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# taz.de -- Vor Amtsantritt Joe Bidens: Iran trotzt Wiener Abkommen
> Ein weiterer Verstoß gegen die Zusagen im Atomdeal: Eigenen Angaben
> zufolge hat Iran mit der Anreicherung von Uran auf bis zu 20 Prozent
> begonnen.
Bild: Satellitenaufnahme der Atomanlage Fordo vom November 2020
Teheran/Wien ap/dpa/taz | Kurz vor dem Amtsantritt Joe Bidens als
US-Präsident hat Iran begonnen, Uran auf bis zu 20 Prozent spaltbaren
Materials anzureichern. Präsident Hassan Ruhani habe die Atomanlage in
Fordo zu diesem Schritt angewiesen, sagte Regierungssprecher Ali Rabiei
nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Irna am Montag.
Dies ist [1][ein weiterer und verschärfter Verstoß gegen das Wiener
Atomabkommen] von 2015. Darin hat der Iran zugesagt, auf eine höhere
Urananreicherung zu verzichten und weitere Schritte zu unternehmen, die es
dem Land unmöglich machen sollen, Atombomben zu bauen. Im Gegenzug wurden
Wirtschaftssanktionen gegen die Islamische Republik aufgehoben. Jedoch
stiegen die USA unter Donald Trump 2018 aus dem Vertrag aus und setzten
wieder scharfe Sanktionen ein.
Grundsätzlich hat die iranische Regierung bekräftigt, an dem Abkommen
festzuhalten. Sie besteht jedoch darauf, dass alle ursprünglichen
Vertragsparteien – auch die USA – die gemachten Zusagen einhalten. Teheran
hofft auf eine Aufhebung der US-Wirtschaftssanktionen, die das Land in die
schlimmste Wirtschaftskrise seiner jüngeren Geschichte gestürzt haben.
Bereits am Wochenende hatte Teheran die Internationale Atomenergiebehörde
(IAEO) in Wien über [2][ein neues iranisches Atomgesetz] informiert, das
unter anderem die Erhöhung der Urananreicherung auf 20 Prozent vorsieht.
„In einem Schreiben haben wir der IAEO mitgeteilt, dass wir dazu die
Urangaskapseln ändern müssen und die IAEO-Inspekteure diese entsiegeln
sollen“, sagte der Vizepräsident und Chef der iranischen Atomorganisation
(AEOI), Ali Akbar Salehi, nach lokalen Medienberichten vom Samstag. Die
IAEO mit Sitz in Wien bestätigte den Erhalt des Schreibens, das auf den 31.
Dezember datiert war.
## Ringen um Atomdeal auch innerhalb Irans
Das Atomgesetz war Ende November von den Hardlinern und Regierungsgegnern
im iranischen Parlament verabschiedet worden. Danach soll die AEOI unter
anderem pro Jahr 120 Kilogramm 20-prozentiges Uran herstellen und lagern.
Das Gesetz verstößt klar gegen das Wiener Atomabkommen.
Politisch besonders delikat ist der im Gesetz vorgesehene Ausstieg des
Irans aus dem Zusatzprotokoll der IAEO, der den Zugang von UN-Inspekteuren
zu iranischen Atomanlagen beschränken oder gar verbieten würde.
„Wir müssen das neue Atomgesetz umsetzen, das können wir auch, aber vorher
muss der Präsident (Hassan Ruhani) dies auch anordnen“, sagte der Atomchef,
ohne direkt auf die Urananreicherung einzugehen. Salehi hatte das Gesetz im
Dezember als technisch unrealistisch kritisiert, da derzeit für seine
Umsetzung kein Budget zur Verfügung stehe.
Präsident Ruhani hält das Gesetz für politisch unklug. Das Gesetz würde
nach seiner Ansicht die diplomatischen Bemühungen um eine Rettung des
Wiener Atomabkommens nach dem Amtsantritt des künftigen amerikanischen
Präsidenten Joe Biden gefährden, der am 20. Januar vereidigt wird und einen
Wiedereinstieg der USA nicht ausschließt.
## Ist Biden bereit zu investieren?
Der Direktor des Friedensforschungsinstituts Sipri sieht die Zukunft des
Atomabkommens mit dem Iran auch unter Biden mit Skepsis. Selbst wenn der
Demokrat andere strategische Schwerpunkte als Trump verfolge und sich von
dessen Politikstil verabschieden sollte: „Eine erfolgreiche Wiederaufnahme
des Abkommens könnte mehr politisches Kapital kosten, als Joe Biden bereit
ist zu investieren“, sagte Dan Smith der Neuen Osnabrücker Zeitung. Ähnlich
sei es im Iran: „Auch dort ist die Stimmung gekippt, weil das Abkommen
nicht gehalten hat, was versprochen war.“
Weder sei der Iran infolge des Deals wieder vollständig an den Welthandel
angebunden worden, noch hätten sich internationale Investoren in größerer
Zahl ins Land getraut. „Aus Sicht der iranischen Führung bedürfte es
seitens der USA also eines ganz besonderen Angebots, um sich dem Abkommen
wieder voll und ganz verpflichtet zu fühlen“, sagte Smith. „Ich sehe nicht,
was Biden da auf den Tisch legen könnte, ohne dass der Iran freiwillig
einen unwahrscheinlichen Vertrauensvorschuss gewährt.“
4 Jan 2021
## LINKS
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