# taz.de -- Neue Nutzungsbedingungen: Eigentor für WhatsApp | |
> Der Messengerdienst will Daten mit Facebook austauschen. Viele User:innen | |
> wechseln offenbar zur Konkurrenz. In der EU schützt sie die DSGVO. | |
Bild: Schon länger bestehen bei einigen Nutzer*innen erhebliche Zweifel über … | |
Eigentlich müsste sich der Messengerdienst Signal bei Mark Zuckerberg | |
bedanken. Denn die neuen Nutzungsbedingungen von WhatsApp haben für einen | |
enormen Zustrom beim Konkurrenten gesorgt. So enorm sogar, dass Signals | |
Anmeldeverfahren nach eigenen Angaben für kurze Zeit überlastet war. | |
Via Twitter ließ Signal am Donnerstag verlauten, dass die | |
Verifizierungscodes, die zur Anmeldung verschickt werden, derzeit verzögert | |
kämen. Grund dafür sei der große Andrang neuer User:innen. [1][„Wir können | |
unsere Aufregung kaum fassen“, hieß es in dem Tweet.] | |
Bei WhatsApp werden Nutzer:innen seit einigen Tagen dazu aufgefordert, den | |
neuen Geschäftsbedingungen zuzustimmen. Darin heißt es, dass WhatsApp | |
künftig persönliche Daten mit Facebook austauscht, unter anderem | |
Telefonnummern, Transaktionsdaten „und Informationen darüber, wie du mit | |
anderen (einschließlich anderen Unternehmen) interagierst“. Bisher gab es | |
die Möglichkeit, diesen Datenaustausch in den Einstellungen zu | |
deaktivieren. Diese Option soll nun wegfallen. | |
Laut der AGB will WhatsApp so unter anderem „Spam, Bedrohungen, Missbrauch | |
und Rechteverletzungen“ bekämpfen – aber auch von Individualisierung und | |
Vermarktung ist die Rede. Schon lange gab es Befürchtungen, dass | |
[2][WhatsApp] seine Daten mit Facebook noch mehr teilen könnte. Facebook, | |
dem auch Instagram gehört, hatte sich den Marktführer unter den | |
Messengerdiensten 2014 einverleibt. | |
## Die DSGVO schützt Europa | |
Bei WhatsApp besteht bisher eine End-to-End-Verschlüsselung. Was aber wird | |
daraus, wenn das Unternehmen nun die Interaktionen seiner User:innen | |
analysieren will? Dafür müsste es Zugang zu Chats, Bildern und | |
Sprachnachrichten haben. Genauso unklar ist, ob WhatsApp mit den neuen | |
Nutzungsbedingungen den Weg freimacht zu personalisierten Werbeanzeigen. | |
Solche Neuigkeiten rufen Datenschützer:innen auf den Plan. | |
Niamh Sweeney, WhatsApps Director of Policy, erklärte derweil auf Twitter: | |
[3][Für europäische Nutzer:innen verändere sich durch das Update nichts]. | |
WhatsApp gebe nach wie vor keine europäischen Nutzerdaten „zu Werbezwecken“ | |
an Facebook weiter. Allerdings hieß es bereits vor der Aktualisierung der | |
Nutzerbedingungen in den WhatsApp-AGB, dass wenige Informationen, wie etwa | |
die Telefonnummer, an Facebook weitergegeben werden dürften. | |
Dass das aber wirklich passiert, ist dank der Datenschutz-Grundverordnung | |
unwahrscheinlich. Ihr ist es auch zu verdanken, dass Europäer:innen von den | |
neuen Datenschutzrichtlinien nicht betroffen sind. | |
## Vielen reicht's jetzt | |
Seit Jahren kommen immer wieder Zweifel daran auf, wie sicher die | |
Verschlüsselung von WhatsApp wirklich ist. Die neuen Nutzungsbedingungen | |
scheinen der Tritt zu sein, den viele brauchten, um sich endgültig von der | |
App zu verabschieden. Zum Beispiel zu Signal. | |
Signal gilt als eins der sichersten Messenger-Angebote. Chats und | |
Telefonate sind sowohl in Unterhaltungen zu zweit, als auch als Gruppe | |
verschlüsselt. Die App ist kostenlos und Open Source. Dafür muss man aber | |
zur Anmeldung eine Telefonnummer angeben. Konkurrent Threema verlangt das | |
nicht, ist allerdings auch nicht kostenlos. Weitere WhatsApp-Alternativen | |
sind etwa Telegram und Viber. | |
Signal hat allerdings etwas, das die anderen Apps nicht haben: prominente | |
Unterstützung. Elon Musk, neuerdings reichster Mensch der Welt, stellte am | |
Donnerstag seine enorme Reichweite zur Schau: [4][Der schlichte Tweet „Use | |
Signal“ („Nutze Signal“)] erreichte bis Freitagmittag fast 25.000 Retweets | |
und über 237.000 Likes. Damit dürfte Musk für den Ansturm auf Signal | |
mitverantwortlich sein. Auch Whistleblower Edward Snowden outete sich als | |
Fan: [5][„Ich nutze es jeden Tag und ich bin noch nicht tot“], schrieb er �… | |
zugegebenermaßen wenig enthusiastisch – auf Twitter. | |
Bis zum 8. Februar haben die über 1,5 Milliarden WhatsApp-Nutzer:innen noch | |
Zeit, sich zu entscheiden: Ja zum Datentausch oder doch lieber raus. Schon | |
jetzt haben die Messenger-Alternativen von dem Eigentor ordentlich | |
profitiert. Das wäre doch eigentlich einen hübschen Präsentkorb an Mark | |
Zuckerberg wert. | |
8 Jan 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/signalapp/status/1347240006444675072 | |
[2] /WhatsApp/!t5023854 | |
[3] https://twitter.com/NiamhSweeneyNYC/status/1347184963016339457 | |
[4] https://twitter.com/elonmusk/status/1347165127036977153 | |
[5] https://twitter.com/Snowden/status/1347217810368442368 | |
## AUTOREN | |
Maxie Römhild | |
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