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# taz.de -- Britisches Überseegebiet nach dem Brexit: Gibraltar wird Schengen
> Der Brexit ist vollzogen. Nun gibt es auch eine Einigung über die Grenze
> zwischen Spanien und Gibraltar. Das Gebiet soll Teil des Schengen-Raums
> werden.
Bild: Keine harte Grenze: Blick aus Spanien auf das Überseegebiet Gibraltar
Madrid/Gibraltar/London dpa | Spanien und Großbritannien haben sich im
letzten Augenblick grundsätzlich darauf geeinigt, Gibraltar in den
Schengen-Raum mit offenen Grenzen aufzunehmen. Damit werde vermieden, dass
die Grenze zwischen Spanien und Gibraltar am Südzipfel der Iberischen
Halbinsel ab dem Neujahrstag zu einer undurchlässigen EU-Außengrenze werde,
sagte Spaniens Außenministerin Arancha Gonzalez Laya am Donnerstag in
Madrid. Stattdessen wird sich Gibraltar nun als eine überraschende Folge
des Ausscheidens Großbritanniens aus der EU enger an Spanien und die
Europäische Union binden.
Beim Brexit-Referendum 2016 hatten 96 Prozent der 33.000 Einwohner
Gibraltars für den Verbleib in der EU gestimmt. Gibraltars Regierungschef
Fabian Picardo äußerte sich sehr erfreut über die Grundsatzeinigung. „Wir
haben die schlimmsten Folgen des Brexits vermieden“, sagte er.
Auch der britische Premierminister Boris Johnson begrüßte die gefundene
Lösung. Großbritannien werde die Interessen Gibraltars und die britische
Souveränität immer verteidigen, schrieb er auf Twitter.
Der britische Außenminister Dominic Raab zeigte sich erfreut, dass eine
„politische Rahmenvereinbarung“ erzielt werden konnte. Damit sei die
Grundlage für einen separaten Vertrag zwischen Großbritannien und der EU
über Gibraltar gelegt. „Wir werden dies nun der EU-Kommission schicken, um
Verhandlungen über ein formelles Abkommen aufzunehmen“, betonte Raab.
## Frontex soll Flughafen kontrollieren
Spanien und Großbritannien hatten bis zuletzt unter immer größerem
Zeitdruck über eine Brexit-Regelung verhandelt. Das britische Überseegebiet
ist nicht Teil des [1][Abkommens von Heiligabend zwischen der EU und
Großbritannien]. Die Gespräche liefen bilateral zwischen Madrid auf der
einen sowie Großbritannien und Gibraltar auf der anderen Seite. Gonzalez
Laya versicherte, Spanien werde während der Aushandlung eines formellen
Gibraltar-Abkommens zwischen London und Brüssel nichts an der Grenze zum
Affenfelsen ändern.
Allerdings sind noch komplizierte Fragen zu klären. Die EU-Außengrenze
würde sich mit einer Aufnahme Gibraltars in den Schengen-Raum an den
internationalen Flughafen und den Hafen des Überseegebiets verlagern. Dort
soll die EU-Grenzschutzagentur Frontex zum Einsatz kommen – zunächst ohne
spanische Beamte.
Die Aufsicht über die Frontex-Kontrollen werde nach den Worten von Gonzalez
Laya aber Spanien ausüben müssen. Das ist in Gibraltar ein sensibler Punkt,
denn Spanien macht Großbritannien die Souveränität über den Affenfelsen
seit 300 Jahren streitig.
Noch wesentlich schwieriger wäre es, wenn Madrid nach einer Übergangsfrist
darauf bestehen würde, dass spanische Beamte in Gibraltar kontrollieren,
zum Beispiel einreisende Briten. Madrid betont jedoch, Spanien sei bei den
anderen Schengen-Staaten in der Pflicht, die Außengrenze zu kontrollieren.
Großbritannien könne das nicht, weil es nicht zum Schengenraum gehört und
Gibraltar nicht, weil es kein Staat sei.
Picardo bestätigte die Angaben zum Einsatz von Frontex, bekräftige aber
zugleich, die Souveränität Gibraltars werde nicht beeinträchtigt. Er dankte
ausdrücklich dem linken spanischen Regierungschef Pedro Sánchez und
Außenministerin Gonzalez Laya für ihre Verhandlungsführung. Sie hätten die
strittige Frage der Souveränität beiseite gestellt im Interesse der
Menschen im Süden Spaniens und Gibraltars. „Wir stehen am Beginn einer Zone
gemeinsamen Wohlstands“, sagte der Labour-Politiker.
## 15.000 Pendler*innen täglich
Im Raum stand die Warnung von Gonzalez Laya, dass ohne eine Einigung die
Grenze Spaniens zu Gibraltar mit Beginn des neuen Jahres zur EU-Außengrenze
geworden wäre. In kleinerem Maßstab hätten dann ähnliche Szenen wie beim
Lastwagenstau vor Dover in Großbritannien gedroht, warnte die Ministerin.
Jeden Tag überqueren 15.000 Menschen aus Spanien die Grenze morgens
Richtung Gibraltar, um dort zur Arbeit zu gehen, und kehren abends wieder
zurück. Bisher müssen sie nur ihren Personalausweis vorzeigen und werden
durchgewunken.
Allerdings kommen in Zeiten ohne Corona rund sieben Millionen Touristen pro
Jahr hinzu. Wenn die alle Reisepässe vorlegen müssten, wäre der einzige
Übergang hoffnungslos überlastet und auch die Arbeitnehmer würden kaum noch
durchkommen.
1 Jan 2021
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