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# taz.de -- Corona in Großbritannien: „Major Incident“ in London
> Die Zahl von Infizierten steigt explosionsartig. Sadiq Khan, der
> Bürgermeister der Hauptstadt, verhängt einen besonderen Notstand.
Bild: Polizisten auf Pferden patrouillieren im fast menschenleeren Finanzdistri…
London taz | In London sind seit etwa zwei Wochen merklich mehr
Krankenwagen als sonst unterwegs. Sie sind überall und sausen, mal mit, mal
ohne Blaulicht durch die leeren Straßen. Derzeit verbucht der Londoner
Notdienst täglich 8.000 Anrufe.
Großbritannien steckt in einer tiefen Krise. Bereits am Montag hatte
[1][der britische Premier Boris Johnson einen Lockdown über das Land
verhängt]. Die Neuinfizierungen landesweit bewegen sich langsam auf täglich
100.000 Personen zu. Am Freitag waren es 68.053 Personen, die sich mit dem
Virus angesteckt hatten und innerhalb der vergangenen sieben Tage 415.408,
[2][ein Anstieg um 29,9 Prozent zur Vorwoche]. Mit 1.325 war die Zahl der
an Covid Verstorbenen am Freitag so hoch wie zuletzt im März.
Nach Angaben des britischen Amts für Statistik (ONS) leiden derzeit
insgesamt 1,1 Millionen Menschen im Vereinigten Königreich unter Corona.
Die Zahl liegt damit um 35 Prozent höher als während der ersten Welle im
April 2020. Es sind so viele Menschen, dass der Londoner Bürgermeister
Sadiq Khan am Freitagmittag schließlich den „Major Incident“-Status für d…
9-Millionen-Einwohner-Stadt ausrief. Dieser Notstand greift, wenn die
Notdienste so überlastet sind, dass spezielle Maßnahmen getroffen werden
müssen wie beispielsweise die Hinzuziehung von Feuerwehr oder Armee.
Etwas Derartiges hat es in London bisher nur nach Ereignissen wie
Terrorattentaten oder dem Grenfell-Tower-Inferno gegeben. Über 7.034 an
Covid-19 erkrankte Patient*innen müssen derzeit in der Megapolis versorgt
werden, 830 davon kamen allein am Donnerstag hinzu.
## Volle Krankenhäuser trotz verdoppelter Kapazitäten
Nach Angaben des Londoner Bürgermeisters stieg die Zahl der Patient*innen
zwischen dem 30. Dezember und 6. Januar in den Krankenhäusern um 27
Prozent, 908 Personen werden künstlich beatmet. Das ist ein Anstieg um 42
Prozent.
Laut der Londoner Stadtverwaltung haben sich seit dem Beginn der Pandemie
im vergangenen März 463.539 Londoner*innen mit Corona infiziert. Die
meisten Brit*innen kennen inzwischen Menschen, die an Covid-19 erkrankt
oder gestorben sind. 908 Londoner*innen starben allein in den vergangenen
drei Tagen. Die Pandemie hat fast allen Straßen und Wohnbezirke erreicht
und breitet sich aus.
Nach [3][einer Hochrechnung des britischen statistischen Amtes (ONS)], das
Schätzungen mit Hilfe eines Rechenmodells erstellt statt nur mit den
verzeichneten eigentlichen Werten aus dem britischen Gesundheitssystem,
könnte die Rate der Corona-Infizierten in der britischen Landeshauptstadt
allein in der Woche vom 27. Dezember bis zum 2. Januar sogar so hoch
gewesen sein, dass eine von 30 Personen innerhalb dieser Woche
coronapositiv gewesen sein könnte, was 3,56 Prozent von Londons
9-Millionen-Bevölkerung darstellen würde, oder geschätzte 326.000 Menschen.
In anderen Gegenden Großbritanniens, wie den beiden südenglischen Städten
Colchester und Ipswich, sind die Krankenhäuser überlaufen, obwohl sie ihre
Kapazitäten aufgrund der Pandemie bereits verdoppelt hatten. Auch in
Schottland sollen Lockdownmaßnahmen weiter verschärft werden.
Während die Krankenhäuser und Intensivstationen kaum noch Patient*innen
aufnehmen können, sind die Straßen Londons wie leergefegt. Die meisten
Schulkinder sind zu Hause und lernen online. Nur Kinder mit speziellen
Bedürfnissen oder aus Familien, in denen die Erziehungsberechtigten in
systemrelevanten Berufen arbeiten, dürfen in die Schule.
## Einkäufe und Sport erlaubt
Wer nicht in diesen Bereichen arbeitet, muss zu Hause bleiben. Vor die Tür
darf nur, wer Waren für den täglichen Bedarf einkaufen oder sich sportlich
betätigen will. Dabei müssen die Brit*innen in ihrem Wohnbezirk bleiben und
dürfen niemanden treffen, der nicht zu ihrem Haushalt gehört.
Unterdessen wird weiter versucht, das britische Impfprogramm so schnell wie
möglich weiter hochzufahren. Bis jetzt sind im Vereinigten Königreich etwa
1,5 Millionen Menschen geimpft worden. Zu den Impfstoffen von
Pfizer/Biontech und Oxford/AstraZeneca hinzu kommt nun auch der Impfstoff
von Moderna, der am Freitag seine britische Zulassung erhalten hat.
Großbritannien hat 3 Millionen Dosen extra bestellt und wird nun 10
Millionen insgesamt davon erhalten. Vom Pfizer/Biontech wurden 40 Millionen
geordert und vom Oxford-Impfstoff 100 Millionen Dosen, wovon zwei Millionen
pro Woche geliefert werden sollen.
Für Erleichterung sorgte die Meldung, dass der Pfizer-Impfstoff auch gegen
[4][die ansteckendere Mutation] wirkt, die maßgeblich zu der gegenwärtigen
Krise in Großbritannien geführt hat. Die Mutation ist 50 bis 70 Prozent
ansteckender. Großbritannien beabsichtigt, bis Mitte Februar vier
Risikogruppen (Menschen ab 70 Jahren sowie Bewohner*innen von Alten- und
Pflegeheimen) in der Bevölkerung durchgeimpft zu haben.
Der Busverkehr auf innerbritischen Strecken (National Express) wird ab
kommenden Montag bis voraussichtlich 1. März eingestellt. Menschen, die
nach Großbritannien einreisen wollen, benötigen zudem ab Montag einen
negativen Coronatest, welcher innerhalb von drei Tagen vor Antritt der
Reise ausgestellt worden sein muss.
9 Jan 2021
## LINKS
[1] /Corona-in-Grossbritannien/!5735172
[2] https://coronavirus.data.gov.uk/
[3] https://www.ons.gov.uk/peoplepopulationandcommunity/healthandsocialcare/con…
[4] /Aktuelle-Entwicklungen-in-der-Coronakrise/!5740043
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
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