# taz.de -- Seelischer Stress in der Pandemie: Sicherheitszone für alle | |
> Ein Mann hat sich aus Angst vor Covid drei Monate im Flughafen versteckt | |
> und wurde verurteilt. Dabei braucht es einen solidarischen Shutdown. | |
Bild: Sicher ist sicher: Flughafen | |
Kürzlich las ich in meinem altmodischen sozialen Medium den Satz „Anne | |
Frank konnte über 2 Jahre nicht raus, deshalb würde ich vorschlagen, die | |
Jammersirenen abzuschalten“. Dieser Satz beschäftigt mich. Denn wenn meine | |
Erziehung mir etwas, nun ja, eingeimpft hat, dann ist es ein „Nie wieder“, | |
das auf konkrete Situationen anzuwenden einem freilich selbst überlassen | |
bleibt. Die Bandbreite reicht da inzwischen von der berüchtigten [1][Jana | |
aus Kassel] bis zu der schon zu Weihnachten verbreiteten Botschaft: Im | |
Krieg war alles noch viel schlimmer! | |
Ich denke auch nach einem Jahr Leben mit der Pandemie: Es ist falsch, zu | |
hart zu werden. Es ist unangebracht, sich zur emotionalen Abhärtung in | |
historische Situationen zu versetzen, die mit der aktuellen wenig zu tun | |
haben. Der dauernde Appell, sich zusammenzureißen, prallt schon an einem | |
15-Jährigen im Bildungsshutdown ab, der sich altersgerecht in einer | |
Lebensphase befindet, wo es gerade um das Gegenteil von Zusammenreißen | |
geht. | |
Ich blicke mit Verständnis auf den Mann, [2][der sich, angeblich aus Angst | |
vor einer Ansteckung beim Weiterflug, drei Monate in der „Sicherheitszone“ | |
auf dem Flughafen von Chicago versteckte] und nun entdeckt und verurteilt | |
wurde. Die Sehnsucht nach einer Sicherheitszone, nach einem Winterschlaf | |
betrifft nicht nur die zwischen Arbeitsverpflichtung (und Lust dazu) und | |
den Verpflichtungen gegenüber ihren Lieben (und dem Verlangen danach) | |
Hin-und-her-Gerissenen. | |
Es geht halt nicht nur um diejenigen in der „Rushhour des Lebens“, sondern | |
auch um die Jungen, denen eben die altersgerechte relative Verpflichtungs- | |
und Bindungslosigkeit – oder jedenfalls die Möglichkeit dazu – nun auf die | |
Seele schlägt. | |
## Alle gleich hart im Herunterfahren | |
Das Mittel, das eine sich verdientermaßen demokratisch nennende | |
Gesellschaft im Notstand kennzeichnete, ist ein gesellschaftliches Mittel: | |
Solidarität. Wenn alle gleich hart im Herunterfahren sind, können | |
individuelle Härten und Verhärtungen zumindest ausgeglichen werden. Wenn | |
wir in den solidarischen, europäisch synchronisierten Shutdown gehen, | |
[3][sagt Michael Meyer-Hermann vom Helmholtz-Zentrum für | |
Infektionsforschung,] könne man in ein, zwei Monaten die Situation | |
kontrollieren. Meyer-Hermann nennt deswegen die Initiative „Zero Covid“ ein | |
„sinnvolles Ziel“. Danach wäre dann ein „halbwegs normales Leben möglic… | |
in einer Sicherheitszone für alle. | |
18 Jan 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Aufmerksamkeit-in-der-Corona-Krise/!5727369 | |
[2] https://www.bbc.com/news/world-us-canada-55702003 | |
[3] https://www.deutschlandfunk.de/lockdown-verschaerfung-zero-covid-ist-ein-si… | |
## AUTOREN | |
Ambros Waibel | |
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