
| Mittlerweile verheiratet und Mutter von zwei Kindern, arbeitet sie jetzt an | |
| ihrer Promotion. Sie habe Assange „lange verziehen“, betont sie, wolle | |
| „Versöhnung“. „Aber das geht nicht allein. Dazu gehört, dass man | |
| miteinander redet – und sich einig darüber ist, was passiert ist.“ | |
| Befragt zu Ardins Darstellung, lässt die Assange-Verlobte Stella Moris dem | |
| Svenska Dagbladet mitteilen: „Auch wenn Anna Ardin mit ihrem Buch so viel | |
| Publizität wie möglich bekommen will, werden weder Herr Assange noch Frau | |
| Moris Fragen beantworten.“ | |
| 24 Jan 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Reinhard Wolff | |
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